Freitag, 11. März 2011

Media Analyse Radio 2011 - Spielwiese für Zahlenjongleure

Am 9. März veröffentlichte die Arbeitsgemeinschaft Media Analyse (AGMA), zu der sich 260 Unternehmen der Werbebranche sowie Private -wie Öffentlich-Rechtliche Rundfunkveranstalter zusammengeschlossen haben, die neuesten Zahlen zur Radionutzung in Deutschland.

Die Media Analyse Radio (MA) wird halbjährlich durch rund 65.000 Telefoninterviews mit RadiohörerInnen über 10 Jahre (incl. Ausländer) ermittelt. Ihre Daten bilden die Währung für den Verkauf der Werbezeiten der Privatradios und der ARD-Werbewellen. Außerdem dienen sie den Sendern zur Selbstdarstellung - und deshalb präsentiert man sich auch immer in Siegerpose.

Ein Vergleich zwischen vollmundigen Pressemitteilungen und realen Zahlen lohnt sich, denn hier kommt man den Tricks der Pressestellen auf die Schliche.

Beispiel gefällig?

Der Südwestrundfunk (SWR) mit Hauptsitz in Stuttgart versorgt mit seinen Fünf öffentlich-rechtlichen Radioprogrammen das im Staatsvertrag festgelegte Sendegebiet Baden-Württemberg und Rheinland Pfalz. Dabei werden zwei Werbewellen getrennt in Stuttgart und Mainz produziert: SWR 1 (Information-Oldies) und SWR 4 (Regionales und Schlager). Gemeinsam für beide Länder kommen aus Baden-Baden die Pop-Welle SWR 3 und das Kulturprogramm SWR 2.
Darüber hinaus kann man in einzelnen Regionen beider Bundesländer die Jugendwelle "Das Ding" über UKW empfangen.

In der offiziellen Mitteilung des Senders vom 9. März heißt es zur MA:
"SWR-Intendant Peter Boudgoust sieht in dem erfreulichen Abschneiden einen Beleg dafür, dass die Radiohörer den SWR als unverzichtbaren Begleiter durch den Tag ansehen."
Insgesamt erreichen die SWR-Programme im gesamten Sendegebiet täglich rund 6,44 Millionen Hörer. Damit konnte der SWR im letzten Halbjahr rund 36 000 Hörer (+0,6%) hinzugewinnen.

Also ist die SWR-Radiowelt doch in Ordnung - oder?
  1. Rechnet man Gewinne und Verluste der einzelnen Programme gegeneinander auf, konnten die SWR-Programme nur beim Publikum in Rheinland-Pfalz richtig zulegen. Hier erreichten die SWR-Wellen zusammengerechnet pro Tag 1.636 Millionen Hörer, ein Plus von 34.000 (+2,1%) In Baden-Württemberg stagnierte dagegen der SWR mit 4,804 Millionen Hörern und einem minimalen Zuwachs um 2000 tägliche Hörer (+-0%).
  2. Verschwiegen wird auch, dass SWR 3 zwar in Baden-Württemberg seine Hörerzahl auf täglich knapp 2,32 Millionen (+133.000) steigern konnte, In Rheinland-Pfalz verlor die Pop-Welle mit jetzt 792 000 (-9.000) Hörern dagegen an Zuspruch.
  3. Insgesamt kann das Gesamtergebnis für Baden-Württemberg den Machern eigentlich keine Freude bereiten. Ohne SWR 3 erreichten alle anderen Programme zusammen im Ländle rund 1,49 Millionen Hörer, ein Rückgang um 126.000 (-8,5%).
  4. In Rheinland-Pfalz fiel die Bilanz nicht ganz so negativ aus. Zwar schalteten hier mit 1,21 Millionen Hörern pro Tag 58.000 (-5%) weniger Landeskinder SWR 1, SWR 2 oder SWR 3 ein. Dagegen konnten aber die Jugendwelle "Das Ding" 82.000 Hörer gewinnen (+71%!). Auch die regionale Schlagerwelle SWR 4 konnte in Rheinland-Pfalz mit 491.000 Hörern (+5,6%) deutlich zulegen.
  5. Immer wieder betont der SWR Stolz, dass sein Quotenflaggschiff SWR 3, Bundesweit mit über 4 Millionen Hörern ganz Oben steht. Laut offizieller MA-Statistik hören SWR 3 über 22% der Hörer außerhalb des offiziellen Sendegebietes. Und das schafft nicht nur Freunde, denn die Pop-Werbewelle des SWR "wildert" damit in den Werbegebieten anderer ARD-Radiosender. Vor allem in NRW hat SWR 3 bis hinauf nach Köln und darüber hinaus eine große Fan-Gemeinde. Damit gehen den WDR-Werbewellen ihrem Sendegebiet Nordhrein-Westfalen wichtige Reichweiten und damit Einnahmen verloren.

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