Montag, 26. September 2011

Online-TV spielt für Fernsehprogramme (noch) keine Rolle

Zwischen 80 und 90 Prozent aller Internetnutzer haben noch nie ein Angebot einer Mediathek eines TV-Senders genutzt, dies zeigt die aktuelle Onlinestudie von ARD und ZDF.* Über ihre Mediatheken bieten die kommerziellen sowie öffentlich-rechtlichen Fernsehsender einzelne Programm zum Online-Abruf an. Dagegen haben innerhalb von vier Wochen fast die Hälfte aller Onliner in Deutschland (49%) das Videoportal YouTube genutzt. Bei insgesamt etwa 52 Millionen Surfer in Deutschland, erreicht You Tube damit bei uns monatlich etwa 25 Millionen Onliner. Aber auch hier zeigt die Studie, dass immerhin 35% - also mehr als 18 Millionen Internetnutzer - noch nie You Tube angeklickt haben.

Die öffentlich-rechtlichen Mediatheken von ARD und ZDF bieten fast drei Viertel des Programms auch zum Abruf im Internet. Sie erreichen wöchentlich gut 10% der Onliner, also jeweils etwas mehr als 5 Millionen Zuschauer per Internet. Dazu kommen noch jeweils zwischen 3 und 4 Prozent Internetnutzer, die einmal die Woche ein öffentlich-rechtliches Angebot über YouTube abrufen. Insgesamt erreichen die Mediatheken von ARD und ZDF in der Woche maximal etwa acht Millionen Zuschauer. Allerdings betonen rund 80 % aller Internetnutzer, noch nie die Mediathek von ARD oder ZDF genutzt zu haben.

Blickt man auf die Onlinenutzung der kommerziellen Programmangebote von RTL, Sat 1 und Pro Sieben, stehen ARD und ZDF allerdings noch besser da. So erreichen Pro Sieben.de und RTL Now in der Woche jeweils rund 7% aller Internetnutzer (3,6 Mio.), während Sat 1.de auf magere 2% Reichweite kommt (1 Mio). Dagegen haben zwischen 84% und 93% aller Onliner noch nie ein Videoportal eines Kommerzsenders besucht.

Insofern ist es nachvollziehbar, warum die kommerziellen TV-Unternehmen immer darauf gedrängt haben, dass die Öffentlich-Rechtlichen ihre TV-Angebote in der Regel nur 7 Tage nach der Ausstrahlung auch im Internet anbieten dürfen. Die leicht verderbliche Flimmerware der Privaten reizt dagegen nur wenige Zuschauer. Ergo lässt sich damit bisher auch nur wenig Geld verdienen, sei es über Internetwerbung oder Pay-Per-View. Die Privaten fürchten sich davor, dass ARD und ZDF künftig ihre Programschätze aus den Archiven kostenlos Online anbieten.

Das bisher eher mäßige Interesse an den Online-Mediatheken dürfte erklären, warum die Messung der TV-Marktanteile der Online-Abrufe im Rahmen der GfK-Zuschauererhebung noch auf der Stelle tritt. Warum sollten die Sender zusätzlich Geld für eine Fernsehnutzung ausgeben die, gemessen am täglichen linearen TV-Konsum, die Gesamtquote nur im Promillebereich verändern dürfte.

Ob sich das ändern wird, bleibt abzuwarten, denn laut Onlinestudie wächst die Zahl der Nutzer von „Bewegtbildern“ im Netz, das sind Clips, Filme, TV-Programme, Videos. Mittlerweile rund 40 Prozent aller Onliner (20 Mio) schauen in der Woche per Computer solche Angebote - bei den 14 bis 29-Jährigen sind es bereits über 70%. Spitzenreiter sind dabei immer noch Musik-Videos und die zeitversetzte Nutzung von TV-Angeboten.

* Media Perspektiven, Heft 7-8/2011

Sonntag, 11. September 2011

ARD-ZDF Online Studie: "Digitaler Graben" trotz Internet-Boom

Der Siegeszug des Internets in Deutschland schreitet anscheinend unaufhaltsam voran. Während 1997 gerade einmal 4,1 Millionen Erwachsenen (6,5%) Online waren, sind es 2011 über 51,7 Millionen (73,3%). Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Onlinestudie von ARD und ZDF*. Damit hat sich die Zahl der Internetnutzer seit 2002 mehr als verdoppelt. Die einst von Technikkritikern befürchtete Spaltung der Gesellschaft in gut informierte Onliner und unwissende Internetabstinenzler hat sich scheinbar nicht bewahrheitet.

Die Mehrheit surft gar nicht – oder nur wenig

Zwar steigt die Attraktivität des Internets – und das in den letzten Jahren vor allem bei den Älteren. So sind mittlerweile etwa 7 Millionen der etwa 20 Millionen Einwohner in Deutschland über 60 Jahre online. Addiert man allerdings zu den Online-Abstinenzlern (26,7%) die gelegentlichen Surfer (30%) hinzu, dann spielt damit das Internet für die Mehrheit der Bundesbürger immer noch eine Nebenrolle in ihrem Medienalltag. Außerdem sei die „Kompetenz bei fortgeschrittenen Internetanwendungen“ dieser Gelegenheitsnutzer „relativ gering“. Demnach sei heute nur ein kleiner Teil der Onliner besser informiert, aber „der Großteil nutzt die vorhandenen Möglichkeiten nicht so ausgiebig...“ Insgesamt verfestige sich nach Ansicht der Autoren der Unterschied zwischen den Gelegenheitssurfern und den Intensivnutzern durch diese Entwicklung. Entsprechend skeptisch stehen sie der Vision demokratischer Partizipation über das Internet gegenüber, da sich an solchen Projekten vorwiegend Jüngere und besser Gebildete beteiligen würden. „Zurzeit scheint es, dass sich an dieser Form der Teilhabe am gesellschaftspolitischen Geschehen vor allem diejenigen beteiligen, die ohnehin schon aktiver an diesem teilnehmen, als andere".

Fazit: „Der digitale Graben in der Gesellschaft(...)zeigt sich auch hier.“

Das Geschäftsmodell App läuft noch nicht

Mittlerweile gehen rund 16% der Onliner per Handy, Smartphone oder Organizer in das Internet, doppelt so viel, wie noch vor einem Jahr. Allerdings gehen dabei nur ein Fünftel außerhalb ihrer vier Wände ins Internet, mobiler Empfang spielt sich hauptsächlich zu Hause ab. Ähnlich differenziert muss man die Nutzung sogenannter Apps sehen, den per Smartphone oder Tablett-PC anklickbaren Verbindungen zu externen Medienangeboten. Immerhin verfügen 22% der Onliner bei uns mittlerweile über Smartphone oder Tablett-PC und davon haben 17% Apps auf ihrem Gerät installiert. Die Hoffnung der Unternehmen, mit Apps richtig Geld zu verdienen, trübt bisher die Realität. In den USA nutzen laut ARD/ZDF Onlinestudie nur zwei Drittel die auf ihrem Empfangsgerät installierten Apps. Bei Apple werden zu 80 Prozent kostenlose Apps heruntergeladen. Für gekaufte Apps werden im Durchschnitt in den USA gerade einmal 3,50 € bezahlt.

Online-Video und Audio gefährden bisher weder Fernsehen noch Radio

Gelegentlich nutzen etwa zwei Drittel aller Onliner das Internet zum Anschauen von Videos (68%), etwa ein Drittel zum zeitversetzten Fernsehen (29%) und gut ein Fünftel für Live-TV (21%). Fernsehen per Internet ist aber immer noch ein Randphänomen, gerade einmal 2% der Onliner nutzen dafür täglich ihren Computer. Ähnlich gering ist der tägliche Abruf einzelner Sendungen (on demand).

Auch die Jüngeren nutzen den klassischen Fernsehempfang, denn 90 Prozent sehen weiterhin linear verbreitete Fernsehprogramme. Dazu nutzen allerdings knapp ein Fünftel zum Empfang auch das Internet.

Ein Radioprogramm hören online gelegentlich etwa ein Drittel aller Internetnutzer (27%). Auch hier liegt die tägliche Nutzung aber nur bei gerade 5% aller Onliner und ist noch vernachlässigbar. Bei über 51 Millionen täglicher Radiohörer per UKW, fallen die 2,5 Millionen Internet-Hörer kaum ins Gewicht.

* Media Perspektiven Heft 7-8/2011