Donnerstag, 1. September 2016

ARD Thementag Digitalradio - PR-Veranstaltung - kein Journalismus


Selbstlob ist doch immer das schönste Lob - vor allem, weil es ohne Kritik auskommt. Da veranstaltet die ARD am 29. August 2016 den "Thementag Digitalradio". Wer umfassende Information erwartete, wurde enttäuscht. Es ging nur darum, für die Digitalradiotechnik DAB+ zu trommeln. In den 60 ARD-Radioprogrammen und im Fernsehen wurde an diesem Tag die PR-Keule für DAB+ geschwungen. Dafür habe man "Verantwortliche aus Politik, Medien sowie der Automobilindustrie zu Wort kommen" lassen, teilte einen Tag später die ARD-Pressestelle dazu mit. Die ARD-Vorsitzende und Intendantin des Mitteldeutschen Rundfunks, Karola Wille, formulierte das Ziel der Aktion: "Die Eindeutige Botschaft des Digitalradiotags war: Die Zukunft des Radios ist digital - und DAB+ bedeutet mehr Radio." Kritik - Interessen - Akzeptanz? Kein Thema!

Die Rheinland-Pfälzische SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer forderte, alle Gerätehersteller müssten verpflichtet werden, ihre Radiogeräte auch für den DAB+Empfang auszurüsten. Damit fand sie natürlich das volle Lob des Vorsitzenden der Direktorenkonferenz der  Landesmedienanstalten (DLM), Siegfried Schneider. Deutlich vorsichtig äußerte er sich in einer Pressemitteilung der DLM über die immer wieder geforderte Zwangsabschaltung der analogen UKW-Verbreitung durch einen politischen Beschluss. 

Herr Schneider als Präsident der Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien (BLM) ist für das Wohlergehen der Kommerzradios im Freistaat zuständig. Und die sind nämlich - nicht nur in Bayern - kaum erpicht auf Konkurrenz durch zusätzliche DAB+ Programme. Das kostet Hörer und damit vor allem Werbeeinnahmen. Und an den immensen Kosten für DAB+ wollen sie sich schon gar nicht beteiligen. Die für die Festsetzung der Rundfunkgebühren verantwortliche Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF), rechnet für einen Umstieg von UKW auf DAB+ bis 2025 mit Kosten von 585 Millionen Euro. Bezahlen sollen das die Haushalte mit ihrer Rundfunkabgabe, dabei zeigen sie bisher kaum Interesse am digitalen DAB+Radio. In bundesdeutschen Haushalten stehen gerade einmal 6,4 Millionen Digitalradios - aber 144 Millionen UKW-Empfänger. Und die Nutzung der Programmvielfalt? Die täglich vom Durchschnittshörer eingeschalteten Programme lassen sich an einer Hand abzählen. Eigentlich gibt es nur einen Profiteur - die Rundfunkanstalten selber. Sie hoffen, mit der neuen Technik die Kosten für die UKW-Sender deutlich senken zu können.

Damit verfolgt auch die ARD ziemlich eigennützige Interesse beim digitalen Radio. Aber das Thema wurde beim "Thementag Digitalradio" kaum behandelt. So wurde beim Kulturradio SWR-2 in einem Interview über die internationale Begeisterung für DAB+ schwadroniert. Im hochgelobten DAB+ Land Großbritannien wurde der Abschalttermin für UKW mittlerweile auf 'Unbekannt' verschoben - die erforderliche Nutzungszeit für DAB+ von 50% konnte bisher nicht erreicht werden. In Schweden und den Niederlanden wurde die Abschaltung von UKW sogar aufgegeben.

Es ist schon mehr als bedenklich, wenn eine der Information verpflichtete Institution wie der ARD, ihr Programm zur Propaganda benutzt. Hätte man die Beiträge mit einem Jingle als Werbung gekennzeichnet, wäre das OK gewesen. Dieser "Thementag Digitalradio" widerprach für mich jedenfalls journalistischen Prinzipien. 

https://medienfresser.blogspot.de/2016/07/digitalradio-wird-dab-vom-internet.html