Samstag, 13. Januar 2018

"Saboteure im Eis" Norwegische-Serie in der ARD



"Saboteure im Eis" Copyright NDR
Das Erste der ARD zeigte zwischen dem 2. und 4. Januar 2018 die sechsteilige Serie: "Saboteure im Eis". Eher durch Zufall wurde ich darauf aufmerksam, denn die jeweils 45minütigen Filme liefen zu nachtschlafender Zeit - 23 Uhr im Zweierpack. Zur Programmierung teilte am 4. Januar Iris Bents, beim Norddeutschen Rundfunk für die Serie verantwortlich, die Gründe per mail mit. Im Feiertagsprogramm des Ersten werde: "in dieser Zeit länger ferngesehen (...) und auf dem Sendeplatz nach den 'Tagesthemen' ein überdurchschnittliche großes Publikum erreicht(...)." Laut ARD Medienforschung erreichten die sechs Folgen der Mini-Serie zwischen 900.000 und 1,2 Millionen Zuschauer - zwischen 6,5% und 8% Marktanteil. "Kein schlechtes Ergebnis für die Uhrzeit", meinte eine Mitarbeiterin. 



Die Serie steht nicht in der ARD-Mediathek zum Abruf zur Verfügung. "Der Lizenzvertrag beinhaltet keine sogenannten catch up Rechte, daß heißt, die Serie darf nicht nach Ausstrahlung in den Mediatheken online gestellt werden," erläuterte Frau Bents. Die ARD habe die Home Entertainment-Rechte "leider nicht" erwerben können. Die ARD habe demnach das Recht, die Serie nur noch einmal in den ARD-Dritten zu zeigen. Auf youtube kann man "Saboteure im Eis" für 2,49 € pro Folge abrufen. Nachtrag 23. 12. 2019: Anscheinend hat die ARD 2019 die Rechte für ihre Mediathek erwerben können. Die Serie war jedenfalls über die Feiertage abrufbar.

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Ärgerlich für mich, denn ich konnte nur die erste Folge ganz und die Zweite nur zur Hälfte sehen, dann war ich zu müde. Lag es am späten Abend? Ich hatte den Eindruck, das Drehbuch wurde sehr gedehnt, um auf sechs Folgen zu kommen. Während Trailer und Teaser durch schnelle Schnitte und modernes Design Spannung und Tempo versprachen, enttäuschte dann die doch zähe und konventionelle Erzählweise durch Langatmigkeit. Da deutsche TV-Zuschauer immer nur vollsynchronisierte Filme sehen wollen, hat man leider auf Untertitelung von Szenen in Norwegisch, Dänisch oder Englisch verzichtet. Mit den Rechten für die Mediathek hätte man die verschiedene Versionen anbieten können - verpasste Chance. Nachtrag 25.12.2019: Die Landschaftsaufnahmen Norwegens sind magisch und beeindruckend. Allerdings nervt die permanente Musik-Sauce, die über diese Bilder 'gekippt wurde. Das bestätigte für mich den Verdacht des 'überdehnten' Drehbuchs, das zwei Folgen weniger verdient hätte. Die Macher hatten kein Zutrauen zur Spannung ihrer Geschichte.

Die Geschichte um eine 'Deutsche Atombombe' und den Angriff eines Alliierten Kommandos 1943 auf die Produktionsanlage für "Schweres Wasser" im besetzten Norwegen, hat früh Filmemacher interessiert. Die erste Verfilmung gabe es bereits 1948, eine französisch-norwegische Koproduktion, in der Beteiligte an dem Kommandounternehmen sich selbst spielten. Ich erfuhr erstmals als Jugendlicher davon durch die ARD-Serie: "Spione Agenten Soldaten". Sie lief 1969 im Ersten Deutschen Fernsehen, jeweils am Sonnabend-Nachmittag. Der polnische Historiker Janusz Piekalkewicz hatte diese 26-teilige Serie über Kommandounternehmen und Spionage während des Zweiten Weltkriegs produziert. Dafür bekam er 1969 einen Preis in Monte Carlo - was seitdem keiner deutschen Produktion mehr gelungen ist. In den Filmen kommen Zeitzeugen zu Wort - darunter einstige Gegner - außerdem historische Aufnahmen und Fotodokumente. Einige Jahre später erschien ein Buch zur Serie, dort findet sich die Geschichte unter dem Titel. "Angriffsziel Norsk Hydro". 

Bereits 1965 hatte der US-Regisseur Anthony Mann einen Kinofilm über die Aktion Britsch-Norwegischer Kommandos gedreht, der 1966 unter dem Titel "Aktion Schweres Wasser" in deutsche Kinos kam. Stars wie Kirk Douglas, Richard Harris, Ulla Jacobson und Michael Redgrave spielten mit, der Film wurde an den Originalschauplätzen gedreht und beeindruckt durch die norwegischen Landschaft. Der Film wurde erst 1985 in einem deutschen TV-Programm gezeigt - dem DDR-Fernsehen.    

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Die aktuelle TV-Serie "Saboteure im Eis" ist eine norwegisch-, britisch-,  dänische Koproduktion. Sie lief erstmals im Januar 2015 im öffentlich-rechtlichen Norwegischen Fernsehen unter dem Titel: "Kampa om tungtvannet". Mit rund 1,3 Millionen Zuschauern pro Folge erreichte sie eine Rekordeinschaltquote und fast 25% Marktanteil. In Großbritannien liefen die Folge beim digitalen TV-Sender More4 (Channel Four). Auch in die USA und nach Polen wurde die Serie verkauft. Die Produktionskosten von 8,7 Millionen Euro dürften sich mittlerweile amortisiert haben. Nachtrag 25.12.2019: Die Quislinge - also die norwegischen Nazis - spielen in der Serie keine Rolle. Im Abspann wird dokumentiert, Heisenberg und Norsk Hydro konnten ihre Karrieren und Geschäfte fortsetzen, der 'Held' der Serie sei von einem Quisling erschossen worden.

Am 22.11. 2011 erschoss der norwegische Neonazi Anders Breivik 77 Menschen - die meisten waren Jugendliche. Sie hatten an einem Zeltlager der Jugendorganisation der norwegischen Sozialdemokraten teilgenommen - das Massaker dauerte 75 Minuten.nach 1945 definierte sich Norwegen über den Widerstand gegen die Nazi-Besatzer. Die Kolaboration spielte keine Rolle, Vidkun Quisling wurde 1945 hingerichtet - seine Nazi-Partei Norwegens existierte seit 1933. 

Heute ist Norwegen stolz darauf, im internationalen ranking ganz vorne zu stehen, wenn es um die Frage geht, wo man am zufriedensten lebt. Breivik, seine Opfer und die seit Jahren existierende Neonazi-Szene Norwegens werden ausgeblendet. Vor diesem Hintergrund ist die Ausblendung der norwegische NS-Kolaboration zwischen 1940-1945 in der TV-Serie, die nach Breiviks Massaker produziert wurde, bezeichnend.

Sonntag, 7. Januar 2018

Chios 2017 - Weihnachts-Impressionen


Weihnachts-Schmuck auf Chios


Warum eigentlich nicht Weihnachten und Sylvester auf Chios verbringen? Diesen Wunsch haben wir uns dieses Jahr erstmals erfüllt, da brauchten wir auch keine weiteren Geschenke.

Allerdings gestaltete sich meine Anreise nicht ganz einfach, denn die mögliche Flugverbindung von Stuttgart erforderte eine Übernachtung auf dem Flughafen Thessaloniki. So landete ich am 23. Dezember kurz vor Mitternacht auf dem Makedonia Airport und
Noch nicht wach auf dem Flughafen Athen
musste mir einen Platz suchen, um die Zeit bis zum Weiterflug am nächsten Morgen zu überbrücken. Neben mir schaute ein junges Pärchen auf dem PC Splattermovies, immer wenn ich gerade wegdämmerte, ließen mich Schreie und Kampflärm des Films aufschrecken. An Schlaf war also nicht zu denken und so machte ich mich auf, um am einzig geöffneten Imbiss etwas Wasser zu kaufen. Als mir der junge Mann am Tresen die Flasche gab, blickte er mich kurz an und fragte: "You are from Germany?" Ich bejahte und er schob nach "Are you from Hamburg?" Erstaunt sagte ich, dass ich dort geboren wurde. Als ich ihn fragte, wie er darauf käme, zeigte er auf meine Mütze. Dort habe ich einen St.Pauli-Button befestigt. Ich outete mich als Fan und er antwortete: "It's my favoured football club too!" Am Flughafen Thessaloniki treffe ich in der Nacht zum Heiligen Abend auf einen jungen griechischen St.Pauli Fan - auch eine Weihnachtsgeschichte. Er ist bei einem Amateur-Verein in Thessaloniki, der Kontakt zum Kiez-Club hat. Dabei ging es ihm vor allem um das soziale und politische Engagement der  Fans von St. Pauli - dem konnte ich nur zustimmen und schenkte ihm zum Abschied einen Button. Am Morgen ging es dann, mit Zwischenstopp in Athen, weiter Richtung Chios.


Europa 'schützt' sich auch an Weihnachten
Als der Flieger gegen Mittag dann zur Landung ansetzte, sah ich aus dem Fenster auch die Realität der Europäischen Grenze im Jahr 2017. Unter mir fuhr ein Kriegsschiff, das im Auftrag der EU die die Küste vor der Türkei kontrolliert. Faktisch geht es darum, illegales Übersetzen von Flüchtlingen nach Europa zu verhindern. Auf der Insel leben heute mehrere Tausend Flüchtlinge im Lager Vial. Vor allem für Frauen mit Kindern und allenreisende Jugendlichen ist die Situation katastrophal. Sie vegetieren in Zelten, kaum vor Regen und der Kälte geschützt. Was wäre wohl mit der Heiligen Familie samt Jesuskind geschehen, wenn sie auf der Flucht vor Herodes nicht nach Ägypten, sondern hierher gekommen wäre? Wären sie im Mittelmeer ertrunken, oder in eine unmenschliches Lager gesperrt worden? Da kommen einem an Weihnachten nur bittere Gedanken. Europa schaut weg und schottet sich weiter ab, das Weihnachtsgeschäft ist wichtiger als die Nächstenliebe... 

Es gilt aber auch: Was gibt es schöneres, als an Heilig Abend auf dem sonnigen Chios-Airport - benannt nach dem Dichter Homer - zu landen? Meine Partnerin war früher gekommen und erzählte mir, zwei Tage zuvor habe es noch aus Kübeln gegossen und gestürmt. Das Wetter ändert sich in der Ost-Ägäis glücklicherweise meistens schnell. Das Gepäck im Leihwagen von Costas verstaut, ging es über das Epos-Gebirge zum gut 40 Kilometer entfernten Volissos. Der Ort im Nordwesten der Insel ist unsere zweite Heimat geworden und empfing mich mit sonnigem Wetter. Da unser "Heiliger Abend" für Griechisch-Orthodoxe nicht die Bedeutung besitzt, wie bei Katholiken oder Protestanten, konnte ich erstmal etwas Schlaf nachholen.

So feierten wir dann zu Dritt, gemeinsam mit unserer vierbeinigen Freundin Koudounaki (Glöckchen) bei Selbstgekochtem aus dem Ofen und einem Glas Kefalas-Wein aus Volissos. Unser Freund George hatte uns mit mit Auberginen, Tomaten und Zwiebeln direkt vom eigenen Acker versorgt - das schmeckte von selbst. Dazu gab es frische Orangen, Mandarinen und Klementinen - direkt vom Baum. Der erste Weihnachtstag lud uns mit Sonne zu einem wärmenden Vormittag auf unserer Terrasse ein. Hier kann man stundenlang sitzen und das Meer und den Inselwesten betrachten. Immerhin galt es jetzt Kräfte zu sammeln, denn unsere griechischen Freunde hatte für uns ein 'Menue' für die Feiertage angekündigt. Wir sollten mit verschiedenen Spezialitäten beglückt werden - also galt es, bequeme Kleidung anzulegen....

Tradition in Volissos
Von dem in Deutschland üblichen Weihnachtsrummel bleibt auch das griechische Chios nicht verschont. Aber es gibt ein paar Besonderheiten, so werden die Geschenke erst zur Jahreswende verteilt und die Weihnachtszeit endet erst am 6. Januar. Weihnachtsbäume und den üblichen Deko-Schnick-Schnack gibt es auch hier, aber mit besonders geschmückten Booten, die man in die Ortsmitte stellt, einen typisch griechischen Weihnachtsgruß. Und dann gibt es auch noch die nervigen Kobolde, Kallikantzari genannt, die um die Weihnachtszeit überall ihr Unwesen treiben. Wenn im Haushalt was schiefgeht, sind sie dafür verantwortlich und an vielen Plätzen stehen aus Holz gefertigte Kobolde, um daran zu erinnern. Was kann man dagegen tun? Ganz einfach, man legt ein Sieb vor die Tür, da versuchen sie dann die Löcher im Sieb zu zählen - kommen aber nur bis zur Zahl Zwei, weil die Drei heilig ist und so schaffen sie es nicht - das Haus ist geschützt. Griechen sind eben praktisch veranlagt und wissen sich zu helfen.....







Für uns war wichtig, dem deutschen Weihnachtsrummel mit seiner Hektik und dem Formellen zu entkommen. Das gemeinsame Essen mit unseren Freunden und deren Freunden auf Chios war die richtige Alternative. Da brachte jeder etwas mit, es lief alles völlig formlos und entspannend unsteif: Essen, Genießen, Lachen Reden - in einem Mix aus Griechisch und Englisch. Und nur wenig Alkohol - denn den braucht man hier nicht zur guten Laune....Obwohl unser Freund George regelmäßig bei orthodoxen Gottesdiensten als Vorsänger agiert, kritisiert er den offiziellen Weihnachtsrummel und die vermeintliche Religiosität der offiziellen Kirche. Von ihm erfahren wir immer die aktuellen Geschichten aus der Umgebung. 

Weihnachten bei uns heißt: Kälte, Schnee, kahle Bäume - ein Farbenspiel zwischen Grau und Schmutzigbraun. Auf Chios wurde man dagegen von grünen Wiesen, Bäumen voller Mandarinen und Orangen empfangen. In der legendären Kambos-Region, nahe der Inselhauptstadt, stehen tausende dieser Bäume inmitten alter Herrenhäuser. Im Gebirge und auf dem Epos-Plateau kann es dagegen ziemlich stürmisch werden und manchmal wird man von dichtem Nebel überrascht, der Fahren nur im Schritttempo erlaubt. Man muss sich also warme Sachen einpacken, denn es kann im Winter ab und an schon empfindlich kalt werden. Überall liefen Inselbewohner dick verpackt und vermummt herum - für uns Nordeuropäer war es dagegn oft noch erträglich.



In Volissos hatte man sich zum Thema Weihnachtsdekoration dieses Jahr viel einfallen lassen. Da wurde etwa ein ganzes Haus als Geschenk mit einer roten Schleife dekoriert. Im Ort standen verteilt alte Fahrräder, an denen Lichtgirlanden befestigt waren, die am Abend leuchteten. An einem Platz hatte man einen ausrangierten Drahtesel vor einen Weihnachtsschlitten gespannt.

Unsere Vermieterin ließ es sich nicht nehmen, uns in die Wohnung einen kleinen Weihnachtsgruß zu stellen - zusammen mit einem Fläschchen süßen Kefalas-Wein. Die Feiertage gingen im Ort -wie gewohnt - ruhig vorbei. Auch der Jahreswechsel verlief hier ohne lautes Geknalle oder Raketen. Die gab es in der Insel-Hauptstadt, wir genossen in Volissos nach Mitternacht den Blick in den wollkenlosen Sternenhimmel. Gemeinsam mit den Freunden gab es den von George und Marianna gebackenen speziellen griechischen Neujahrskuchen - Vasilopitta. Darin wird eine Münze versteckt und wer sie findet, für den bringt das neue Jahr Glück. Ich bekam das Stück nicht - aber wir waren ja auch so glücklich genug auf unserer Insel. Ausufernd wurde die Feier aber nicht, denn wir mussten am Neujahrstag wieder zurück nach Deutschland - was alle verwunderte, weil in Greiechenland auch am 2. Januar gefeiert wird.

Auf dem Heimflug, der von drei Stops unterbrochen wurde, bekamen wir bei Aegean vor jedem Start ein Gläschen Sekt angeboten und auf den Servietten wünschte die Airline allen ein gutes neues Jahr. Für uns brachten die Feiertage auf Chios das, was wir gesucht haben: Ruhe, Natur, Feiern, Freude.....Chronia Polla für Alle! 

Der traditionelle Vasilopitta - Neujahrskuchen. Wer war der Glückspilz?
Siehe auch:https://medienfresser.blogspot.com/2017/10/chios-herbst-2017.html