Bei der Diskussion über das Internet konnte man in letzter Zeit hören: "Das Netz ist voll!" Angeblich stoßen die technischen Übertragungsnetze an ihre Kapazitätsgrenzen. Der Ausbau koste Geld und deshalb müssten Onlinenutzer künftig ihre Gebühren abhängig von der genutzten Datenmengen bezahlen - Flatrade adé. Dienste mit großen Datenmengen könnten im Gegenzug gegen höhere Gebühren künftig online schneller transportiert werden - Ende der Netzneutralität. Über diese Fragen diskutiert derzeit eine Enquète-Kommission im Bundestag.
Dieser Argumentation widersprechen die Landesmedienanstalten in einem im Januar veröffentlichten Positionspapier: "Vielfaltssicherung und Zugangsoffenheit". In der dritten These des Papiers heißt es, hinter den Überlegungen der Netzbetreiber stünden "weniger die Problematik knapper Ressourcen, als die Suche nach neuen Geschäftsmodellen". Die Verfasser stellen fest: "Gravierende Engpässe bei der Stationären oder der mobilen Nutzung sind bislang nicht nachvollziehbar dargelegt."
Wird also gegenüber der Öffentlichkeit mit den Kapazitätsengpässen nur ein Popanz aufgebaut, um höhere Gebühren durchsetzen zu können? Genaue Informationen über die Auslastung des Netzes besitzt die für die digitale Entwicklung zuständigen Stelle der Landesmedienanstalten jedenfalls nicht. Dies könne nur die Bundesnetzagentur wissen, betonte Ende März auf Nachfrage eine Sprecherin der Landesmedienanstalten: "Einen Beleg haben wir dafür nicht, deshalb ist diese These die gewagteste im gesamten Papier". Sie kritisierte in diesem Zusammenhang, die Landesmedienanstalten hätten von der Bundesnetzagentur bisher keine Zahlen über die Auslastung der Internet-Infrastruktur erhalten.
Bei der Bundesnetzagentur verweist man dazu auf ein Interview des Präsidenten der Bundesnetzagentur, Matthias Kurt, das er dem ZDF im vergangenen Jahr gegeben hat. Demnach gebe es keine Kapazitätsprobleme beim Internet, das Netz sei "natürlich nicht voll," so Kurt. Schließlich werde die technische Infrastruktur permanent ausgebaut, eine Überlastung sei demnach nicht zu erwarten. (siehe www.bundesnetzagentur.de, Presse, Interview )
Die Frage bleibt, ob der Ausbau den Interessen der Nutzer, oder vielmehr den Rendite-Wünschen der Mobilfunkunternehmen folgt. Eigentlich sollten die neuen Mobilfunkfrequenzen die Versorgung mit schnellem Internet der ländlichen Regionen sicherstellen. Bei den Landesmedienanstalten ist man mit der aktuellen Entwicklung anscheinend nicht zufrieden. Im Thesenpapier wird betont, die neuen Mobilfunkfrequenzen sollten "dem Basiszugang" für das schnelle Internet in ländlichen Gebieten dienen und "nicht einem ergänzenden mobilen Internetzugang." Faktisch scheint es anders zu laufen, denn Mobilfunkunternehmen werben vor allem in den Ballungsräumen für schnellen Onlineempfang per Funk. Damit können sie in den Ballungsräumen Geld verdienen, weniger mit dem Aufbau des Mobilfunks für das Internet auf dem platten Land. Die Landesmedienanstalten befürchten, dass der Ausbau der Online-Versorgung per Mobilfunk im ländlichen Raum, nach erfolgter Lizenzvergabe, die Mobilfunkunternehmen kaum interessiert.
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