Am 8.März hat das ZDF mit der Ausstrahlung ihrer internationalen Krimiproduktion "The Team" begonnen. An vier Sonntagen ermittelt ab 22 Uhr ein Polizeiteam aus Dänemark, Belgien und Deutschland in einem Mordfall an vier Prostituierten. Federführend verantwortet für das ZDF die Produktionsfirma Network Movie in Köln die Serie. Als Besonderheit gibt es die Folgen im Internet in Originalfassung mit deutschen Untertiteln zu sehen.
Die Ermittler von "The Team" Foto: ZDF Mathias Botor (m) |
Die erste Doppelfolge war nur mäßig spannend, da hatte der aufwändig produzierte
Sunnyie Melles, Foto: ZDF Frederic Batier |
Den Verantwortlichen in Mainz scheint´s egal zu sein. Laut ZDF-Pressesprecherin haben mehr als 3,9 Millionen Zuschauer (19,8% Marktanteil) die erste Doppelfolge gesehen.
Versteckte Werbung nervt auf dem Schirm
Wenn mich etwas in "The Team" aufregte, dann die penetrante visuelle Präsentation von Produkt-Logos. Da diskutieren die Kommissare per Videokonferenz und auf ihren aufgeklappten Laptops sind prominent die Logos von HP und Vaio zu sehen. Als der dänische Kommissar nach Österreich fliegen muss, landet deutlich sichtbar eine Maschine der "Austrian Airlines". Auf dem Flughafen telefoniert der Komissar, während im Hintergrund deutlich sichtbar ein Flieger mit „Air Berlin“ Logo herumfurwerkt. Audi darf seine vier Ringe frontal ins Bild fahren. Am ulkigsten ist die Fahrt der Kommissare durch eine verschneite Berglandschaft in Österreich. An einer Brücke steht inmittem der Einsamkeit ein riesiges Schild: „Willkommen im Grossartal“. Damit es auch der verschlafenste Zuschauer mitbekommt, wird dieEinstellung nochmal gezeigt.
Für mich 'stinkt' das allerdings nach Schleichwerbung oder Product Placement. Aber bei Network Movie in Köln betont Produzent Andi Wecker auf Nachfrage am 10. März, es gebe keine Verträge über Product Placement oder Sponsoring für "The Team". Dies habe man auch gegenüber den internationalen Partnern der Koproduktion klargestellt. Da hat dann wohl doch jemand nicht genau aufgepasst? Wecker räumt ein, dass in einzelnen Szenegezeigte Logos später nicht entfernt wurden. Dies sei technisch aufwändig und damit zu teuer gewesen, betont der sparsame Produzent in Köln. Zum Straßenschild meinte er, "The Team" habe Unterstützung aus Österreich erhalten, als 'Gegenleistung' habe man dafür dort gedreht.
Der für die Krimiserien am Sonntag Abend zuständige ZDF-Redakteur, Wolfgang Feindt, gab sich problembewusst. Am 13. März betonte er in einem Telefonat, man habe sich den Rohschnitt der Serie deshalb genau angesehen: "Wir sind da ganz sauber!" Das Werbeschild an der Brücke in Österreich stehe dort wirklich und sei nicht extra für den Film aufgebaut worden.
Die Deutlichkeit, mit der die Network Movie und das ZDF hier jede Form von Product Placement verneinen, dürfte auch einen rechtlichen Grund haben. Der § 15 des Rundfunkstaatsvertrages erlaubt zwar ARD und ZDF Kinofilme, Serien, Sportsendungen und leichte Unterhaltung mit Product Placement zu zeigen. Aber das gilt nicht für Sendungen, die die Rundfunkanstalt selber oder ein Tochterunternehmen produziert haben. Die 1998 gegründete Network Movie GmbH & Co KG ist eine 100% Tochter der ZDF-Enterprises. Die 1993 gegründete ZDF Enterprises gehört wiederum zu 100% dem ZDF. Ihre Aufgabe ist die Produktion und der internationale Verkauf von ZDF-Fernsehsendungen.
Meine beiden Gesprächspartner reagierten am Telefon etwas überrascht auf den Hinweis zu der Einschränkung in § 15 Rundfunkstaatsvertrags. Also habe ich eine Anfrage an das Justitiariat des ZDF geschickt - mal abwarten, wann ich welche Antwort erhalte?
18. März, fünf Tage nach meiner Mail an das ZDF-Justitiariat. Ich rufe in Mainz an und lasse mich mit zur Rechtsabteilung durchstellen. Dort verbindet man mich mit dem für dieses Thema zuständigen Mitarbeiter. Zuerst fragt er, wer ich eigentlich sei - ich verweise auf meinen Blog. Ihm lag meine Mail vor. Dann belehrt er mich, wenn ich eine Beschwerde habe, solle ich mich an den Fernsehrat wenden. Aber es gehe mir nur um die Information bezüglich der Überwachung der Tochterunternehmen des ZDF bei möglichem Product Placement, wende ich ein. Jetzt wird es hitzig zwischen uns. Er 'bürstet mich ab': "Ich kann nicht den ganzen Tag so etwas beantworten". Er habe schließlich anderes zu tun, müsse seine Arbeit erledigen. Außerdem sei meine Nachfrage auch nicht wichtig genug.
Barsch werde ich darauf hingewisen, ich hätte mich zuerst an die Pressestelle wenden sollen. Abschließend betont der Herr knapp: Natürlich halte sich das ZDF an alle rechtlichen Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrages.
"Heute-Show": Übernehmen Sie!
In meiner fast dreißigjährigen Praxis als Medienjournalist habe ich so etwas noch nicht erlebt!
Nachtrag 16. März 2015
Und wie war die zweite Doppelfolge am 15. März? Tja das aufdringliche Vaio-Logo auf dem Notebook der Kopenhagener Computerspezialistin wurde überklebt. Also alles im 'grünen Bereich'? Mitnichten! Nach dem Mord an einem Zuhälter und seiner Stieftochter in Berlin, muss sich der Killer neue Klamotten kaufen - er hatte sich danach auf seine Hose gekotzt.
Also geht er flugs in eine Nobelboutiqe der SØR-Kette, das Geschäft wird schön in Großeinstellung präsentiert.
Da die Pressestelle mitteilt, dass screenshots der Serie nicht gezeigt werden dürfen, habe ich hier ein Foto der SØR Filiale in Stuttgart eingefügt. Ähnlich prominent erscheint das Geschäft der Kette in Berlin in "The Team" .**
Als der Kommissar in Antwerpen im "Ramada Plaza Hotel" absteigt, werden Eingang und Logo samt roter Leuchtschrift am Hotel prominent ins Bild gesetzt.
Tja und der Plot? Auch die zweite Folge läuft zäh und langatmig - man muss sich als Zuschauer durch die 110 Minuten quälen. Die Darstellung der privaten Probleme der Ermittler wirkt holzig und oberflächlich. Der Däne hatte was mit der Deutschen, deren Tochter von ihm ist, was wiederum ihr Mann anscheinend nicht weiß. Und die Kommissarin aus Antwerpen hat eine alkoholkranke Mutter, vor der sie sich Ekelt. Irgendwie hatten die Autoren kein wirkliches Interesse an der Entwicklungsfähigkeit ihrer Figuren. Kameraführung, Regie und Schnitt sind so modern wie bei den "Rosenheim-Cops".
Die zweite Doppelfolge sahen 3,28 Millionen Zuschauer (15,4% Marktanteil), ein Minus von über 600 000 (-4,4 Prozentpunkte) gegenüber der ersten Folge.
Nachtrag 23. März 2015
Mit den Zuschauerzahlen der dritten Folge, konnte das ZDF wohl zufrieden sein, mit 3,6 Millionen (17,1% Marktanteil) hatte man das Minus der vorigen Woche fast ausgleichen können. Darüber gefreut haben dürften sich vor allem Edeka und das Berliner Kaufhaus des Westens (KaDeWe). Gleich zu Beginn wird die Berliner Kommissarin im Aufzug des KaDeWe angeschossen, auf dem Boden liegend, entlehrt sie ihre Tasche und der Zuschauer sieht eine Packung Papiertaschentücher der Edeka-Billigmarke "Supersoft". Damit das auch jeder merkt, wird sie in drei Einstellungen gezeigt. Derweilen hetzt der Killer die Treppe hinauf, um der Kommissarin den 'Fangschuss' zu geben. Aber kurz bevor sich die Tür des Lifts öffnet, erscheint eine Mutter mit Kind und irritiert den Killer. Sie stellt dabei die große Einkaufstüte mit dem KaDeWe Logo so vor sich und das Kind, dass jeder den Schriftzug lesen kann. Auch diese Szene wird in drei Einstellungen gezeigt.
Das Berliner Luxus-Hotel, "Westin Grand" (Übernachtung bis 1229 €), darf auch noch mit Eingang und Leuchtschrift prominent ins Bild, als der dänische Kommissar dort absteigt. Die Hotelkette rühmt sich auf ihrer Homepage diverser Film- und Fernsehproduktionen, die dort gedreht wurden. Darunter ARD-Tatorte und die ZDF-Serie "Der Kriminalist". http://assets.westingrandberlin.com/lps/assets/u/WestinGrandBerlin_Filmproduktionen2.pdf
Eigentlich sind das nur 'Peanuts' im Vergleich damit, wie haarsträubend sich die Geschichte entwickelt. Da gerät der eifersüchtige Mann der Kommissarin ins Visier der Ermittlungen, sein Handy war in der Nähe ortbar und er verstand Russisch. Das macht ihn zum Verdächtigen, da die verängstigte Mutter im KaDeWe den Killer auf Russisch um Gnade gebeten hatte. Später stellt sich dann heraus, der schwule und dazu noch adelige Schwiegersohn in Spe des Chefkriminellen hat den Anschlag begangen. Wieso aber das Handy des Ehemanns am KaDeWe eingeloggt war, der Adelssproß an eine Pistole samt Schalldämpfer kam oder er Russisch verstand, das interessiert die Autoren nicht.
Mafioso 'Loukauskis', Foto ZDF-Frederic Batier |
Völlig deplaziert wirkt der gesamte Serien-Part aus Antwerpen - ein Fremdkörper in "The Team". Die Figuren der korrupten Staatsanwältin wie des psycholgisch traumatisierten Journalisten, der die ganze Affaire um die ermordeten Prostituierten eigentlich losgetreten hatte, werden schablonenhaft 'abgewickelt'.
Und ganz zum Schluss der Dritten Folge ruft die dänische Computer-Ermittlerin zur Selbstjustiz auf: "Wir müssen dafür sorgen, dass Leute wie Loukauskis von dieser Welt verschwinden."
Nachtrag 30. März 2015
"Das war's" sagt jemand am Ende des Vierteilers und der Zuschauer atmet auf, es hinter sich zu haben. Langatmig, konfus und streckenweise Langweilig. Eine krude Story, für die Herbert Reinecker höchstens eine 60-Minuten Folge im "Kommissar" oder "Derrick" geopfert hätte.
Die Auflösung ist grotesk, da entwirft man zuvor ein großes Szenario von Menschenhandel und organisierter Kriminalität und am Schluss bleibt nur ein triviales Familiendrama übrig. Der Übeltäter wird im Kellerloch gefasst, wie einst Saddam Hussein. Die hysterische Mutter (Melles) mordete dessen Ex, da sie für den Tod ihrer Tochter verantwortlich war. Und durch diese verwirrende Szenerie stolperten 440 Minuten lang die Ermittler aus Kopenhagen, Antwerpen und Berlin.
Ich habe selten eine derart unausgegorene Geschichte gesehen. Die Autoren hatten weder Interesse an der Entwicklung der Geschichte, noch an den Figuren. Da entpuppt sich die belgische Staatsanwältin als Betrügerin ohne jegliche juristische Qualifikation. Wie konnte sie im Justizsystem ohne Universitätsabschluss aufsteigen? Null Erklärung, die Enthüllung dient nur als Begründung für ihre Erpressbarkeit durch den Mafioso. Nebenbei erfährt der Zuschauer, dass dieser einen Spitzel in der deutschen Ermittlungsgruppe hat. Wer das war? Fehlanzeige. Und dann auch noch die Kitsch-Sex Szene zwischen dem 'süßen' undercover Bullen und der Gangstertochter. Bonnie ohne Kleid... Sie lieben sich im Sonnenlicht auf einer wogenden Wiese vor dem Panorama eines österreichischen Bergsees. Aua!
Und Schleichwerbung? In der letzten Doppelfolge hielt man sich da sehr zurück, nur das Berliner "Savoy-Hotel" durfte seinen Eingang samt Logo ins Bild rücken. Der Steuerzahler fragt sich, wieso die Ermittler nur in teuren Etablissements absteigen dürfen...
Sei`s drum. Beim ZDF war man schon zu Beginn gut gelaunt. Programmdirektor Norbert Himmler: "Es macht mich ein bisschen stolz, dass wir mit "The
Team" zeigen können, dass im sogenannten "Goldenen Zeitalter der
TV-Serie" innovative Akzente auch aus Deutschland gesetzt werden." Zufrieden ist man beim ZDF wohl auch deshalb, weil die Serie neben den öffentlich-rechtlichen Sendern in Dänemark und Belgien auch nach Schweden und in die Schweiz verkauft wurde.
Die Zuschauer hatten an der letzten Folge geringeres Interesse, als am Anfang: 3,11 Millionen (13,3%) schalteten ein - der schlechteste Wert der vier Folgen. Online kam "The Team" auf durchschnittlich etwa 200 000 Abrufe, eingerechnet die Aufrufe der in Originalton mit deutschen Untertiteln abrufbaren Folgen in der ZDF-Mediathek.
Wie man's besser macht
Es mag ja sein, dass bei "The Team" hinsichtlich Schleichwerbung oder Product Placement alles legal zugegangen ist. Die massive Präsenz von Produkt-Logos stört mich aber als Zuschauer immens. Umso mehr, nachdem ich die zweite Staffel der dänischen Politserie "Borgen - Gefährliche Seilschaften" bei ARTE angeschaut habe. In dieser hochgelobten Serie über 30 Folgen, werden die 'Palastintrigen' um eine fiktive Premierministerin in Kopenhagen gezeigt. Hier fand ich keine entsprechend auffälligen Produktplazierungen wie bei "The Team". Oder sind sie mir entgangen, weil die Geschichten einfach spannender und fesselnder sind?
Diese Serie ist ein gutes Beispiel dafür, dass auch kleine Rundfunkanstalten, wie der Dänische Rundfunk (DR) spannende Unterhaltung produzieren kann. Eigentlich ein Kammerspiel um Politik und Macht, zwischen Hamlet und Macbeth angesiedelt, überzeugen Plot wie Charaktere. Hier zeigt das kleine dänische öffentlich-rechtliche Fernsehen dem Giganten in Mainz, wie man ganz ohne 'Europudding' europäisches Fernsehen macht!
*Ausnahmen wie "Kriminaldauerdienst" oder der Tatort aus Dortmund bestätigen die Regel...
** Als Modebanause verortete ich dieses Unternehmen in Dänemark - siehe durchgestrichenes O. Aber weit gefehlt, dahinter verbirgt sich ein 1956 in Bielefeld gegründetes Familienunternehmen mit deutschlandweit 60 Filialen. SØR residiert heute im westfälischen Oelde - zwischen Münster und Paderborn. Das Unternehmen bezeichnet sich in der ir eigenen Bescheidenheit als den deutschen Herrenausstatter http://shop.soer-online.de/ueber-uns
http://www.die-medienanstalten.de/fileadmin/Download/Rechtsgrundlagen/Gesetze_aktuell/15_RStV_01-01-2013.pdf
https://de.wikipedia.org/wiki/Borgen_%E2%80%93_Gef%C3%A4hrliche_Seilschaften
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