Freitag, 20. Juli 2012

Kinder und Jugendliche hören weniger Radio



"Media Analyse 2012 Radio II: Rekord-Hoch bei den Jungen" tönte am 17. Juli die "Radiozentrale" - ein Interessenverband der öffentlich-rechtlichen- und privaten Radioveranstalter in Berlin - zu den neuen Radiodaten. "Noch nie haben so viele junge Hörer Radio eingeschaltet wie derzeit", wird stolz verkündet. Dies bestätigen auf den ersten Blick die am selben Tag veröffentlichten aktuellen Daten der Radio Media Analyse (MA 2012/I). Demnach schalten täglich 12,6 Millionen (72%) der unter 30-Jährigen ein Radioprogramm ein. (1) Dabei hören sie im Durchschnitt pro Tag  199 Minuten Radio. Allerdings muss die Radiozentrale einräumen, dass die Reichweite des Hörfunks in dieser Altersgruppe immer noch deutlich geringer ist, als im Durchschnitt der Bevölkerung. Betrachtet man die Ergebnisse bei allen Einwohnern, die der deutschen Sprache mächtig sind, erreicht das Radio täglich  58,8 Millionen Menschen in der Bundesrepublik - also mehr als 80 Prozent. (2)

Teenager wenden sich vom Radio ab


Betrachtet man jedoch die Radioreichweite bei den jüngeren Hörer, (10-19), gibt die Entwicklung wenig Grund zum Jubeln. Demnach verloren alle Radioprogramme täglich (Mo-Fr) in dieser Altersgruppe mehr als 170.000 (-3%) junge Hörer. Der Hörfunk erreicht jetzt noch 5,6 Millionen jugendliche Hörer (69%). Öffentlich-rechtliche Radioprogramme kommen damit pro Tag auf knapp 2,8 Millionen Hörer (-144.000), die Privaten auf gut 4 Millionen (-200.000). (3) Weit Negativer sieht die Entwicklung an den Wochenenden aus. Bei den jungen Hörern kommen alle Radioprogramme Sonnabends noch auf 5 Millionen (62%) Hörer und am Sonntag werden sogar nur 4,7 Millionen (59%) erreicht.

Auch Werbewellen verlieren junge Hörer

 

Für die Manager der Radioprogramme mit Werbeeinnahmen ist weniger die Tagesreichweite ihrer Programme von Interesse, als die pro durchschnittlicher Werbestunde erreichte Hörerzahl. (4) Die Werbewellen schalten demnach rund 23,7  Millionen Hörer (+1,7%) an Werktagen ein. Bezogen auf die über 73 Millionen Einwohner über zehn Jahre) erreichen die Werberadios stündlich damit mehr als ein Drittel (32%).

Will man sehen, wie sich die Hörerzahl jüngerer Hörer auf die Werbeprogramme von ARD und den Privaten verteilt, stößt man auf ein Problem. Die von der ARD-Werbetochter (AS&S) veröffentlichten Zahlen beinhalten auch die von ihr mit vermarkteten Privatsender. Aufschlussreicher sind deshalb die Daten des größten Privatvermarkters, der Radio Marketing Service GmbH (RMS) in Hamburg . Diese arbeitet allerdings bei jungen Hörern mit zwei unterschiedlichen Altersgruppen: 10-13- und 14-19. Während die Ergebnisse von ARD- und Privaten bei 10-13-Jährigen relativ konstant blieben, haben die ARD-Werbeprogramme bei den 14-19-Jährigen mit jetzt 400.000 Hörern fast 70.000 Nutzer pro Werbestunde (-16,8%) verloren. Allerdings ging auch die Hörerzahl der Privatradios rund  20.000 Hörer (-2,8%) zurück, sie erreichen noch 732.000 junge Hörer. 


Sorgen dürften alle Verantwortlichen der Werbewellen machen, dass sich Kids und Jugendliche immer weniger für klassisches Werberadio interessieren. Von den 10-13-Jährigen schalten stündlich nur 18% den Werbefunk ein, bei den 14-19-sind es auch nur 20%. Darauf angesprochen meinte am 19. Juli die Sprecherin eines Vermarkters für Radiowerbung scheinbar gelassen: "Das heißt ja nicht, dass die jungen Leute nicht später vermehrt Radio hören." Klingt ein wenig wie Pfeifen im Keller.... 


  1. Reichweite bedeutet, wer in der Befragung angibt, gestern ein Radioprogramm gehört zu haben. Zweimal im Jahr werden die Hörgewohnheiten der deutschsprachigen Einwohner (ab 10) in 64000 Telefoninterviews erhoben. Auftraggeber ist die Arbeitsgemeinschaft Media Analyse (AGMA), ein Zusammenschluss von 260 Werbeunternehmen und Radioveranstaltern.
  2. Pressemitteilung Radiozentrale 17.07.2012und Daten ARD-Werbung AS&S.
  3. Tägliche Nutzung mehrerer Programme ergeben höhere Zahlen als die gesamte Radionutzung.
  4. Von 6 - 18 Uhr an Werktagen (Mo-Fr) Bruttosumme - Mehrfachnennungen möglich.

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