Dienstag, 24. März 2015

SWR-Image: 'Piep, piep, piep - Sie ham' uns alle lieb!'


Dem Rundfunkrat des Südwestrundfunks (SWR) wurden am 20. März in Stuttgart die Ergebnisse einer hausinternen Studie über das öffentliche Image des Senders präsentiert. Dr. Walter Klingler, Chef der SWR-Medienforschung referierte den Gremienmitgliedern die Ergebnisse einer repräsentativen Befragung von rund 900 Einwohnern in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.



Margit Rupp (2.v.l.) neben Intendant Peter Boudgoust
Für die stellvertretende Vorsitzende des Rundfunkrats, Margit Rupp war danach klar: "Die hohe Akzeptanz zeigt, dass die Zuschauer, Hörer und Nutzer den SWR als verlässlichen medialen Partner in einer sich ständig wandelnden Gesellschaft schätzen." *

Laut Befragung nutzen 89% der Bevölkerung über 14 Jahre ein Programmangebot des SWR**. Allerdings erreicht man mit 83% weniger Zuspruch bei Jüngeren (14-29). Dagegen schalten 95% aller Befragten über 65 die SWR-Programme ein. Hauptsächlich trägt dazu das Radioangebot bei, das über 80% aller Befragten nutzen. Mit insgesamt sechs formatierten Radiowellen (SWR 1, SWR 2, SWR 3, SWR 4, Das Ding, Inforadio***) gelingt es leichter, als mit dem einheitlichen SWR-Fernsehen, die Menschen im Sendegebiet zu erreichen.

Demgegenüber kommt das Dritte SWR-Fernsehen nur auf eine Reichweite von 55% bei allen Befragten, es wird also nur von gut der Hälfte eingeschaltet. Bei Jüngeren werden sogar nur knapp ein Fünftel erreicht, während die 50-64-Jährigen mit 87% die treuesten Zuschauer stellen. Alarmieren muss den SWR, dass 17% der Jüngeren überhaupt kein SWR-Medienangebot nutzen. Bei allen Befragten sind es immerhin 11%, die nicht vom SWR erreicht werden


Wie beurteilen die Menschen den SWR?

Auf fast die Hälfte der Befragten macht das 'Unternehmen' SWR "den Eindruck einer Behörde" die "unbeweglich" erscheint. Gleichzeitig sind aber drei Viertel der Ansicht, der SWR biete "die besten Informationen". Bei den 14-29-Jährigen stimmt dem aber nur etwa die Hälfte zu. Das der SWR das beste Programm anbietet, meinen rund 60% aller Befragten, jedoch nur etwa ein Drittel der Jüngeren. "Für mich unverzichtbar" ist der SWR zwar für gut 70% aller Befragten, aber nur ein Drittel der Jüngeren teilt diese Ansicht. Sie halten den SWR auch für deutlich weniger modern, dynamisch, innovativ, unabhängig und mutig.  


Vertrauen: SWR liegt vor der Post

Der SWR hat auch erfragt, welchen Institutionen die Bürger in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz am meisten vertrauen. Erstaunlicherweise findet sich auf Platz Eins das ZDF (86%), gefolgt vom SWR (85%) und der Deutschen Post (83). Ganz unten rangieren dagegen facebook (34%), Apple (46%) und die Parteien (51%) Auch bei den Sympathiewerten liegen ZDF und SWR an der Tabellenspitze, gefolgt von der Stiftung Warentest und der Verbraucherzentrale. Auf den 'Abstiegsplätzen' stehen wieder facebook, apple und die Parteien. Fragt man, wie wichtig die Institution sind, steht die Post auf Platz Eins, gefolgt von der Polizei und den Behörden vor Ort, erst danach folgen ZDF und SWR. Schlusslichter sind erneut facebook und apple, auf dem 'Relegationsplatz' steht der kommerzielle Privatsender RTL, während sich die Parteien im gesicherten Mittelfeld finden.



SWR: 'Du darfst so bleiben, wie Du bist?'

Dem Rundfunkrat scheint´s zu genügen
Das Fazit der Medienforscher lautet: "Der SWR ist nach wie vor in der Bevölkerung (...) erkennbar positiv verankert - gute Basis für weitere Schritte, beispielsweise auch in Richtung der jüngeren Generation"  

Die Reform der TV-Landesschau für Baden-Württemberg hat dazu geführt, dass im  Magazin fast nur noch launige Berichte aus der Heimat und entsprechende Studiogäste  präsentiert werden. Beim Hörfunk beherrschen Dampfplauderer die populären Werbewellen (SWR 1, SWR 3, SWR 4). Die Verantwortlichen schielen nur noch nach  Marktanteilen. Lustig, dass immer noch das Märchen von den unterschiedlichen Programminteressen der verschiedenen Altersgruppen erzählt wird. Dabei weiß es die SWR-Medienforschung besser. Soziale- und kulturelle Unterschiede sind wichtigere Kriterien für Programmnutzung als das Alter. Ich bin über 60, mein Geschmack reicht von Jethro Tull bis Schostakowitsch, 'The big bang theorie' bis zur 'ARTE-Doku'. Regionales interessiert mich schon, nicht aber eine "TV-Wärmestube" für Baden-Württemberg-Klischees, deren Moderatoren mich wie Verkäufer auf Kaffefahrten behandeln. 





* SWR-Pressemitteilung vom 20.03.2015
** Weitester Nutzerkreis, damit sind alle gemeint, die innerhalb von 14 Tagen ein SWR-Programmangebot einschalten
*** Zwei Wellen sind im gesamten Sendegebiet, zwei jeweils landesweit und zwei nur in bestimmten Gebieten empfangbar.)

Donnerstag, 19. März 2015

Griechenland: Aufklärung statt 'Stinkefinger'-Demagogie



Allüberall in deutschen Medien und an den Stamtischen debattiert man darüber, ob der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis den ‚Effenberg’ gemacht hat, oder nicht. Das durchschaubare Manöver dient vor allem dazu, von Ursachen und Hintergründen der Krise in Griechenland und in Europa abzulenken. Wer es dagegen versucht, mit Argumenten und Analysen aufzuklären, hat es schwer – erst recht, wenn er Grieche ist.

Professor Dr. Athanasios Marvakis
Diesen Versuch unternahm Athanasios Marvakis, Psychologieprofessor an der Universität Thessaloniki am 12. März in Ludwigsburg. Marvakis ist einer vielen Grecco-Schwaben, aus einer Griechischen Familie stammend aber im Schwäbischen aufgewachsen, promovierte er in Tübingen. In Thessaloniki engagiert er sich, neben seiner Lehrtätigkeit, in der Flüchtlingsarbeit.

Für Marvakis ist der Wahlsieg von Syriza bei den Parlamentswahlen nicht nur für Griechenland sondern für ganz Europa wichtig. Erstmals setze eine Regierung dem realpolitischen Dogma: ‚Es gibt keine Alternative’ etwas entgegent. „Durch den Sieg von Syriza kommen die politischen Probleme Europas endlich auf den Tisch“, hofft der Proffessor. Der von Oben erklärte  Klassenkampf zeige sich mittlerweile übergreifend in aller Brutalität und voller Zynismus. In Griechenland  könne das Signal geben: "Es gibt eine Alternative zur neoliberalen Politik in Europa"

Marvakis warnte vor den begrenzten Möglichkeiten der neuen Regierung: „Es ist mehr als naiv zu glauben, dass der Kampf um ein anderes Europa in Griechenland und von dieser Regierung ausgefochten werden kann.“  Bestenfalls eröffne der Sieg von Syriza die Chance für einen politische Debatte mit dem Ziel, die Öffentliche Meinung in Europa für eine neue Form sozialdemokratischer Politik zu gewinnen. Revolutionären Hoffnungen und Barrikadenromantik erteilt er eine Absage. Die Griechen seien stockkonservatv und das Wahlprogramm von Syriza sei auf minimale Ziele ausgerichtet: "Aber das wäre schon viel!"


Thessaloniki - Promenade
Der Professor kennt seine Landsleute. Die Hafenstadt Thessaloniki, nach Athen größte Stadt Griechenlands, ist das Industriezentrum. Die Einwohner gelten als sehr Konservativ, trotzdem wählte man hier 2012 mit Yannis Boutaris einen progressiven Bürgermeister. Er war so erfolgreich, dass er im letzten Jahr mit großer Mehrheit wiedergewählt wurde. 

Marvakis kritisiert auch den bei seinen Landsleuten weit verbreiteten Nationalismus. Dieser Chauvinismus im Alltag erkläre, warum seine Landsleute die eigene wirtschaftliche Talfahrt nie im Zusammenhang mit der Entwicklung der letzten Jahre auf dem Balkan gesehen hätten: „Da läuft diese Krise seit 20 Jahren, nur die Griechen haben sich kaum dafür interessiert.“ Voll Selbstüberheblichkeit seien viele der Ansicht gewesen: ‚Wir sind doch nicht mit den faulen Bulgaren, Mazedoniern oder Albanern vergleichbar!’


 

Syriza-Büro: Insel Chios (2)
Er warnt vor der Annahme, nach den Wahlen sei die griechische Bevölkerung nach Links gerutscht. „Die Griechen sind ihn ihrer Mehrheit weiterhin sehr konservativ und rückwärtsgewandt.“ Der Wahlsieg von Syriza erkläre sich vor allem daraus, dass die Altparteien PASOK (Sozialisten) und Nea Demokratia (Konservative) ihre Wählerschaft verprellt hätten. Insgesamt sei die Bindung der Griechen an Parteien deutlich gesunken. „Die Wähler haben Syriza jetzt einen Blankoscheck ausgestellt mit dem Auftrag: ‚macht etwas anderes!’ Viele Wähler hätten bei Syriza ihr Kreuz aus „Notwehr“ gemacht und nicht aus Überzeugung. 

Positiv sei, dass sich aktuell die Stimmungslage in Griechenland geändert habe. Die Zeit der totalen Niedergeschlagenheit sei vorbei, das Interesse an Politik und politischen Informationen sei deutlich gewachsen. „Die Leute haben das Gefühl: Es ist eine andere Politik möglich.“ Derzeit stünden etwa 80% der Wähler hinter der Regierung, egal aus welchem politischen Lager. 

Die Reaktionen aus dem Ausland über das Wahlergebnis Erbittere viele Griechen, werde als versuchte Kolonialisierung empfunden. Dies könnte aufgrund des latenten Nationalismus – den es auch innerhalb der Linken gebe – noch ein Problem werden. Es sei ein Glücksfall gewesen, dass die Mehrheit Links gewählt habe. Es besteht für Marvakis die Gefahr, dass sie sich bei einem Misserfolg von Syriza hin zur Nazi-Partei Chryssi Avghi (Neue Morgenröte) wenden könnte. Sie sei immerhin drittstärkste Fraktion im Parlament - obwohl ihre Führung im Gefängnis sitzen würde. Die CA propagiere puren Rassismus: Seid Stolz darauf, wie wir in den letzten 20 Jahren mit den Immigranten umgegangen sind! Deshalb warnt Marvakis: „Die Nazis ernten dass, was andere jahrelang gesät haben.“ Rassistische und chauvinistische Töne hatten schon frühere Regierungen in Athen benutzt, wenn es darum ging, von eigenen Fehlern abzulenken.

Der Universitätsprofessor aus Thessaloniki beobachtet die Regierungskoalition zwischen Syriza und der rechtspopulistischen Partei ANEL (Unabhängige Griechen) mit Unbehagen. Man müsse genau auf eine Zunahme rechter Tendenzen in der Bevölkerung achten und dies sei die Aufgabe der griechischen Linken. Das in der deutschen Öffentlichkeit die rassistischen Ausfälle von ANEL-Politikern kritisch registriert würden, kommentierte Marvakis sarkastisch. Viele ANEL-Leute, wie der Vorsitzende und jetzige Verteidigungsminister, Pannos Kammenos, kämen schließlich aus der Nea Demokratia. Zu Zeiten der ND-Regierung von Antonis Samaras habe es aus ihren Reihen immer wieder üble Polemiken gegeben: „Die deutsche Schwesterpartei CDU hat nie dagegen protestiert!“  

Realpolitisch kann Marvakis den Deal zwischen der Führung von Syriza und ANEL nachvollziehen. Dieser Schritt habe es ermöglicht, bereits am Tag nach der Wahl eine handlungsfähige Regierung zu bilden. Damit habe man die Politiker in Europa überrascht, diese hätten langwierigen Koalitionsverhandlungen und eine damit nicht handlungsunfähige Regierung erwartet. 

Worauf setzt Marvakis seine Hoffnungen für Griechenland und Europa? „Alles muss und wird politisch in Bewegung kommen. Bewegt sich aber in Europa nichts, bewegt sich auch in Griechenland nichts.“ und "Wenn die deutsche Tageszeitung ‚Die Welt’ schreibt: ‚Die Troika ist eine Katastrophe für Europa’ dann freue ich mich!“  


Sonntag, 15. März 2015

ZDF: "The Team" - Tummelplatz für Schleichwerbung?


Am 8.März hat das ZDF mit der Ausstrahlung ihrer internationalen Krimiproduktion "The Team" begonnen. An vier Sonntagen ermittelt ab 22 Uhr ein Polizeiteam aus Dänemark, Belgien und Deutschland in einem Mordfall an vier Prostituierten. Federführend verantwortet für das ZDF die Produktionsfirma Network Movie in Köln die Serie. Als Besonderheit gibt es die Folgen im Internet in Originalfassung mit deutschen Untertiteln zu sehen. 

Die Ermittler von "The Team" Foto: ZDF Mathias Botor (m)

Die erste Doppelfolge war nur mäßig spannend, da hatte der aufwändig produzierte
Trailer deutlich mehr versprochen. Das ZDF versucht hier an die Erfolge der skandinavischen Serien "Die Brücke - Transit in den Tod"; "Komissarin Lund-Das Verbrechen"; "Der Adler" oder "GSI Spezialeinheit Göteborg" anzuknüpfen, was aber bisher nicht gelingt. Der Plot und die Charaktere der ersten Doppelfolge sind zäh und damit langweilig. Irgendwie ist ein 'Bastard' zwischen "Bella Block" und  ARD-Tatort herausgekommen, betulich und platt. Anscheinend könne sie es nicht in Deutschland *.  Beim Casting haben die Verantwortlichen anscheinend alle gute Geister verlassen. Sunnyie Melles zum x-ten mal wieder als hysterische Knallcharge. Ich will nicht beleidigen, aber diese Schauspielerin bietet seit Jahren nur Variationen zu diesem Thema.
Sunnyie Melles, Foto: ZDF Frederic Batier
Zusammengefasst: Die erste Folge von "The Team" erinnert an die früheren Versuche internationaler TV-Krimi-Koproduktionen öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, einst auch als "Europudding" geschmäht.


Den Verantwortlichen in Mainz scheint´s egal zu sein. Laut ZDF-Pressesprecherin haben mehr als 3,9 Millionen Zuschauer (19,8% Marktanteil) die erste Doppelfolge gesehen.
  

Versteckte Werbung nervt auf dem Schirm


Wenn mich etwas in "The Team" aufregte, dann die penetrante visuelle Präsentation von Produkt-Logos. Da diskutieren die Kommissare per Videokonferenz und auf ihren aufgeklappten Laptops sind prominent die Logos von HP und Vaio zu sehen. Als der dänische Kommissar nach Österreich fliegen muss, landet deutlich sichtbar eine Maschine der "Austrian Airlines". Auf dem Flughafen telefoniert der Komissar, während im Hintergrund deutlich sichtbar ein Flieger mit  „Air Berlin“ Logo herumfurwerkt. Audi darf seine vier Ringe frontal ins Bild fahren. Am ulkigsten ist die Fahrt der Kommissare durch eine verschneite Berglandschaft in Österreich. An einer Brücke steht inmittem der Einsamkeit ein riesiges Schild: „Willkommen im Grossartal“. Damit es auch der verschlafenste Zuschauer mitbekommt, wird dieEinstellung nochmal gezeigt.


Für mich 'stinkt' das allerdings nach Schleichwerbung oder Product Placement. Aber bei Network Movie in Köln betont Produzent Andi Wecker auf Nachfrage am 10. März, es gebe keine Verträge über Product Placement oder Sponsoring für "The Team". Dies habe man auch gegenüber den internationalen Partnern der Koproduktion klargestellt. Da hat dann wohl doch jemand nicht genau aufgepasst? Wecker räumt ein, dass in einzelnen Szenegezeigte Logos später nicht entfernt wurden. Dies sei technisch aufwändig und damit zu teuer gewesen, betont der sparsame Produzent in Köln. Zum Straßenschild meinte er, "The Team" habe Unterstützung aus Österreich erhalten, als 'Gegenleistung' habe man dafür dort gedreht. 
 
Der für die Krimiserien am Sonntag Abend zuständige ZDF-Redakteur, Wolfgang Feindt, gab sich problembewusst. Am 13. März betonte er in einem Telefonat, man habe sich den Rohschnitt der Serie deshalb genau angesehen: "Wir sind da ganz sauber!" Das Werbeschild an der Brücke in Österreich stehe dort wirklich und sei nicht extra für den Film aufgebaut worden. 

Die Deutlichkeit, mit der die Network Movie und das ZDF hier jede Form von Product Placement verneinen, dürfte auch einen rechtlichen Grund haben. Der § 15 des Rundfunkstaatsvertrages erlaubt zwar ARD und ZDF Kinofilme, Serien, Sportsendungen und leichte Unterhaltung mit Product Placement zu zeigen. Aber das gilt nicht für Sendungen, die die Rundfunkanstalt selber oder ein Tochterunternehmen produziert haben. Die 1998 gegründete Network Movie GmbH & Co KG ist eine 100% Tochter der ZDF-Enterprises. Die 1993 gegründete ZDF Enterprises gehört wiederum zu 100% dem ZDF. Ihre Aufgabe ist die Produktion und der internationale Verkauf von ZDF-Fernsehsendungen.

Meine beiden Gesprächspartner reagierten am Telefon etwas überrascht auf den Hinweis zu der Einschränkung in § 15 Rundfunkstaatsvertrags. Also habe ich eine Anfrage an das Justitiariat des ZDF geschickt - mal abwarten, wann ich welche Antwort erhalte? 


18. März, fünf Tage nach meiner Mail an das ZDF-Justitiariat. Ich rufe in Mainz an und lasse mich mit zur Rechtsabteilung durchstellen. Dort verbindet man mich mit dem für dieses Thema zuständigen Mitarbeiter. Zuerst fragt er, wer ich eigentlich sei - ich verweise auf meinen Blog. Ihm lag meine Mail vor. Dann belehrt er mich, wenn ich eine Beschwerde habe, solle ich mich an den Fernsehrat wenden. Aber es gehe mir nur um die Information bezüglich der Überwachung der Tochterunternehmen des ZDF bei möglichem Product Placement, wende ich ein. Jetzt wird es hitzig zwischen uns. Er 'bürstet mich ab': "Ich kann nicht den ganzen Tag so etwas beantworten". Er habe schließlich anderes zu tun, müsse seine Arbeit erledigen. Außerdem sei meine Nachfrage auch nicht wichtig genug. 

Barsch werde ich darauf hingewisen, ich hätte mich zuerst an die Pressestelle wenden sollen. Abschließend betont der Herr knapp: Natürlich halte sich das ZDF an alle rechtlichen Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrages.

"Heute-Show": Übernehmen Sie!


In meiner fast dreißigjährigen Praxis als Medienjournalist habe ich so etwas noch nicht erlebt!


Nachtrag 16. März 2015

 

Und wie war die zweite Doppelfolge am 15. März? Tja das aufdringliche Vaio-Logo auf dem Notebook der Kopenhagener Computerspezialistin wurde überklebt. Also alles im 'grünen Bereich'? Mitnichten! Nach dem Mord an einem Zuhälter und seiner Stieftochter in Berlin, muss sich der Killer neue Klamotten kaufen - er hatte sich danach auf seine Hose gekotzt.
Also geht er flugs in eine Nobelboutiqe der SØR-Kette, das Geschäft wird schön in Großeinstellung präsentiert. 

Da die Pressestelle mitteilt, dass screenshots der Serie nicht gezeigt werden dürfen, habe ich hier ein Foto der SØR Filiale in Stuttgart eingefügt. Ähnlich prominent erscheint das Geschäft der Kette in Berlin in "The Team" .** 

Als der Kommissar in Antwerpen im "Ramada Plaza Hotel"  absteigt, werden Eingang und Logo samt roter Leuchtschrift am Hotel prominent  ins Bild gesetzt.

Tja und der Plot? Auch die zweite Folge läuft zäh und langatmig - man muss sich als Zuschauer durch die 110 Minuten quälen. Die Darstellung der privaten Probleme der Ermittler wirkt holzig und oberflächlich. Der Däne hatte was mit der Deutschen, deren Tochter von ihm ist, was wiederum ihr Mann anscheinend nicht weiß. Und die Kommissarin aus Antwerpen hat eine alkoholkranke Mutter, vor der sie sich Ekelt. Irgendwie hatten die Autoren kein wirkliches Interesse an der  Entwicklungsfähigkeit ihrer Figuren. Kameraführung, Regie und Schnitt sind so modern wie bei den "Rosenheim-Cops".    

Die zweite Doppelfolge sahen 3,28 Millionen Zuschauer (15,4% Marktanteil), ein Minus von über 600 000 (-4,4 Prozentpunkte) gegenüber der ersten Folge.

Nachtrag 23. März 2015

 

Mit den Zuschauerzahlen der dritten Folge, konnte das ZDF wohl zufrieden sein, mit 3,6 Millionen (17,1% Marktanteil) hatte man das Minus der vorigen Woche fast ausgleichen können. Darüber gefreut haben dürften sich vor allem Edeka und das Berliner Kaufhaus des Westens (KaDeWe). Gleich zu Beginn wird die Berliner Kommissarin im Aufzug des KaDeWe angeschossen, auf dem Boden liegend, entlehrt sie ihre Tasche und der Zuschauer sieht eine Packung Papiertaschentücher der Edeka-Billigmarke "Supersoft". Damit das auch jeder merkt, wird sie in drei Einstellungen gezeigt. Derweilen hetzt der Killer die Treppe hinauf, um der Kommissarin den 'Fangschuss' zu geben. Aber kurz bevor sich die Tür des Lifts öffnet, erscheint eine Mutter mit Kind und irritiert den Killer. Sie stellt dabei die große Einkaufstüte mit dem KaDeWe Logo so vor sich und das Kind, dass jeder den Schriftzug lesen kann. Auch diese Szene wird in drei Einstellungen gezeigt.

Das Berliner Luxus-Hotel, "Westin Grand" (Übernachtung bis 1229 €), darf auch noch mit Eingang und Leuchtschrift prominent ins Bild, als der dänische Kommissar dort absteigt. Die Hotelkette rühmt sich auf ihrer Homepage diverser Film- und Fernsehproduktionen, die dort gedreht wurden. Darunter ARD-Tatorte und die ZDF-Serie "Der Kriminalist". http://assets.westingrandberlin.com/lps/assets/u/WestinGrandBerlin_Filmproduktionen2.pdf

Eigentlich sind das nur 'Peanuts' im Vergleich damit, wie haarsträubend sich die Geschichte entwickelt. Da gerät der eifersüchtige Mann der Kommissarin ins Visier der Ermittlungen, sein Handy war in der Nähe ortbar und er verstand Russisch. Das macht ihn zum Verdächtigen, da die verängstigte Mutter im KaDeWe den Killer auf Russisch um Gnade gebeten hatte. Später stellt sich dann heraus, der schwule und dazu noch adelige Schwiegersohn in Spe des Chefkriminellen hat den Anschlag begangen. Wieso aber das Handy des Ehemanns am KaDeWe eingeloggt war, der Adelssproß an eine Pistole samt Schalldämpfer kam oder er Russisch verstand, das interessiert die Autoren nicht.

Mafioso 'Loukauskis', Foto ZDF-Frederic Batier
Mit den privaten Problemen der Ermittler beschäftigt sich die Serie immer dann, wenn anscheinend überzählige Sendezeit zu füllen ist. Da bekommt die dänische Computer-Fachfrau einen prügelnden Freund zugteilt und Frau Melles darf die Zuschauer auch noch mit ihren Sangeskünsten beeindrucken. 

Völlig deplaziert wirkt der gesamte Serien-Part aus Antwerpen - ein Fremdkörper in "The Team". Die Figuren der korrupten Staatsanwältin wie des psycholgisch traumatisierten Journalisten, der die ganze Affaire um die ermordeten Prostituierten eigentlich losgetreten hatte, werden schablonenhaft 'abgewickelt'.

Und ganz zum Schluss der Dritten Folge ruft die dänische Computer-Ermittlerin zur Selbstjustiz auf: "Wir müssen dafür sorgen, dass Leute wie Loukauskis von dieser Welt verschwinden."  

Nachtrag 30. März 2015

 

"Das war's" sagt jemand am Ende des Vierteilers und der Zuschauer atmet auf, es hinter sich zu haben. Langatmig, konfus und streckenweise Langweilig. Eine krude Story, für die Herbert Reinecker höchstens eine 60-Minuten Folge im "Kommissar" oder "Derrick" geopfert hätte.

Die Auflösung ist grotesk, da entwirft man zuvor ein großes Szenario von Menschenhandel und organisierter Kriminalität und am Schluss bleibt nur ein triviales Familiendrama übrig. Der Übeltäter wird im Kellerloch gefasst, wie einst Saddam Hussein. Die hysterische Mutter (Melles) mordete dessen Ex, da sie für den Tod ihrer Tochter verantwortlich war. Und durch diese verwirrende Szenerie stolperten 440 Minuten lang die Ermittler aus Kopenhagen, Antwerpen und Berlin.

Ich habe selten eine derart unausgegorene Geschichte gesehen. Die Autoren hatten weder Interesse an der Entwicklung der Geschichte, noch an den Figuren. Da entpuppt sich die belgische Staatsanwältin als Betrügerin ohne jegliche juristische Qualifikation. Wie konnte sie im Justizsystem ohne Universitätsabschluss aufsteigen? Null Erklärung, die Enthüllung dient nur als Begründung für ihre Erpressbarkeit durch den Mafioso. Nebenbei erfährt der Zuschauer, dass dieser einen Spitzel in der deutschen Ermittlungsgruppe hat. Wer das war? Fehlanzeige. Und dann auch noch die Kitsch-Sex Szene zwischen dem 'süßen' undercover Bullen und der Gangstertochter. Bonnie ohne Kleid... Sie lieben sich im Sonnenlicht auf einer wogenden Wiese vor dem Panorama eines österreichischen Bergsees. Aua!

Und Schleichwerbung? In der letzten Doppelfolge hielt man sich da sehr zurück, nur das Berliner "Savoy-Hotel" durfte seinen Eingang samt Logo ins Bild rücken. Der Steuerzahler fragt sich, wieso die Ermittler nur in teuren Etablissements absteigen dürfen...  


Sei`s drum. Beim ZDF war man schon zu Beginn gut gelaunt. Programmdirektor Norbert Himmler: "Es macht mich ein bisschen stolz, dass wir mit "The Team" zeigen können, dass im sogenannten "Goldenen Zeitalter der TV-Serie" innovative Akzente auch aus Deutschland gesetzt werden." Zufrieden ist man beim ZDF wohl auch deshalb, weil die Serie neben den öffentlich-rechtlichen Sendern in Dänemark und Belgien auch nach Schweden und in die Schweiz verkauft wurde.

Die Zuschauer hatten an der letzten Folge geringeres Interesse, als am Anfang: 3,11 Millionen (13,3%) schalteten ein - der schlechteste Wert der vier Folgen. Online kam "The Team" auf durchschnittlich etwa 200 000 Abrufe, eingerechnet die Aufrufe der in Originalton mit deutschen Untertiteln abrufbaren Folgen in der ZDF-Mediathek.  

Wie man's besser macht


Es mag ja sein, dass bei "The Team" hinsichtlich Schleichwerbung oder Product Placement alles legal zugegangen ist. Die massive Präsenz von Produkt-Logos stört mich aber als Zuschauer immens. Umso mehr, nachdem ich die zweite Staffel der dänischen Politserie "Borgen - Gefährliche Seilschaften" bei ARTE angeschaut habe. In dieser hochgelobten Serie über 30 Folgen, werden die 'Palastintrigen' um eine fiktive Premierministerin in Kopenhagen gezeigt. Hier fand ich keine entsprechend auffälligen Produktplazierungen wie bei "The Team". Oder sind sie mir entgangen, weil die Geschichten einfach spannender und fesselnder sind?

Diese Serie ist ein gutes Beispiel dafür, dass auch kleine Rundfunkanstalten, wie der Dänische Rundfunk (DR) spannende Unterhaltung produzieren kann. Eigentlich ein Kammerspiel um Politik und Macht, zwischen Hamlet und Macbeth angesiedelt, überzeugen Plot wie Charaktere. Hier zeigt das kleine dänische öffentlich-rechtliche Fernsehen dem Giganten in Mainz, wie man ganz ohne 'Europudding' europäisches Fernsehen macht!



*Ausnahmen wie "Kriminaldauerdienst" oder der Tatort aus Dortmund bestätigen die Regel... 
** Als Modebanause verortete ich dieses Unternehmen in Dänemark - siehe durchgestrichenes O. Aber weit gefehlt, dahinter verbirgt sich ein 1956 in Bielefeld gegründetes Familienunternehmen mit deutschlandweit 60 Filialen. SØR residiert heute im westfälischen Oelde - zwischen Münster und Paderborn. Das Unternehmen bezeichnet sich in der ir eigenen Bescheidenheit als den deutschen Herrenausstatter http://shop.soer-online.de/ueber-uns 

http://www.die-medienanstalten.de/fileadmin/Download/Rechtsgrundlagen/Gesetze_aktuell/15_RStV_01-01-2013.pdf 
https://de.wikipedia.org/wiki/Borgen_%E2%80%93_Gef%C3%A4hrliche_Seilschaften