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Medienfresser

Sonntag, 24. November 2019

Chios Herbst 2019 - Feiern und Ernten




In Griechenland wird jedes Jahr am 28. Oktober der sogenannte "Oxi" Tag  als ein wichtiger Nationalfeiertag begangen. Oxi bedeutet auf Griechisch: "Nein" - ausgesprochen "Ochi". Am 28. Oktober 1941 hatte Italiens faschistischer Diktator Benito Mussolini den griechischen Ministerpräsidenten Ioannis Metaxas aufgefordert, italienische Truppen ins Land zu lassen. Faktisch hätte dies die Besetzung und das Ende des Staates Griechenland bedeutet. Metaxas lehnte das Ultimatum ab und es kam zum Krieg, der zuerst für Italien katastrophal verlief. Erst die Hilfe Nazi-Deutschlands und Bulgariens zwang die Griechen in die Knie. Heute ist der "Oxi" Tag für alle Griechen ein Symbol der Unabhängigkeit und Wehrhaftigkeit. Er wird überall im Land mit Paraden und Tanz gefeiert. 



Auf der Insel Chios gibt es noch einen zweiten 'nationalen' Feiertag, den 11.November. Im Jahr 1912 wurde die damals zum Osmanischen Reich gehörende Insel von griechischen Truppen befreit. Die Bevölkerungsmehrheit stellten seit Jahrhundert Griechen, egal wer die Insel politisch beherrschte (Ostrom, Genua, Venedig, Osmanen). Es kam während der Befreiung im Epos-Gebirge, sowie im Norden der Insel zu Gefechten. Daran waren 2500 griechischen Soldaten und örtliche Milizionären beteiligt, denen etwa 1500 Soldaten und Gendarmen der Hohen Pforte gegenübertanden. Die osmanischen Truppen mussten sich der Übermacht ergeben und die Insel verlassen. Nach dem Ende des ersten Balkankrieges im Jahr 1913, in dem Griechenland, Serbien und Bulgarien das Osmanische Reich besiegt hatten, wurde Chios Teil des griechischen Königreiches. In der Folge verließen die muslimischen Bewohner und viele Juden die Insel: Heute erinnert noch die restaurierte Moschee in der Inselhauptstadt als Museum an das osmanische Erbe.





Überall auf Chios werden der 28. Oktober und der 11. November groß gefeiert - mit martialischen Paraden und vielen Fahnen. An der Hafenmole der Inselhauptstadt fährt ein großer Kranwagen auf, daran wird dann eine mächtige griechische Fahne hochgezogen. Ein deutlicher 'Gruß' an die nur acht Kilometer entfernte Türkei. Auch in kleinen Orten, wie dem im Nordwesten von Chios gelegenen Volissos werden die beiden Nationaltage gebührend gefeiert - frühmorgens mit einem Gottesdienst - später paradieren die Schulkinder unter dem Beifall der Einwohner durch den Ort. 

Schnell aber löst sich die strenge Marschordnung in Fröhlichkeit auf, wenn die Kinder und Jugendlichen beginnen, traditionelle Tänze der Region auf dem Dorfplatz aufführen. Das freut vor allem die älteren Bewohner und die anwesenden Eltern udn Verwandten. Ich fragte eine Freundin, die hier lange als Lehrerin gearbeitet hatte, woher die Kinder kommen: "Sie sind aus der gesamten Region Amani, darunter auch viele Kinder aus albanischen Familien - das ist hier ganz selbstverständlich." Nach den heftig beklatschten Darbietungen zogen viele Zuschauer in die nahegelegenen Tavernen, um beim griechischen Kaffee zu plaudern.  

Das flüssige Gold der Oliven 

 

Die Tage im November waren aber auch noch aus einem anderen Grund für die Region wichtig, die Olivenernte hatte nämlich begonnen. Unser Freund George nahm uns mit zu seinem Hain, mit vielen wilden Olivenbäumen. Sie sind kleiner als die gezüchteten Exemplare und sehen eher wie große Büsche aus. Das aus ihnen gewonnene Öl ist sehr säurearm, fruchtig-grün und aromatisch. George zeigte uns, wie die Wild-Oliven geerntet werden - eine anstrengede udn zeitraubende Arbeit! Während Oliven der gezüchteten und beschnittenen Bäume zumeist durch Schütteln der Äste und Bäume zu Boden fallen, schneidet George bei die vielen kleinen Äste des wilden Baumes ab. Dannn werden sie auf Netze gelegt und bei jedem die Früchte mit einer Handharke abgestreift. Sie müssen dann sofort gesammelt und noch am gleichen Abend in einer großen Ölmühle des Ortes gepresst werden. Dazu lud uns George ein und wir fuhren in der Dunkelheit zur großen Halle, vor der schon einige Bauern mit ihren Pickups warteten.

Wilde Oliven
"Ich werden meine Oliven als letzter heute pressen lassen", sagte George und grinste, denn die alteingesessenen Dorfbewohner verfolgen sein Experiment mit wilden Oliven eher skeptisch. Immerhin ist George aus Athen zugewandert, stammt also nicht aus Chios. In der Mühle war es sehr laut, was an der hier stehenden großen Maschine lag. Im ersten Schritt werden die in Säcken angelieferten Oliven gewaschen und von Blättern und Stielen gereinigt. Danach kommen sie horizontale Drehwerke, in denen sie zermahlen werden, damit das Öl austreten kann. Ganz zum Schluss wird das fertige Öl, wie bei einer Tankstelle, aus einem Zapfhahn in große Behälter abgefüllt. 

So sah eine Mühle früher aus
Jede Ladung der Bauern wurden gewogen, denn aus dem Gewicht errechnete sich der Preis für die Pressung, die an den Mühlenbesitzer gezahlt werden muss. Die große Mühle sei ais Italien importiert worden, erzählte George. Sie soll einen sechsstelligen Euro-Betrag gekostet haben. Neben dieser Ölmühle gibt es auf Chios noch einen zweiten Großbetrieb. Außerdem stehen in vielen Dörfern weitere kleine Mühlen. Zur Erinnerung an frühre Zeiten, hat man neben der großen Halle eine alte Mühle aufgebaut. So wurde früher mit den zwei rotierenden Mahlsteinen der Olivebrei für die Pressung erzeugt. Als wir ankamen, stellte uns Georg den anderen Bauern als seine Nachbarn vor, wir bekamen selbstgebackene Kekse und ein Gläschen Feigenschnaps (Zouma) zur Begrüßung. Der Zouma von Chios ist berühmt, überall in den Dörfern stehen große Feigenbäume. Zouma darf aber auf Chios nur für den privaten Gebrauch gebrannt und konsumiert werden. Deshalb bekommt man ihn weder abgefüllt in Flaschen im Laden, noch offiziell in den Tavernen der Insel. Fragt man allerdings danach, bekommt man Zouma im Glas oder  in einer Karaffe für Ouzo... 


Es war spannend, am Abend den gesamten Prozess, von der Anlieferung der Oliven bis zur Abfüllung des Öls mitverfolgen zu können. Bei George wurden aus den etwa 130 Kilo Oliven rund 12 Liter bestes Öl gepresst. Wir waren stolz und dankbar, dass er uns danach ein Fläschchen geschenkt hat - wundervoll grün und voller Geschmack mit einer leicht scharfen Note und kaum Säure - so soll Olivenöl sein. Klar, dieses Öl benutzten wir nur für Salat oder einfach auf frisches Brot geträufelt. 
In Griechenland versuchen mittlerweile Großunternehmen unabhängige Mühlenbetriebe aufzukaufen. Diese Strategie zur Monopolisierung hatte auf Chios zumindest, glücklicherweise noch keinen Erfolg. Befinden sich die Ölmühlen in einer Hand, so dürfte das für die Qualität keine guten Folgen haben. Schon heute erlaubt die EU, qualitativ mangelhaftes Olivenöl durch Raffinierung 'aufzuhübschen' und dann als vermeintlich gehaltvolles Öl in den Handel zu bringen und an Restaurans zu verkaufen. Dieses sogenannte Lampant-Öl schmeckt eigentlich nach nichts, dürfte aber imemr nmoch besser sein, als gefälschtes Olivenöl. Es wird aus einem Mix aus billigem Pflanezenöl, Pfeffer für den Geschmack und Spinat für die grüne Farbe gemixt und als Olivenöl verkauft. (Zu Lampant-Öl siehe auch: https://www.artefakten.net/olivenoeltaeuschungen-sind-eher-norm-als-ausnahme-und-warum-gesetzliche-regelungen-das-beguenstigen-und-legalisieren/





Nach den Wahlen sind wieder die alten Eliten am Ruder


Nach den Kommunalwahlen, die gemeinsam mit den Parlamentswahlen auf Chios stattfanden, sind die Vertreter der alten Eliten wieder ans Ruder gekommen im Inselrathaus. Bei der Fahrt über die Insel bemerkten wir an vielen Stellen neue Straßenschilder und Fahrbahnmarkierungen. Oft wirkte das eher willkürlich als sinnvoll und ein Freund meinte  daraufhin angesprochen nur sarkastisch: "Der neue Inselchef will so seinen Wählern zeigen, dass er was tut." Ähnlich hätten schon seine konservativen Vorgänger agiert, das bezeugen im karg besiedelten Nordwesten der Insel überdimensionierte Kreuzungen. Sie sind heller erleuchtet als der Inselflughafen. Nun ja, sinnentleerte Symbolpolitik mit Beton gibt es ja bei uns in Deutschland auch genug - von Stuttgart 21 bis zum BER-Flughafen..... 

Seit Jahren bemüht sich unser Freund Georg Chalatsis um den Erhalt und die Freilegung alter Handels- und Wanderwege auf der Insel. Zusammen mit Freiwilligen reinigt er sie von Gestrüpp und bringt Wegweiser für Wanderer an. Ein mühseeliges Unterfangen, Georg ist angesichts der Ignoranz der politisch Verantwortlichen mittlerweile müde geworden. Diese würden gerne Fördermittel für Wanderwege einsacken, dann aber nichts tun. Er habe daher aus eigener Tasche neue Wegweiser finanzieren müssen, merkt er bitter an. Die Verantwortlichen in den Gemeinden kümmerten sich nicht dauerhaft um die Pflege der Wanderwege, alles würde an den Freiwilligen hängenbleiben - und hier nehme das Engagement leider auch ab. Gerade deshalb freuten wir uns, seine neuen Schilder in der Region Amani zu sehen. Bald soll es eine Wanderkarte geben - versprach uns Georg zum Abschied. 

Wir besuchen nach drei Jahren erneut das einstige Lepra-Dorf, das nördlich der Inselhauptstadt versteckt in einem Tal liegt. Es wurde 1958 aufgegeben und verfällt seitdem. Zumindest zwei Schilder sind an der Einfahrt angebracht worden, sonst hat sich leider nichts getan, um dieses Kulturdenkmal vor dem Vefall zu retten. Immer noch zeugen neue Graffitis an den Wänden, dass niemand etwas zum Schutz des Geländes unternimmt. "Das Gelände gehört der Kirche", meint ein Freund entschuldigend und gleichzeitig voller Zorn. Das kann man auch sehen, denn zwischen den Verfallenden Häusern vom Anfang des 20. Jahrhunderts steht die renovierte orthodoxe Kirche. Insgesamt ein Symbol der Gedankenlosigkeit und Ignoranz der Verantwortlichen. (siehe auch meinen Blogeintrag)
https://medienfresser.blogspot.com/2015/05/chios-einstige-lepra-kolonie-muss-als.html


Neue Heimatmuseen in Dörfern


Heimatmuseum Volissos
Erfreulich ist, dass das Interesse an der eigenen Lokalgeschichte anscheinend wächst. So haben vor einem Jahr Einwohner von Volissos, darunter der inselweit bekannte Sattelmacher, ein kleines Heimatmuseum eröffnet. Es befindet sich in einer alten Wohnung am zentralen Dorfplatz, gegenüber der Taverne "Giaouzaki". Im ersten Stock ist das kleine Museum in einer Wohnung eines Altbaus untergebracht, die durch ihre typisch hohen Räume beeindruckt. Dazu eräuterte die ehemalige Lehrerin Mairy Kotsanaros: "Zwischen den Deckenbrettern hat man früher getrockneten Tang vom nahegelegenen Strand gesteckt. Das wirkte isolierend gegen die Wärme und Kälte." Sie kümmert sich um das Museum, spricht
Französisch und Deutsch. In den drei Räumen sieht man einige Trachten, die noch in den 1950er Jahren getragen wurden. Alte Flinten und Fotos erinnern an den Wiederstand gegen die Osmanen. Werkzeug berichtet vom dörflichen Alltag, das Prachtstück ist die alte Aussteuertruhe einer  Chiotin. Im Boden des Deckels befindet sich das Bild eines Dampf-Seglers aus dem 19.Jahrhundert. Über dem Schiff weht die Halbmond-Fahne des Osmanischen Reiches, damit stammt die Truhe noch aus der Zeit vor der Befreiung der Insel. "Viele der alten Werkzeuge und Gebrauchsgegenstände haben wir in verlassenen Häusern gefunden, deren Besitzer gestorben sind", sagt Mairy. In Volissos sind in den letzten Jahren Künstler zu Gast gewesen, auch und gerade aus

der Türkei. In einem Sommer haben eineige die alten Türen verlassener Geschäfte bemalt. Der international bekannte Künstler Selim Birsel, hatte im Dorfmuseum eine kleine Ausstellung seiner Grafiken. Die meisten Läden in den alten Gassen stehen heute leer und verfallen, umso mehr freute uns, dass hier jetzt ein Geschäft für Design und Grafik eröffnet hat - es wirkt in der Umgebung allerdings etwas, wie vom Himmel gefallen. 



Erinnerung an Bürgerkrieg und Militärdiktatur


Die 'große Geschichte' fand auch auf Chios statt, etwa die deutsche Besatzung zwischen 1941-44. (https://medienfresser.blogspot.com/2014/12/chios-vor-70-jahren-endete-die-deutsche.html) Der Bürgerkrieg in Griechenland (1946-49) mit seiner Brutalität und den Opfern, ist immer noch ein Tabu - gleiches gilt für die Zeit der Militärdiktatur (1976-74). Umso erfreulicher fanden wir es, dass jetzt eine Gedenktafel im Kambos-Viertel an Opfer des Bürgerkrieges auf Chios erinnert. Sie informiert in griechisch und englisch über die Kämpfe im Kambos und steht neben dem Eingang zum Zitrus-Museum. 

Leider fanden wir am Museum der Hinweis, dass dieses Kleinod - ein Muss für jeden Inselbesucher - den Winter über geschlossen ist. Wir hatten uns so gefreut, im Garten des Museumscafes bei leckerem Kuchen und zwischen wohlgenährten Katzen das Panorama der Zitrusbäume genießen zu können. Ein Freund erzälte uns später, das einst von einer Initiative gegründete Museum werde mittlerweile von einem reichen Finanzier beherrscht, der bestimme was läuft. 

Alexandros Panagoulis (2. von links)
Oft saßen wir in Volissos einige Stunden lang in der Taverne "Giaouzaki", um am zentralen Platz, um das Kommen und Gehen zu beobachten. Interessant ist die
Gruppe alter Männer, die hier täglich beim süßen griechischen Kaffee sitzen und Klatsch und Tratsch austauschen - das ist bei Griechen beileibe nicht ein Privileg der Frauen! Kurz vor unserer Abreise entdeckte ich ein Plakat am Fenster der Taverne, das meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Auf einem alten Foto aus den 1960er Jahren war ein Gefangener vor einem Richtertisch zu sehen. Ich versuchte den Text zu entziffern und stieß auf den Namen Alexandos Panagoulis - das klingelte es in meinem Kopf. Ich erinnerte mich an das Buch der italienischen Schrifstellerin Oriana Fallaci: Ein Mann". Sie hatte über Panagoulis 1980 diesen Bestseller geschrieben. Er hatte während der Diktatur versucht, Junta-Chef Papadopulos durch ein Attentat zu töten. Der Anschlag misslang. Panagoulis wurde festgenommen, gefoltert und eingesperrt. Nach Ende der Diktatur kam er zwar frei, wurde aber kurz danach Opfer eines nie geklärten Verkehrsunfalls. Jetzt erinnerte man auf Chios in mehreren Veranstaltungen an den mutigen Mann, eine fand in Volissos in der Schule statt - leider erst am Tag unserer Abreise. 


...und zum Abschied ein Tornado


Ja diese Tage auf Chios hatten es wirklich in sich. dreieinhalb Wochen sonniges Wetter mit milder Wärme, ideal für Wanderungen und sogar das eine oder andere Bad in der Ägäis war noch möglich. 
Sonnenuntergänge erster Güte, Ruhe und Natur satt - so lieben wir die Insel, die seit über zehn Jahren zur zweiten Heimat geworden ist - und das liegt nicht zuletzt an den griechischen Freunde. Hier merken wir, wie wichtig Stille und Ruhe sind - in der Nacht hört man die Käuzchen und streitende Katzen - mehr nicht.
 
In der letzten Nacht krachte es dann aber doch noch, Platzregen und sogar Hagel knallten auf das Dach. Am Morgen fürchteten wir, es nicht rechtzeitig durch die Epos-Berge zum Homeros-Flughafen zu schaffen. Auf dem Abstieg vom Epos in die Inselhauptstadt konnte man weit hinüber in die Türkei blicken - die Küste schimmerte in der Morgensonne, während Chios unter einer schwarzen Wolkendecke Blitz und Donner ausgeliefert war. Wenige Kilometer bevor wir den Flughafen erreichten, sahen wir dicht vor der Küste einen Tornado, der sich in Richtung Landebahn bewegte. Was für ein Naturschauspiel - Chios hat sich wieder mal alle Mühe gegeben, uns zu beeindrucken... 


Eingestellt von Philippe Ressing um 22:01 Keine Kommentare:

Sonntag, 13. Oktober 2019

Hamburg 2019 - Meine Hamburgensien Teil 6: Ottensen = Mottenburg

Otensener Hauptstrasse 2019

https://1913familienalbum.blogspot.com/2019/10/ottensen-mottenburg.html
Eingestellt von Philippe Ressing um 21:53 Keine Kommentare:

Sonntag, 22. September 2019

Hamburg 2019 - Meine Hamburgensien Teil 5: Von der 'Uni-Klause' zur Universität


https://1913familienalbum.blogspot.com/2019/09/hamburg-2019-meine-hamburgensien-teil-5.html

Eingestellt von Philippe Ressing um 09:30 Keine Kommentare:

Mittwoch, 11. September 2019

Hamburg 2019 - Meine Hamburgensien Teil 4: Freihafen - Kulissen - Elbe




https://1913familienalbum.blogspot.com/2019/09/hamburg-2019-meine-hamburgensien-teil-4.html



Eingestellt von Philippe Ressing um 09:45 Keine Kommentare:

Freitag, 30. August 2019

Hamburg 2019 - Meine Hamburgensien Teil 3: Das Schaufenster



https://1913familienalbum.blogspot.com/2019/08/hamburg-2019-meine-hamburgensien-teil-3.html
Eingestellt von Philippe Ressing um 23:32 Keine Kommentare:

Sonntag, 25. August 2019

Hamburg 2019 - Meine Hamburgensien Teil 2: Schul- und andere Wege


und auf den ersten Streich, folgt der zweite....

Schule Turmweg





 https://1913familienalbum.blogspot.com/2019/08/hamburg-2019-meine-hamburgensien-teil-2.html
Eingestellt von Philippe Ressing um 18:54 Keine Kommentare:

Freitag, 23. August 2019

Hamburg 2019 - Meine Hamburgensien * Teil 1: St.Pauli und sein FC


Nach zehn Jahren das erstmals wieder in Hamburg - eine 'Heimatgeschichte' in mehreren Folgen: Teil 1 . St Pauli



https://1913familienalbum.blogspot.com/2019/08/hamburg-2019-meine-hamburgensien-teil-1.html 


Eingestellt von Philippe Ressing um 11:33 Keine Kommentare:

Mittwoch, 21. August 2019

Der Katzentempel in Hamburg




Ein Besuch im Cafe für Katzenliebhaber - siehe https://1913familienalbum.blogspot.com/2019/08/katzentempel-das-cafe-in-hamburg.html
Eingestellt von Philippe Ressing um 21:57 Keine Kommentare:

Sonntag, 18. August 2019

FC St Pauli gegen VfB Stuttgart 17. August 2019

Dazu ein paar Eindrücke in meinem zweiten Blog: www.1913familienalbum.blogspot.com


https://1913familienalbum.blogspot.com/2019/08/vfb-stuttgart-fc-st-pauli-kiez-ultras.html
Eingestellt von Philippe Ressing um 10:12 Keine Kommentare:

Samstag, 27. Juli 2019

"They shall not grow old" Bewegende Dokumentation über den Ersten Weltkrieg


Mitte Juli 2019 kam ein besonderer Dokumentarfilm in deutsche Kinos: "They shall not grow old". (trailer link unten) Der neuseeländische Regisseur Peter Jackson (Herr der Ringe) hat darin Dokumentarfilme aus dem ersten Weltkrieg bearbeiten und kolorieren lassen und mit Interviews britscher Veteranen vertont. Aufsehen erregte die Qualität der nachbearbeiteten Filme aus den Beständen des Imperial War Museums in London. Mittels aufwändiger Technik ist es Jackson gelungen, dass die Filmausschnitt wirken, als wären sie aktuell. Fachleute für Lippenlesen sprachen die Stimmen der Soldaten in den Filmszenen nach.

Das eigentlich faszinierende an dem Film, das dem Geschehen die Nähe verleiht, sind für mich nicht so sehr die restaurierten Bilder. Jackson nutzte alte Tonaufnahmen mit britischen Veteranen aus dem Archiv des Kriegsmuseums in London. Sie geben dem Film das authentische und die emotionale Tiefe. Wahrscheinlich stammen die Interviews aus den 1960er Jahren, damals produzierte die BBC eine 26 Folgen umfassende Dokumentarserie: "The great war" Die 1964 ausgestrahlte Serie, die auch im deutschen Fernsehen lief - kann heute noch auf youtube abgerufen werden (link unten) - hier sieht man Interviews mit britischen Kriegsteilnehmern über die ersten Kriegsmonate. Letztlich dürfte die Serie Jackson ästhetisch wie dramaturgisch inspiriert haben. 

Inhaltlich schildert er die erste Begeisterung der britischen Freiwilligen, junge Männer von 16-19  Jahren, die im August 1914 die Rekrutierungsbüros der Army überrannten. Bis 1916 gab es keine Wehrpflicht in Großbritannien. Die Interviews mit den Veteranen spiegeln auch die Abenteuerlust der jungen Männer wider. Zuvor hatte die britische Berufsarmee nur Erfahrungen in Kolonialkriegen (Burenkrieg) gegen unterlegene Gegner gesammelt. Die Zerstörungskraft moderner Maschinengewehre und der Artillerie wurde bei allen Kriegsparteien sträflich unterschätzt - was zu den brutalen Verlusten in den ersten drei Kriegsmonate auf allen Seiten führte - demgegenüber waren die Opferzahlen in den späteren Materialschlachten zwar hoch, aber auf den Zeitraum bezogen geringer.   

Jacksons Film beschäftigt sich nicht mit dem zu Kriegsbeginn auf das Festland verschiffte britischen Expeditionskorps (BEF), das Mitte August 1914 an die Front in Belgien kam. Das BEF umfasste 5 Divisionen mit Berufssoldaten (4 Infanterie, 1 Kavallerie). In den blutigen Schlachten von Mons in Belgien und Le Cateau in Nordfrankreich, wurde die Truppe im August 1914 dezimiert. https://1913familienalbum.blogspot.com/2014/08/le-cateau-1914-der-krieg-kommt-zu.html Danach beteiligte sie sich am Vorstoß zur Kanalküste, um einen deutschen Umgehungsversuch abzuwehren. Ende 1914 war die BEF ausgebrannt, man konnte die Front nur durch die schnelle Herbeiführung indischer Truppen halten. Auf der anderen Seite standen dagegen mangelhaft ausgebildete und ausgerüstete deutsche Reservedivisionen, die bei den Angriffen in Flandern - Langemarck-Mythos - von den gut ausgebildeten BEF-Soldaten zusammengeschossen wurden. Über diese Vorgeschichte berichtet Jacksons Film nicht - was seinen Wert nicht mindert.

Man merkt es "They shall not grow old" an, dass Peter Jackson ein versierter Spielfilm-Regisseur ist (Herr der Ringe). Sein Dokumentarfilm startet mit schwarz-weiß Aufnahmen im kleinen Bildformat, erst später öffnet sich das Bild auf die volle Größe und wird farbig. Zu Beginn hört man aus dem Off eine gepfiffene Melodie. Erst beim Abspann - daher lohnt es sich den Film bis zum letzten Meter zu sehen - wird daraus der gesungene Text des britischen Soldatenliedes "Mademoiselles of Armentieres". (link unten) Die Dramaturgie des Films läuft auf einen großen Angriff hin und endet mit dem Waffenstillstand
Deutsches Bajonett 1. Weltkrieg
am 11. November 1918. Im Film bekommen die kolorierten Aufnahmen von Gefallenen und Verwundeten eine brutale Wirklichkeit gegenüber den alten schwarz-weiß Aufnahmen, man erkennt Blut, Dreck und Leichenteile - aber auch gefangene Deutsche, die sich von den Briten nur durch die Uniformen unterscheiden. Ein interessanter Aspekt ist die Aussage, es habe während des Krieges deutliche Abneigungen zwischen deutschen Soldaten aus Württemberg oder Bayern gegenüber denen aus Preußen gegeben. So hätten deutsche Soldaten aus dem Südwesten ihre englischen Gegner im Schützengraben vor der Ablösung durch preußische Regimenter gewarnt. 

Deutsches Kamerateam

Bekanntlich gibt es kaum dokumentarische Filmaufnahmen von Kampfhandlungen, das ließen die sperrigen Kameras nicht zu. Die Kampfszenen in Wochenschaufilmen dieser Zeit wurden nachgestellt - das weiß auch Jackson. Daher nutzt er hier Bilder, die Kriegszeichner vom Nahkampf angefertigt haben - propagandistisch voll heroischer Posen. Tief beeindruckende sind aber die Tonaufnahmen der Veteranen. Bei der Schilderung, wie er einen schwer verletzten Kameraden erschießen musste, um ihn von seinem Leid zu erlösen, beginnt der Veteran hörbar zu weinen. Die Erinnerungen lassen die Betroffenen nicht los und ihre Dämonen verfolgen sie ein Leben lang. 

Jacksons Film dürfte auf einer großen Leinwand sicherlich beeindruckend sein, aber die DVD-Version hat Vorteile. Einerseits ist eine britische Untertitelung abrufbar, was das Verständnis des Gesprochenen erleichtert. Dazu kommt das Interview mit dem Regisseur nach der Uraufführung im Londoner Kinosaal, indem er von den Arbeiten am Film und seiner Motivation erzählt. Die BBC hat den 95minütigen Film 2018 ausgestrahlt - in Kinos lief eine 3-D-Version. In Deutschland ist der Film nur wenige Tage im Juli 2019 gelaufen - ob er in das deutsche Fernsehen kommt, ist fraglich - wäre aber wünschenswert. Auf jeden Fall ist "They shall not grow old" ein fesselnder und berührender Dokumentarfilm, der auch zeigt, weshalb der 1. Weltkrieg in Großbritannien bis heute stärker im Gedächtnis ist als der 2. Weltkrieg.Zwischen 1914-1918 starben mehr Soldaten des britischen Empires als zwischen 1939-1945.


Filmtrailer Trailer auf Youtube:
https://www.youtube.com/watch?v=YPlXlshA0Zc
Song "Mademoiselles of Armentieres: 
https://www.youtube.com/watch?v=z9mCN9eeYXM
BBC Serie "the great war" 1964:  Youtube eingeben: The great war


Buchtipps: 
Frederic Manning: 1930 in England "Her privates We", Deutsch 1966 "Soldat Nr 19022" Wunderlich-Verlag
Ben Macintyre: "Ein Dorf in der Picardie" 
Timothy Findley "Der Krieg und die Kröte" Fischer Taschenbuch 1980
Pat Barker: "Niemandsland", Hanser Verlag 1997
Sebastian Faulks: "Gesang vom großen Feuer" Schöffling Verlag 1997
Joseph Boyden: "Der lange Weg" Knaus 2005
Ronald Skirth: "Soldat wider Willen" Rowohlt 
 

Eingestellt von Philippe Ressing um 13:14 Keine Kommentare:

Sonntag, 14. Juli 2019

DAB: Landtag Niedersachsen fordert einstimmig das Aus



Am 19. Juni 2019 hat der niedersächsische Landtag in Hannover einem Antrag zugestimmt, der die Landesregierung auffordert, die Finanzierung des digitalen Radiostandards DAB+ aus der Rundfunkabgabe zu beenden. Darüber hinaus solle sich die Landesregierung (SPD-CDU) gegen die Einstellung der UKW-Verbreitung aussprechen und gemeinsam mit den anderen Bundesländern ein abgestimmtes Konzept für die "digitale Radiozukunft" erarbeiten. Interessant an diesem Beschluss ist, dass alle Fraktionen des Landtages, also nicht nur die Opposition von AfD, Grünen und FDP dafür votierten, sondern auch die Regierungsfraktionen von SPD und CDU. Auslöser des Antrages war die vom Landesrechnungshof Niedersachsen im August 2018 in einem Bericht geforderte Beendigung des DAB+ Projektes. Die oppositionelle FDP hatte daraufhin einen Antrag im Landtag eingebracht, der im Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen diskutiert und dann in geänderter Form einstimmig an den Landtag weitergeleitet worden war.

Im jetzt einstimmig verabschiedeten Antrag wird darauf hingewiesen, dass seit mehr als 20 Jahren Mittel der öffentlich-rechtlichen Rundfunkgebühren in DAB+ geflossen seien: "ohne dass sich  das digital-terrestrische Radio bislang am Markt nachhaltig etablieren konnte." Dagegen würden Hörer zunehmend digitale Programme über das mobile oder stationäre Internet nutzen. "Dennoch sind durch das Festhalten an DAB+ alle Hörfunk-Anbieter gezwungen, in eine Technologie zu investieren, die nur für den Übergang dient."

Die Debatte am 19. Juni im Landtag zeigte Einigkeit der Fraktionen darin, dass DAB+ am Markt gescheitert und darüber hinaus nicht mehr zukunftsfähig sei.  Deshalb müsse man sich "von der Förderung von DAB+ über die Rundfunkbeiträge verabschieden", sagte für die FDP Stefan Birkner.* Für seine Fraktion ist DAB+ eine "teure Übergangstechnologie (...) die nicht zielführend ist." Die FDP plädiert daher für einen Aufbau "zukunftsoffener Technologien, wie z.B dem 5G Standard." 

Der SPD-Sprecher Alexander Saipa betonte: "dass hierzulande Radio von den Menschen überwiegend über UKW gehört wird." Außerdem habe sich DAB+ als nicht mehr ganz moderne Technik" bei den Verbrauchern nicht durchsetzen können. Nur 6% der Hörer würden vorwiegend über DAB Radioprogramme empfangen, 70% dagegen über UKW-Geräte."Ich finde, diese Zahlen können wir nicht ignorieren", meinte Saipa für seine Fraktion.

Der AfD-Vertreter, Christopher Emden, nutzte die Debatte, wie bei seiner Partei üblich, zum Generalangriff auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und seine Finanzierung. "Die Diskussion zeigt, wohin Rundfunkbeiträge führen können.(...) das zeigt wieder einmal, dass die Situation bei den Rundfunkbeiträgen heutzutage marktwirtschaftlich überhaupt nicht vertretbar (...) und für niemanden aufseiten der Zuhörer mehr akzeptabel sein kann." Er wandte sich gegen den "Rundfunkbeitragswahn". (zum Verhältnis AfD und öffentlich-rechtlicher Rundfunk siehe auch: https://medienfresser.blogspot.com/2017/05/afd-kulturzerstorer.html

Christian Meyer von den Grünen wies darauf hin, dass nach der Abstellung der UKW-Verbreitung in Norwegen die Radionortzung dort eingebrochen sei. Dort überlege man jetzt, zu UKW zurückzukehren. Die Gelder für DAB+ seien in Qualitätsjournalismus, Recherche und Vielfalt "deutlich besser angelegt." 

Für die CDU machte es Clemens Lammerskitten kurz, für seine Fraktion seien: "UKW und DAB+ (...) Übergangslösungen", dagegen brächten Internet und Mobilfunk mit G5-Technik ein "zukunftsträchtiges Radio."


...und was folgt aus dem Landtagsbeschluss?

 

Seltsamerweise blieb die öffentliche Resonanz auf den eintimmigen Beschluss der Landtagsfraktionen in Niedersachsen überschaubar. "Offen gestanden verstehe ich das auch nicht so ganz", sagte am 3. Juli in Hannover der für Medienfragen zuständige Chef der Staatskanzlei, Dr. Jörg Mielke auf Nachfrage. Er räumte allerdings ein: "Die unmittelbaren Folgen sind überschaubar", da letztlich die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) den Geldbedarf der Öffentlich-Rechtlichen prüfe und nicht der Landtag. "Zum Thema DAB+ wird die niedersächsische Landesregierung im Rahmen der nächsten Sitzungen von Rundfunkkommission und Minsterpräsidentekonferenz aktiv werden" kündigte Mielke weiter an - aber: "Von Niedersachsen ausgehend, wird es kein medienpolitisches Beben geben."  Die Kritik teilt Dr. Mielke: "DAB+ ist eine überholte Technik, die sich am Markt nicht durchgesetzt hat, eine Technik von Vorgestern, die mit Geldern von heute finanziert wird. Man darf aber schlechtem Geld nicht Gutes hinterherwerfen." Eine Abschaltung der UKW-Verbreitung sei nicht bürgerfreundlich, allerdings würden die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten  selbstständig über ihre technischen Investitionen entscheiden. Man werde jetzt mit dem Norddeutschen Rundfunk über die Sachlage sprechen. Vorrangig geht es der Landesregierung dabei um die anstehende Änderung des NDR-Staatsvertrages - DAB+ sei da nur ein Thema, betonte der Chef der Staatskanzlei. 

Ob die geplante Änderung des Rundfunkfinanzierungs-Staatsvertrages bis zum Jahresende unter Dach und Fach kommt, ist man sich anscheinend in Hannover nicht sicher. So ist man wohl beim geplanten Index-Modell zur Rundfunkabgabe weit gekommen, aber immer noch stellen sich die Bundesländer mit FDP-Regierungsbeteiligung noch quer. Faktisch wird es erst im Herbst, nach den Landtagswahlen in den Ost-Bundesländern, eine Entscheidung geben. Gelingt die Reform nicht bis Jahresende, dürfte das Thema Neuorganisation der Rundfunkabgabe insgesamt vom Tisch sein - angesichts dieser Probleme ist DAB+ für die Politiker nur ein Nebenschauplatz. 

....Krokodilstränen der Privaten - was will, die ARD?


Der Verband Privtater Medien VAUNET begrüßte den Beschluss des Landtages in Hannover als "richtungsweisend", so ihr Sprecher Klaus Schunk, Chef des Privatsenders Radio Regenbogen in Mannheim. Gegenüber dem Online-Dienst Meedia meinte Schunk optimistisch, der Beschluss werde über die Landesgrenzen hinaus Wirkung zeigen. Für ihn ist klar, DAB+ hat sich trotz langjähriger Werbekampagnen nicht durchgesetzt und liegt weit hinter den Möglichkeiten digitaler Verbreitung. Gegenüber dem Online-Mediendienst DWDL sagte Schunk, Radioprogramme müssten Individuell für einzelne Nutzer adressiert werden und unmittelbare Interaktivität sowie die Einbindung von Videos ermöglichen. Es geht also um die Vermarktung der Online-Radionutzung zu Werbezwecken. Mittels 'Targeting' wird jeder Onliner mit seiner individuellen Internetnutzung ausgewertet, um ihm dann speziell zugeschnittene Werbung auf der angeklickten Internetseite einzublenden. Das kann DAB+ nicht, denn die Technik verfügt über keinen Rückkanal. Die Privatradios setzen vermehrt auf die mobile Radionutzung per Smartphone und anderer Online-Empfangsgeräte, denn die Werbeindustrie sieht dort große Chancen. 

Allerdings waren die kommerziellen Radioveranstalter nicht immer so Ablehnend gegenüber DAB+ hoffte man doch so zusätzliche Programme starten zu können. Die Begrenzung der UKW-Frequenzen setzt der Entwicklung des Kommerzfunks enge Grenzen, das versprach DAB und DAB+ zu beenden. Allerdings gefiel das nicht allen Privatfunkern, denn es drohte zunehmend Konkurrenz um den Hörer- und Werbemarkt. Mit der Entwicklung des schnellen Internets bot sich die Chance auf Online-Senderfamilien - Problem nur war der mobile Empfang. Durch den schnellen Ausbau des mobilen Internets scheinen diese Grenzen für Radio per mobilem Internet behoben. Jedoch noch im Oktober 2016 hatten die Privatfunker eine jährliche Subventionierung von 25 Mio Euro für die DAB-Verbreitung gefordert. Sie konnten und wollten die Kosten für die für auf Jahre nötige gleichzeitige Verbreitung ihrer Programme über UKW und DAB+ (multicast) nicht tragen. Daher forderte der VPRT - heute VAUNET - noch im Dezember 2016 eine DAB-Förderung in Höhe der Öffentlich-Rechtlichen Ausgaben -  500 Mio Euro für zehn Jahre. Jetzt scheint davon mehr die Rede zu sein - Online und 5 G lautet das Zauberwort. Dabei wissen die Radiomacher, der Ausbau des neuen Mobilfunknetzes wird lange dauern und vor allem Privatkunden werden 5 G wohl nur erst in Ballungsräumen nutzen können. Landesweite Radioprogramme werden auch weiterhin auf UKW und/oder DAB+ angewiesen sein. Sollten die Kommerziellen Veranstalter von den Kosten für die technische Verbreitung befreit werden - etwa durch Finanzierung aus der Rundfunkabgabe - dürfte das ihre Kritik am Digitalradiostandard wohl besänftigen.

...und nun? 


Es ist zu befürchten, dass es auf absehbare Zeit keine Einstellung des gescheiterten DAB+ geben wird. Die ARD will mit dem DAB+ Standard die Verbreitungskosten senken, das Sendernetz ist mittlerweile fast flächendeckend ausgebaut. https://medienfresser.blogspot.com/2017/03/dobrindts-digitalradio-roadmap-irgendwo.html Die ARD rechnet mit einer Kostensenkung beim Umstieg von UKW auf DAB+ von 20-40% für die technische Verbreitung. Bespiel Bayern: Die 40 UKW-Sender verbrauchen 116 Kilowatt Strom - bei 60 DAB+ Sendern wären es nur 22,4 KW. Würde man jetzt DAB+ einstellen, müsste in die UKW-Technik wieder investiert werden. Dazu kommt, dass in den Ost-Ländern die UKW-Anlagen privatisiert wurden, was vor allem dem Deutschlandradio und seinen Programmen, aber auch NDR und RBB Probleme machen dürfte. Dort werden ihre UKW-Programme über die Privatanbieter verbreitet. https://medienfresser.blogspot.com/2018/06/ab-juni-2018-ukw-freie-zone-im-osten.html 
Wahrscheinlich werden die ARD-Anstalten weiterhin auf DAB+ setzen, denn die meisten ihrer Radioprogramme sind werbefrei - Tendenz zunehmend, siehe WDR-Änderung. Die Privaten setzen zwar zunehmend auf die mobile Radionutzung per Mobilfunk, ermöglicht sie doch  zielgenaue Werbung und erreicht vor allem jüngere Hörer. Gleichzeitig bleibt für Komerzielle wie die ARD aber UKW auf absehbare Zeit unersetzbar. 

Siehe auch:
https://medienfresser.blogspot.com/2018/08/rechnungshof-dab-lieber-ein-ende-mit.html 
https://medienfresser.blogspot.com/2018/05/digitalradio-dab-mit-ruckenwind-in-den.html 
https://medienfresser.blogspot.com/2016/12/digitalradio-privatsender-wollen-500.html 
https://medienfresser.blogspot.com/2016/07/digitalradio-wird-dab-vom-internet.html 
https://medienfresser.blogspot.com/2016/03/digitalradio-muder-applaus.html 
https://medienfresser.blogspot.com/2015/11/dab-wachst-sich-tot.html 
https://medienfresser.blogspot.com/2014/03/kef-macht-druck-beim-dab-digitalradio.html 
https://medienfresser.blogspot.com/2013/09/digitalradio-dab-weitere-subventionen.html 









* Zitate der Debatt, Landtagsprotokoll 51. Plenarsitzung.
Eingestellt von Philippe Ressing um 10:54 Keine Kommentare:

Mittwoch, 10. Juli 2019

Griechenland Wahlen: Alles klar?



"Schlappe für Tsipras – Konservative gewinnen Parlamentswahl" (WELT), "Deutliche Niederlage für Tsipras" (FAZ), "Linke Abgewählt" (Focus), "Konservative Wende in Athen" (taz)



So titelten bundesdeutsche Zeitungen nach dem Wahlergebnis in Griechenland: "Die Berichterstattung in den deutschen Medien zur Wahl in Griechenland war nur peinlich", meint dazu der griechisch-schwäbische Professor Athanasios Marvakis. Der in Thessaloniki lehrende Psychologe war am 8. Juli - also einen Tag nach der Wahl - in Stuttgart und stellte auf einer Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung seine Sicht der Dinge dar. 
 
Professor Athanasios Marvakis Universität Thessaloniki (rechts)
Die Niederlage Tsirpas und Syrizas sei nicht so deutlich ausgefallen, wie es alle Medien - in Griechenland und Deutschland - prophezeit hätten. Zusammengerechnet erreichten die Nea Demokratia (ND) mit der neu im Parlament vertretenen rechtsnationalistischen Elliniki Lysi knapp 44% der Wählerstimmen, die Mitte-Links-Parteien (Syriza, Sozialdemokraten, Kommunisten und Diem 25) bekamen dagegen zusammen über 48%. Nur das spezielle Wahlsystem Griechenlands, das der Mehrheitspartei zusätzlich 50 Parlamentssitze überlässt, hat der ND zur absoluten Mehrheit verholfen - nicht die Mehrheit der Wähler. Außerdem, so Marvakis, hätten Jüngere und Arbeitslose mehrheitlich für Syriza gestimmt. Mit ihren Prognosen seien die Printmedien und der Privatfunk in Griechenland dem Wunschdenken als der Realität gefolgt. Deren Hass auf Tsipras rühre vor allem daher, dass Syriza die Besitzer der Kommerziellen Rundfunksender dazu verdonnert hatten, endlich Steuern zu zahlen. Jahrzehntelang hätten die Kommerzfunker in Griechenland ohne jegliche Lizenz gesendet, das wollte Tsipras ändern.  

Chios 2018


Erleichtert äußerte sich Marvakis, dass die Nazi Partei Chrysi Avghi (GoldeneMorgenröte) den Einzug in das Parlament - wenn auch nur knapp - verfehlt hat. Derzeit gehen die Prozesse gegen die Führung der Partei wegen diverser Verbrechen dem Ende entgegen. Da die angeklagten Parlamentarier nicht mehr über die Immunität verfügen könnten und auch die Mittel vom Parlament wegfallen, bringe die Neonazis und die ihrer Abgeordneten-Immunität verloren gegangenen Angeklagten jezt in Schwierigkeiten. Das Geld für die Prozessführung versiegt. Die Nea Demokratia habe mit ihren knapp 40% Wählerstimmen Konservative und Rechte wieder auf sich vereinen können. Das werde aber sicherlich noch interne Probleme zwischen den Flügeln mit sich bringen, meint der Professor aus Thessaloniki. Auf der anderen Seite hätten auch viele Autonome und Anarchisten Syriza gewählt - als kleineres Übel. Sie fürchten unter der neuen Regierung für die Polzie und Sicherheitskräfte einen Freibrief für Angriffe. "Das Bipolare System in Griechenland hat sich erneuert, Rechte gingen zur ND, Linke haben sich aber nicht der Pasok-Nachfolgepartei zugewandt, sondern sind bei Syriza geblieben", sagt Marvakis. Dabei sei die Pasok-Nachfolgepartei letzlich froh darüber, dass die ND keinen Koalitionspartner brauche, dass hätte für die Rest-Sozialisten sicherlich zu einer Zerreisprobe geführt. 

Was bedeutet das Ergebnis für die Linke in Griechenland? Trotz Wahlpflicht - die die Hellenen ignorieren - haben nur knapp 50% der Griechen gewählt. "Andere kandidierende linke Parteien waren absolut Chancenlos und landeten im Null-Komma-Bereich und die Kommunisten kamen auf ihr übliches Ergebnis um 5%", konstatiert Marvakis. Neu im Parlament sei die Gruppe Diem 25 mit dem ehemaligen Syriza-Finanzminister Yanis Varoufakis, um den sich Linke, Liberale, aber auch Antikommunisten geschart häten. 

Warum hat Syriza verloren? Nicht zuletzt auch weil sie keine einheitliche Partei sei und Strukturen entwickelt habe, kritisiert Marvakis. "Syriza ist entstanden als Sammelsurium aus 18 verschiedenen linken Sekten". Daher habe sie sich letztlich zumTsipras-Wahlverein entwickelt. Gleichzeitig habe die Regierung durchaus etwas für die Ärmsten getan, zwei Millionen Menschen hätten eine Gesundheitsversicherung erhalten. 

Zum Thema Flüchtlinge meinte Marvakis kritisch: "Griechenland verdient daran", mittlerweile gebe es Pushbacks an der Landgrenze zur Türkei, die von paramilitärischen Gruppen durchgeführt würden. Hier zeige sich auch in Griechenland der 'Tiefe Staat', damit bezeichnet man die Verquickung staatlicher Organe mit antidemokratischen rechten Organisationen, die geheim arbeiten. Gleichzeitig habe schon die Syriza Regierungen Flüchtlinge aus der Türkei unterschiedlich behandelt, Anhänger der Gülen-Bewegung seien deutlich besser behandelt worden, als etwa verfolgte Kurden oder Linke. (Man erinnere sich, Griechische Regierungen - Konservative wie Pasok - gewährten lange dem PKK-Chef Öcalan Asyl, bis man mit der Türkei auf Entspannungskurs ging).  

Syriza ein linker `'Mini Market'?! (Chios 2017)
Für Marvakis ist klar: In Griechenland herrschen immer noch die Familienclans - Mitsotakis (ND) oder Papandreu (Pasok). Es sei Tsipras in der kurzen Regierungszeit nur nicht gelungen, ein ähnliches System herauszubilden. Dabei habe sich Syriza zunehmend dem angenähert, im Gegensatz zu ND oder Pasok habe sie aber nicht genügend Posten zu verteilen gehabt. Hat Syriza die Protestbewebungen domestiziert? Marvakis meint nein, diese hätten sich bereits vor dem EU-Kniefall Tsipras weitgehend aufgelöst. Es habe während der Regierungszeit keinen Druck von der Staße auf Tsipras gegeben. Syriza ihrerseits sei durch die Bewegungen an die Macht gekommen, habe aber keinen Kontakt zu ihnen gewollt. Trotzdem seien Freiräume entstanden, etwa für die Flüchtlings-Initiativen: "Man überlege nur, was unter einer konservativen Regierung an den Grenzen und in den Camps passiert wäre", gab Marvakis zu bedenken. 

Griechenland sei ein sehr konservatives Land, das zeige die Macht, die die orthodoxe Kirche bis heute habe. Viele Griechen hofften auf einen starken Mann, der ihre Probleme löse. Parteiprogramme seien den Wählern egal - von ND bis Syriza. Die Selbstständigen hätten in der Schuldenkrise Syriza an die Macht gebracht, jetzt hätten diese traditionell wieder rechts gewählt. Tsipras habe den Fehler gemacht, mit einer Steuerreform die kleinen Unternehmen dazu zu zwingen, im Vorab für ein Jahr ihre Unternehmensteuern entrichten zu müssen - dass habe ihn Stimmen gekostet. 

Entgegen der Beschimpfungen der Medien, habe Tsipras beim Thema Nord-Mazedonien mehr herausgeholt, als alle Regierungen zuvor. "Der Deal ist aber ein Beispiel für griechischen Nationalismus - trotzdem ist diese Lösung besser als keine", betonte Marvakis. Griechenland geriere sich gegenüber den Nachbarländern als "lokaler Nationalist", zwinge ihnen seinen Willen auf. 

Ob es einen neuen Aufschwung der außerparlamentarischen Bewegungen unter der ND-Regierung geben wird? "Das kann niemand sagen, aber dass ohne Bewegung sich nichts positiv entwickelt ist klar!"

siehe auch: https://medienfresser.blogspot.com/2016/06/griechenland-ein-jahr-nach-dem-oxi-was.html 
und: https://medienfresser.blogspot.com/2015/03/griechenland-aufklarung-statt.html 
Radio Dreyeckland Freiburg Interview: https://rdl.de/beitrag/syriza-steht-auf-t-nernen-f-en?fbclid=IwAR2hKep1NqixIm5sD-ZApHI-IRCY18UK1d86NflAN1bTBtnJP3ETvXmPlrQ 
Linke abgewählt: In Griechenland kehrt eine alte Dynastie zurück an die Macht
Linke abgewählt: In Griechenland kehrt eine alte Dynastie zurück an die Macht
Linke abgewählt: In Griechenland kehrt eine alte Dynastie zurück an die Macht

Eingestellt von Philippe Ressing um 17:31 Keine Kommentare:

Mittwoch, 29. Mai 2019

SWR-Intendantenwahl 2019: 'It's a man's world'...




Kai Gniffke nach der Wahl
Erleichterung im Saal
Als am 23. Mai 2019 gegen 13 Uhr in Stuttgart das Ergebnis des zweiten Wahlgangs für den Intendantenposten beim Südwestrundfunk (SWR) bekannt gegeben wurde, reagierten viele im Saal überrascht und erleichtert. Die Rundfunk- und Verwaltungsräte hatten im zweiten Anlauf Kai Gniffke, Chefredakteur ARD-Aktuell (Tagesschau-Tagesthemen) gewählt. Immerhin hatten noch eine Stunde zuvor im ersten Wahlgang weder Gniffke, noch Stefanie Schneider, SWR-Landessenderdirektorin in Baden-Württemberg, die dazu nötige Mehrheit erreichen können. Das Wahlverfahren der Zweiländeranstalt SWR fordert für eine erfolgreiche Wahl nicht nur die Mehrheit aller Stimmberechtigten des gesamten Rundfunk- und Verwaltungsrates. Dazu ist auch die Stimmenmehrheit der
...zuvor Kopf an Kopf Rennen
Gremienmitglieder aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz erforderlich. Diese hatte aber im ersten Wahlgang keine Bewerber erreicht, Frau Schneider hatte aus Baden-Württemberg zwar die nötige Stimmenzahl erhalten, in Rheinland-Pfalz aber weit verfehlt. Umgekehrt hatte Gniffke dort breite Zustimmung erhalten, aber nicht genug Stimmen aus Baden-Württemberg bekommen. Sichtlich konsterniert hatten sich nach dem gescheiterten Wahlgang die Gremienmitglieder zu getrennten Beratungen zurückgezogen.
Das dauerte länger als gedacht, anstatt der geplanten 30 Minuten, brauchten sie mehr als eine Stunde, bevor der zweite Wahlgang erfolgen konnte. 

Erster Wahlgang gescheitert - Konfusion
Im Saal warteten derweil die Journalisten und einige SWR-Hierarchen und Redakteure und hatten Zeit zum Spekulieren. Auffällig war, das manche nicht überrascht waren. "Ich habe mir gestern Abend auf einen Zettel geschrieben, wie votiert wird und es ist jetzt genauso eingetroffen." kommentierte einer trocken. Nicht wenige rechneten sogar, dass auch der zweite Wahlgang scheitern würde. Ein Dritter wäre dann erst in sechs Wochen möglich gewesen - so schreibt es der Staatsvertrag vor. Mancher im Saal fragte sich, ob sich Gniffke das antun, oder das Handtuch werfen würde. 


Voll besetzte Pressebänke
 
Der SWR hatte für die Intendantenwahl groß aufgefahren, so wurde die Sitzung per life-stream im Internet übertragen. Erstmals waren auf der Pressebank die Plätze per Namensschild zugeteilt - sonst erscheinen höchstens ein bis zwei Medienvertreter zu den Sitzungen. Diesmal war rund ein Dutzend Berichterstatter im Saal, dazu Kamera- und Radioteams des SWR. Das Medieninteresse hatte eine einfache Ursache, hatte es doch im Vorfeld der Wahl öffentlich Auseinandersetzungen um das Verfahren und die Kandidatenkür gegeben. Nachdem der amtierende Intendant, Peter Boudgoust, im Dezember 2018 überraschend den vorzeitigen Rückzug vom Amt angekündigt hatte, war das Kandidatenkarussel medial in Schwung gekommen. Aus dem Haus hatten sich neben Schneider weitere Bewerber gemeldet, ein Findungsausschuss der SWR-Gremien hatte aber dem
Boudgoust und Büttner schauen zu

































Rundfunk- und Verwaltungsrat nur Gniffke und Schneider zur Wahl vorgeschlagen. Dagegen protestierte ein Gremienmitglied in der Presse, er verlangte ein Anhörung auch der anderen Bewerber. Der SWR-Verwaltungsdirektor Jan Büttner hatte dann seine Kandidatur schriftlich zurückgezogen und in einem Brief, aus dem in der Tagespresse zitiert wurde, die Zustände im SWR kritisiert. Demnach sei es auch 20 Jahre nach Gründung des SWR nicht gelungen, die Konflikte zwischen den verschiedenen Standorten zu lösen. 





'Einzug der Gladiatoren'.....


Auf der öffentlichen Sitzung des Rundfunk- und Verwaltungsrates erhielten beide Kandidaten die Gelegenheit, in fünfzehminütigen Statements ihre Bewerbung zu begründen. Kai Gniffke verzichtete auf das Stehpult, nahm sich ein Mikrophon und präsentierte sich als lockerer Anchorman. Dabei geht ihm durchaus der Ruf voran, im Umgang mit Mitarbeitern oftmals den "Harten Hund" und machtbewussten Macho zu geben. Zumindest war dies in zuvor in Presseberichten kolportiert worden. So kam mir bei seinem Vortrag der Verdacht, er habe zuvor beim Frühstück viel Kreide verdrückt, denn umgehend kündigte er an, als Intendant viel mit den SWR-Mitarbeitern reden und eine "gute Veränderungskultur" im Sender erreichen zu wollen. So müsse man auch mal Mitarbeiter in den Arm nehmen können, außerdem wolle er Führungspositionen im Sender paritätisch mit Frauen besetzen. Spannend - sind doch beim SWR beide Landessender-Direktorenposten mit Frauen besetzt. Gniffke kündigte weiter an, in Baden-Baden ein programmliches Kreativ-Center einrichten zu wollen: "eine Hexenküche für neue Formate", mit dort entwickelten Fiction Formaten wolle er auch Netflix Paroli bieten können. Gleichzeitig müsse die bisherige Aufgabenverteilung im Sender und zwischen den Standorten einer Prüfung unterzogen werden. Gniffke betonte, beim SWR-Fernsehen werde künftig effizienter gearbeitet werden, um Kosten zu sparen. Sein Credo: der SWR müsse mehr mit den Menschen reden, auch mit denen "die uns weghaben wollen." 

Stefanie Schneider - öffentlich immer etwas steif und trocken - stellte sich hinter das Stehpult und referierte. Sie konzentrierte sich in ihrem Vortrag auf ihre langjährige Kompetenz und ihre Verdienste: "Ich kennen den SWR, seine Stärken, seine Schwächen, seine Untiefen". Sie betonte, der SWR erreiche täglich mit seinen Radioangeboten sieben Millionen Hörer und mit dem Dritten Fernsehen drei Millionen Zuschauer. Deshalb sei der SWR ein starker Sender "und keine Klitsche!" Auch sie möchte ein Entwicklungslabor für neue Formate einrichten und die Kompetenzverteilung zwischen den Standorten diskutieren. Künftig müssten die permanenten Abstimmungsprozesse reduziert werden, dabei dürfe aber kein Standort "unter die Räder kommen" betonte die Landessenderdirektorin. Ihr Wunsch: Mehr Querdenker im SWR, um so die verschiedenen Kulturen im Sendegebiet erreichen zu können. Schneiders Credo: "Ich möchte in den nächsten Jahren mehr über Journalismus reden im Sender!" 


In - oder auf den Arm nehmen...?!

Wer nach den Bewerbungsreden mit einer lebhaften Diskussion gerechnet hatte, wurde enttäuscht, es gab nur wenige Nachfragen. Dabei hätte es genug Themen gegeben: Sparzwang, Arbeitsverdichung, Outsourcing, heimattümelnde Programmangebote im Fernsehen, keine Moderatoren mit Migrationshintergrund beim Südwestfernsehen. Der Grund für das vermeintliche Desinteresse der Gremienmitglieder lässt sich leicht erklären. Wie in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten üblich, gibt es politisch zugeordnete  "Freundeskreise". Sie tagen immer vor den Gremiensitzungen und hier werden Themen wie Postenvergaben diskutiert. Beim SWR gibt es davon Vier: Die Schwarzen (CDU-Nah), die Roten (SPD-Nah), Lila (Frauen) und Graue (Unabhänge). Darauf angesprochen meinte ein Gremienmitglied, die Kandiaten hätten dort zuvor ihre Vorstellungen präzisiert. Für diese - nichtöffentlichen - Sitzungen, stellt der SWR Räume zur Verfügung. Schon bemerkenswert, denn diese 'Freudeskreise' sind in keinem Staatsvertrag als Gremien vorgesehen.

Was lernen wir?


Schon bezeichnend, wenn beide Kandidaten einerseits eine offenere Diskussionskultur forderten, faktisch aber alles nichtöffentlich hinter verschlossenen Türen stattfindet. Transparenz sieht anders aus. Auf Nachfrage erklärte man mir, es sei nach der Wahl keine Pressekonferenz mit dem neuen Intendanten geplant. Darauf angesprochen meinte ein Mitglied der Geschäftsführung trocken: "Fordern Sie das doch ein!" 


Äffle und Pferdle - vom  Markenzeichen zum Garderobenständer...
Andererseits: Früher wäre eine Wahl noch geräuschloser über die Bühne gegangen, eine Konfusion, wie nach dem ersten Wahlgang, hätte es nicht gegeben. Ein Grund dafür ist, dass sich die Zusammensetzung der Gremien geändert hat, der staatliche Einfluss musste, aufgrund des ZDF-Urteils des Bundesverfassungsgerichtes, reduziert werden. Zu einer offenen Gesprächskultur nach außen hat das bisher nicht geführt. 

Erneut ist beim SWR ein Mann zum Zuge gekommen. Bezeichnenderweise hatte es zuvor Medienberichte gegeben, die über ein persönliches Zerwürfniss zwischen den beiden Landessenderdirektorinnen spekuliert hatten. Ja ja, typischer Zickenkrieg also, dass lässt sich medial gut verkaufen - so arm....Nie hat man bei der Wahl von Boudgoust oder seines Vorgängers Peter Voß - bekannt für seine herrische Art - in der Presse ähnliches lesen können.

Intendant Gniffke wird es nicht einfach haben, denn die SWR-Landessenderdirektoren haben viel Macht, ihnen unterstehen die Redaktionen für die getrennten Landesprogramme (Radio SWR 1, SWR 4 - Südwestfernsehen, Landesschau, Zur Sache). Die beiden Direktorinnen dürften Gniffke schnell klarmachen, dass er seine Pläne nicht ohne Kooperation mit ihnen umsetzen kann.


Und wo bleibt das Positive? Zumindest beim Catering hatte der SWR - diesmal wenigstens - von alten Traditionen Abstand genommen. Servierte man früher neben belegten Häppchen den bekannten schwäbischen Eintopf "Gaisburger Marsch", bekamen die Gremienmitglieder diesmal nach getaner Arbeit ein Multi-Kulti-Buffet - sogar an die Veganer unter ihnen hatte man gedacht...... 


Zm Nachlesen
SWR 2019: ...time to say goodbye 
Eingestellt von Philippe Ressing um 14:35 Keine Kommentare:
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