Sonntag, 24. Juni 2012

Tageszeitungen: Einnahmen sinken - Redakteure werden eingespart


Die tägliche Auflage aller deutschen Tageszeitungen ist zwischen 2000 und 2011 um über 7 Millionen auf knapp 21,4 Millionen Exemplare gesunken. Das bedeutet einen Rückgang um ein Viertel der gesamten Auflage. Dies hat auch Folgen für die Zahl der beschäftigten Redakteure und Volontäre in deutschen Zeitungsunternehmen. Waren 2000 insgesamt 15.306 Redakteure bei den Tageszeitungen tätig, sind es 2011 nur noch 12.966 (-15%). Die Zahl der Volontäre ging noch stärker von 1378 auf 1128 (-18%) zurück.

Regelmäßig untersucht Horst Röper mit seinem Formatt-Institut in Dortmund den deutschen Zeitungsmarkt und veröffentlicht die Ergebnisse in der Fachzeitschrift Mediaperpektiven.* Hauptursache der negative Entwicklung innerhalb der letzten zehn Jahre ist der anhaltende Rückgang der Werbeeinnahmen bei Tageszeitungen. Konnten die Verlage 2000 netto mehr als 6,5 Millarden Euro aus Werbung erlösen, so waren es 2011 gerade noch etwas mehr als 3,5 Milliarden Euro. 

Der Einbruch der Werbeerlöse um mehr als 46 Prozent hat die Einnahmestruktur der deutschen Tagespresse damit völlig verändert. Jahrzehnte lang finanzierten sich die Tageszeitungen in Deutschland etwa zu zwei Dritteln aus Werbeeinnahmen und nur zu einem Drittel aus dem Zeitungsverkauf. Heute muss der Leser mit seinem Abonnement oder Kauf am Kiosk mehr als die Hälfte (52%) der Erlöse finanzieren. 

Kein Wunder also, dass die Zeitungsverleger die Sparschrauben anziehen, um weiter ihre Renditen halten zu können. Dies trifft vor allem die Beschäftigten und ihre Redaktionen. Die lokalen Abo-Zeitungen sind in Deutschland vorherrschend. Deshalb treten die Verleger vor allem bei der lokalen Berichterstattung auf die Kostenbremse, was zu Lasten der journalistischen Qualität geht. Laut Formatt werden die Berichte benachbarter Lokalredaktionen vermehrt untereinander ausgetauscht, dabei spielt es keine Rolle, ob die Blätter bei konkurrierenden Verlagen erscheinen. Der Leser merkt dabei auf den ersten Blick nicht, dass die Redaktionen mit demselben Material arbeiten. Andere Verlage gehen dazu über, die Lokalteile verschiedener Zeitungen zusammen zu legen.**

Die Perspektiven sehen hinsichtlich Pressevielfalt und journalistischer Qualität nicht gut aus. So warnt Röper, eine Verbesserung der Werbeeinnahmen bei den Tageszeitungen sei nicht zu erwarten. Im Gegenteil: zunehmend verzichten Lebensmittelriesen wie Aldi, Lidl usw darauf, große Anzeigen zu schalten oder Beilagen in Tageszeitungen zu veröffentlichten. Damit besteht die Gefahr, dass die journalistische Qualität lokaler Tageszeitungen weiter sinkt. Vor ein paar Jahren  gab es in Münster den Versuch, alteingesessene Lokalredaktionen komplett durch Billig-Journalisten einer eigens dafür gegründeten Leihfirma zu ersetzen.***



* Media Perspektiven, Heft 5/2012, S 268-285
** Beispiel: Nürnberger Nachrichten-Nürnberger Zeitung, Kölner Stadtanzeiger-Kölnischer Rundschau.
*** http://mmm.verdi.de/archiv/2006/12/print/teilen_und_herrschen_nach_gutsherrenart
http://mmm.verdi.de/archiv/2008/01-02/titelthema_tarifflucht/leiharbeit_legal_missbraucht

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen