Donnerstag, 28. Juni 2012

ARD und ZDF im Kabel: Gezahlt wird nicht



ARD und ZDF haben die Verträge mit den den großen Kabelunternehmen zum Jahresende gekündigt. Sie wollen nicht mehr für die Einspeisung ihrer Programme ins Kabel bezahlen. Damit dürften ARD und ZDF etwa 60 Millionen Euro pro Jahr einsparen. Im Gegenzug könnten die Netzbetreiber künftig deren digitale TV-Kanäle im Kabel nicht mehr weiterverbreiten. Das würde für den Tageschau.24, Eins Festival und Eins Plus sowie ZDF Kultur, ZDF Info und Neo das Aus im Kabel bedeuten. Ob es dazu kommt, bleibt abzuwarten, die Netzunternehmen setzen auf neue Verhandlungen mit den Öffentlich-Rechtlichen.

Das Fernsehveranstalter für die Kabelverbreitung an die Netzbetreiber zahlen müssen, stößt bei Öffentlich-Rechtlichen- wie Privaten seit Jahren auf Ablehnung. Die Programmveranstalter vertraten immer die Ansicht, dass Kabelfirmen ihnen vielmehr etwas für die Verbreitung zahlen müssten - ohne Programme ist das Kabel ja uninteressant. Trotz dieser Ansicht beugten sich die Programmveranstalter zähneknirschend vor einigen Jahren dem Diktat der Kabelunternehmen.

Weshalb haben ARD und ZDF jetzt diesen Schritt gewagt? Ein Grund dürfte sein, dass der Umstieg der Kabelhaushalte vom analogen zum digitalen Empfang nur schleppend vorankommt. Dagegen empfangen seit Abschaltung der analogen Satellitenverbreitung in diesem Jahr alle Satelliten-Haushalte ihre TV-Programme digital. Während die Zahl der Satellitenhaushalte zwischen 2005 und 2011 von 43,1% auf 44,7% kontinuierlich gestiegen ist, sank der Anteil der das Kabel nutzenden TV-Haushalte von 51,7% auf 50,2%. **

Eine Abschaltung der digitalen ARD- und ZDF-Programme im Kabel bekäme weniger als die Hälfte der Kabel-TV-Haushalte zu spüren. Immer noch empfangen fast 60% der Kabelhaushalte nämlich ihr Programme analog.*** Dass sie damit nur knapp 30 TV-Kanäle empfangen können, reicht ihnen anscheinend aus. ARD und ZDF könnten die Abschaltung derzeit noch verschmerzen, denn der Marktanteil bei den Zuschauern für die Digitalkanäle erreicht zusammengerechnet nur einen einstelligen Prozent-Bereich. Demnach erreichten die digitalen öffentlich-rechtlichen Programmangebote am Abend (19-23 Uhr) im ersten Halbjahr 2012 gemeinsam weniger als 1,5% Marktanteil.**** Weiterhin müssen die Kabelbetreiber die Hauptprogramme von ARD und ZDF (Das Erste, ZDF, Arte und 3 Sat, Phoenix, Kinderkanal und die jeweils örtlichen ARD-Dritte) analog wie digital verbreiten. Dies schreiben der Rundfunkstaatsvertrag und die Mediengesetze der Länder vor.

Die Netzunternehmen ihrerseits müssen sich genau überlegen, ob sie die digitalen Kanäle von ARD und ZDF sowie die meisten der beliebten Dritten der ARD einfach aus dem Kabel werfen. Manchen Kabelkunden könnte dies dazu veranlassen, zum günstigeren Satellitenempfang zu wechseln. Auch die Idee, die 60 Millionen Euro durch eine Erhöhung der Kabelgebühren von den Haushalten zu bekommen, dürfte ebenfalls schwierig sein. Schon heute bietet der Satellit deutlich mehr Programme, als das digitale Kabel - und das für deutlich weniger Geld.

*      Digitalisierungsbericht der Arbeitsgemeinschaft der Medienanstalten (ALM) 2011
**    Terrestrischer TV-Haushalte (dvbt) von 9,7% auf 11,8%, Internetempfang 3%
***  Stand 2011
**** Die Zeit Nr. 28 (5.7.2012) 
        ZDF neo: 0,6%, ZDFinfo 0,3%, ZDFkultur 0,1%, tagesschau24 0,1%, Einsfestival 0,2%, EinsPlus 0,1%

Sonntag, 24. Juni 2012

Tageszeitungen: Einnahmen sinken - Redakteure werden eingespart


Die tägliche Auflage aller deutschen Tageszeitungen ist zwischen 2000 und 2011 um über 7 Millionen auf knapp 21,4 Millionen Exemplare gesunken. Das bedeutet einen Rückgang um ein Viertel der gesamten Auflage. Dies hat auch Folgen für die Zahl der beschäftigten Redakteure und Volontäre in deutschen Zeitungsunternehmen. Waren 2000 insgesamt 15.306 Redakteure bei den Tageszeitungen tätig, sind es 2011 nur noch 12.966 (-15%). Die Zahl der Volontäre ging noch stärker von 1378 auf 1128 (-18%) zurück.

Regelmäßig untersucht Horst Röper mit seinem Formatt-Institut in Dortmund den deutschen Zeitungsmarkt und veröffentlicht die Ergebnisse in der Fachzeitschrift Mediaperpektiven.* Hauptursache der negative Entwicklung innerhalb der letzten zehn Jahre ist der anhaltende Rückgang der Werbeeinnahmen bei Tageszeitungen. Konnten die Verlage 2000 netto mehr als 6,5 Millarden Euro aus Werbung erlösen, so waren es 2011 gerade noch etwas mehr als 3,5 Milliarden Euro. 

Der Einbruch der Werbeerlöse um mehr als 46 Prozent hat die Einnahmestruktur der deutschen Tagespresse damit völlig verändert. Jahrzehnte lang finanzierten sich die Tageszeitungen in Deutschland etwa zu zwei Dritteln aus Werbeeinnahmen und nur zu einem Drittel aus dem Zeitungsverkauf. Heute muss der Leser mit seinem Abonnement oder Kauf am Kiosk mehr als die Hälfte (52%) der Erlöse finanzieren. 

Kein Wunder also, dass die Zeitungsverleger die Sparschrauben anziehen, um weiter ihre Renditen halten zu können. Dies trifft vor allem die Beschäftigten und ihre Redaktionen. Die lokalen Abo-Zeitungen sind in Deutschland vorherrschend. Deshalb treten die Verleger vor allem bei der lokalen Berichterstattung auf die Kostenbremse, was zu Lasten der journalistischen Qualität geht. Laut Formatt werden die Berichte benachbarter Lokalredaktionen vermehrt untereinander ausgetauscht, dabei spielt es keine Rolle, ob die Blätter bei konkurrierenden Verlagen erscheinen. Der Leser merkt dabei auf den ersten Blick nicht, dass die Redaktionen mit demselben Material arbeiten. Andere Verlage gehen dazu über, die Lokalteile verschiedener Zeitungen zusammen zu legen.**

Die Perspektiven sehen hinsichtlich Pressevielfalt und journalistischer Qualität nicht gut aus. So warnt Röper, eine Verbesserung der Werbeeinnahmen bei den Tageszeitungen sei nicht zu erwarten. Im Gegenteil: zunehmend verzichten Lebensmittelriesen wie Aldi, Lidl usw darauf, große Anzeigen zu schalten oder Beilagen in Tageszeitungen zu veröffentlichten. Damit besteht die Gefahr, dass die journalistische Qualität lokaler Tageszeitungen weiter sinkt. Vor ein paar Jahren  gab es in Münster den Versuch, alteingesessene Lokalredaktionen komplett durch Billig-Journalisten einer eigens dafür gegründeten Leihfirma zu ersetzen.***



* Media Perspektiven, Heft 5/2012, S 268-285
** Beispiel: Nürnberger Nachrichten-Nürnberger Zeitung, Kölner Stadtanzeiger-Kölnischer Rundschau.
*** http://mmm.verdi.de/archiv/2006/12/print/teilen_und_herrschen_nach_gutsherrenart
http://mmm.verdi.de/archiv/2008/01-02/titelthema_tarifflucht/leiharbeit_legal_missbraucht