Montag, 9. November 2015

Internet - Mit den Alten in die Zukunft


Knapp 80% der Einwohner in Deutschland verfügen über einen Internetzugang, das sind mehr als 56 Millionen Menschen. Allerdings ist die Zeit großen Wachstums wohl vorbei, zwischen 2014 und 2015 wuchs die 'Internetgemeinde' nur noch um eine Halbe Million Nutzer.* Weiter zugenommen hat dagegen der Anteil der täglichen Onliner auf 44,5 Millionen - 3,5 Millionen mehr als 2014. Bei den 14-49-Jährigen ist der Anteil am größten (85%) - große Wachstumsschübe sind hier aber nicht mehr zu erwarten. Dagegen erhofft man sich bei Älteren noch erhebliche Zuwachsraten, denn von den über 60-Jährigen gehen gerade einmal 20% täglich ins Netz.

Ältere hängen nicht nur rum....
"Wachstumspotentiale gibt es (...) vor allem bei Älteren" meinen deshalb die Autoren der jetzt veröffentlichten Online-Studie von ARD und ZDF. Sie begründen dies auch mit der demografischen Veränderung der Bundesbevölkerung. Zwar sind über 18 Millionen der 20-49-Jährige täglich im Netz, der Anteil dieser Altersgruppe an der Gesamtbevölkerung ist aber seit 2010 um 1,6 Millionen auf 32,2 Millionen gesunken. Dagegen wuchs der Anteil der über 50-Jährigen im selben Zeitraum um 2,3 Millionen auf jetzt 33,4 Millionen. Es handelt sich dabei um einen langfristigen Trend, vor 15 Jahren, waren noch 21% der Einwohner Deutschlands zwischen 14- und 29 Jahre und 17% älter als 65. Jetzt hat sich dieses Verhältnis umgekehrt - die Älteren bilden (21%) klar die größere Gruppe vor den Jüngeren (18%). 

"Die Generation 65+ ist heute (...) vielfältiger interessiert und hat einen breiteren Aktionsradios", betont die Online-Studie und folgert: "(...) das die ältere Generation schon heute und noch deutlicher in der Zukunft das Nutzungsprofil zu einem erheblichen Anteil mit beeinflussen wird." Was bedeutet das für die Internet-Industrie der Zukunft? Immerhin schauen 86% der 14-29-Jährigen im Internet Videoangebote, während nur knapp 25% der über 60-Jährigen dies tun. Dagegen nutzen die Senioren E-Mails stärker, als die Jungen (73% zu 71%). Chats sind wiederum eindeutig eine jugendliche Domäne (60%), während sich Ältere dafür kaum begeistern (4%). Auch das Shopping per Internet ist bei 14-29-Jährigen (24%) deutlich beliebter, als bei den Senioren (10%). Die suchen im Internet stärker nach Informationen (59%), benutzen gerne Suchmaschinen (62%) und bevorzugen online klassisch produzierte Artikel und Berichte (43%). 

Der Umgang mit dem Internet ist für ältere Menschen eher funktional und sachbezogen: "Für sie muss sich der direkte Mehrwert im Alltag erschließen", folgert die ARD/ZDF-Studie: "In Zukunft wird es (...) die Generation 60+ sein, die das Nutzungsverhalten insgesamt mit prägen wird." Hier stellen sich für die Online-Branche neue Aufgaben, spezielle Internetangebote, die sich an Ältere richten. Suchmaschinen und Shopping-Portale für Senioren, Internetwerbung, die sich nicht nur an junge Leute auf der Suche nach dem letzten 'Kick' richtet usw...    



* Alle Daten aus der aktuellen ARD/ZDF Onlinestudie, Media Perspektiven Heft 9/15

Sonntag, 1. November 2015

DAB wächst sich tot...


Stolz vermeldet der aktuelle Digitalisierungsbericht der Medienanstalten: 90% der Einwohner in Deutschland können technisch mit digitalen Radioprogrammen (DAB-Digital Audio Broadcast) versorgt werden. Außerdem habe sich innerhalb eines Jahres die Zahl der der DAB-Radiogeräte in privaten Haushalten auf 4 Millionen erhöht (+30%)

In Wirklichkeit kommt das digitale Radio in Deutschland aber eher schleppend voran. Zum Vergleich: Bundesweit gibt es über 143 Milllionen UKW-Empfangsgeräte - DAB kommt demgegenüber auf einen Anteil, der unter 3% liegt. Zwar wurden im letzten Jahr deutlich mehr Digitale Radiogeräte verkauft, aber auch 600 000 UKW-Empfänger gingen im letzten Jahr über den Ladentisch. 

Vergleicht man die DAB-Nutzung mit dem Radikonsum per Internet, Kabel und Satellit, schneidet DAB auch nicht gerade prächtig ab. Bei der Befragung für die Medienanstalten gaben 10 % an, Radioprogramme auch mit DAB-Geräten zu hören. Online hören aber fast 30% der Befragten und rund 16% per Kabel und Satellit

Da reagieren die Medienanstalten, die seit Jahrzehnten für DAB trommeln, mit Zweckoptimismus: "Der Bedeutungsrückgang von UKW ist als Trend erstmals klar sichtbar."

UKW: 'Läuft und läuft und läuft...


Die doch immer noch überschaubare Akzeptanz des Digitalradios in Deutschland ist vor allem für die kommerziellen Radiomacher ein Problem, da lohnen sich keine Investitionen in neue Programme. Das wissen auch die Medienanstalten: "Zur Sicherung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit des Privatfunks bleibt die UKW-Verbreitung (...) auf absehbare Zeit maßgeblich. Als einfacher Grund ist dafür anzuführen, dass die Marktdurchdringung noch einen langen Zeitraum in Anspruch nehmen wird." Es wirkt ein wenig, wie im Absurden Theaterstück von Samuel Beckett: "Warten auf Godot" * 

Abschließend kommen die Medienanstalten zu der ernüchternden Prognose, das selbst bei einem stärkeren Wachstum des DAB-Verkaufs "eine vollkommene Marktdurchdringung - d.h. die Substitution der bestehenden UKW-Empfangsgeräte - noch 12 Jahre benötigt." Folgerichtig steht für die Medienanstalten deshalb ein konkretes Abschaltdatum für UKW "noch nicht auf der Agenda."   

Dieses absurde Stück Medienpolitik könnte einem ja egal sein, wenn nicht alleine die Öffentlich-Rechtlichen Rundfunkanstalten 2009 bis 2016 fast 100 Millionen Euro an Gebührengeldern für diese digitale Totgeburt aus dem Fenster werfen sollen. So soll DAB in Schwung gebracht werden, während sich kommerziellen Radioveranstalter mit Investitionen schön zurückhalten. Der Gebührenzahler soll für eine Technik bluten, die er bisher gar nicht haben will. Dabei hat die Komission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten - kurz KEF genannt, bereits im März 2014 von ARD und Deutschlandradio einen defintiven Zeitpunkt verlangt, an dem UKW abgeschaltet werden soll. Daraus wird nix, aber das merkt ja keiner....

http://medienfresser.blogspot.de/2014/03/kef-macht-druck-beim-dab-digitalradio.html
http://medienfresser.blogspot.de/2013/09/digitalradio-dab-weitere-subventionen.html
* https://www.inhaltsangabe.de/beckett/warten-auf-godot/