Dem Werbefunk gehen seit einem Jahr vermehrt Hörer 'von der Fahne'. Diesen Schluss legen jedenfalls die aktuellen Ergebnisse der Hörerforschung (Radio Media Analyse 2014/I) nah (1). Vor allem die für die Werbewirtschaft wichtige Altersgruppe der 14-49-Jährigen ist betroffen. Pro durchschnittlicher Werbestunde (Mo-Fr. 6-18 Uhr) schalten demnach stündlich 12,63 Millionen Hörer eine Werbewelle ein. Das bedeutet einen Rückgang um 84 000 Hörer in dieser Altersgruppe innerhalb der letzten sechs Monate. Noch bedenklicher dürfte die Radiomacher stimmen, dass innerhalb eines Jahres über 380.000 Hörer dem Dudelfunk den Rücken gekehrt haben. (2) Vor einem Jahr schalteten noch über 13 Millionen Hörer zwischen 14- und 49 Jahren ein Werberadio ein. Dabei dürfte es die Radiomacher nicht beruhigen, dass die demographische Entwicklung für die Entwicklung mitverantwortlich sein dürfte. Die Zahl der 14- 49-Jährigen in Deutschland ist innerhalb eines Jahres um mehr als 400.000 auf 37,4 Millionen Einwohner gesunken.
Kein Grund zum Aufatmen bei den Privaten
Auch wenn also die Alters-Entwicklung wohl den Rückgang der Hörerreichweite bei den 14-49-Jährigen beeinflusst, dürften sich bei den Managern der Privaten die Sorgenfalten kaum glätten. Zwar liegen sie mit 7,5 Millionen stündlichen Hörern immer noch vor der ARD, deren Dudelwellen über 5,1 Millionen erreichen. Die Privaten verloren innerhalb von sechs Monaten mehr Hörer (-57 000) als die ARD (-27.000). Im Jahresvergleich verloren die Privaten 320 000 Hörer zwischen 14- 49 Jahren pro Werbestunde. Die ARD-Dudelwellen büßten dagegen 62.000 Hörer ein. (3)
Auf alle Hörer bezogen, ist die Reichweite der Radiosender pro Werbestunde (Mo-Fr.) mit 23,5 Millionen gegenüber der letzten MA konstant geblieben. Bei den Älteren (50+) legten die Werbewellen dagegen um mehr als 100 000 auf stündlich 10,37 Millionen Hörer zu. Dabei haben die ARD-Wellen mit 6,5 Millionen Hörern die Nase vorn, die Privaten erreichen knapp 4,3 Millionen in der älteren Zielgruppe. (4)
Schlecht sieht es für die Dudelfunker insgesamt bei den Jüngsten (10-19 Jahre) aus. Während die Zahl der Jugendlichen mit über 7,9 Millionen gegenüber dem letzten Halbjahr konstant blieb, ging die Stundenreichweite der Werbewellen hier um mehr als 100 000 auf knapp 1,6 Millionen Hörer zurück. Dies trifft vor allem die Privaten, sie liegen aber in der Hörergunst der Jüngsten immer noch deutlich vor der ARD. (5)
Reichweite steigt wieder
Neben den Hörern pro Werbestunde - die für den Verkauf der Werbezeiten wichtig sind - ist die Reichweite aller Radioprogramme für die Sender ein weiteres Erfolgskriterium. Demnach schalten von den 73,36 Millionen Einwohnern über 10 Jahre (deutschsprachig) täglich 58,64 Millionen Radio - ein Plus von 423 000 gegenüber der letzten MA. (6) Nimmt man die Zahlen der letzten beiden MA-Erhebungen, fällt der Anstieg innerhalb eines Jahres (+170.000) etwas bescheidener aus. Während die ARD-Programme - bei denen auch die Werbefreien erfasst werden - im letzten Halbjahr 39,65 Millionen Hörer erreichten (+712 000), mussten die Privaten mit 32,27 Millionen (-205 000) erneut Verluste hinnehmen.
Nimmt man die Ergebnisse eines Jahres, so bliebt die Reichweite aller Radioprogramme mit 58,47 zu 58,64 Millionen relativ konstant. Deutlich zeigen sich aber Unterschiede zwischen Öffentlich-Rechtlichen und Privaten Radiosendern. Während ARD und Deutschlandfunk/Deutschlandradio auf 39,65 Millionen Hörer kommen, konnten sie innerhalb eines Jahres 1,3 Millionen tägliche Hörer hinzugewinnen. Dagegen büßten die Privaten mit 32,27 Millionen rund 740 000 Hörer pro Tag ein. Dabei verlieren die Privaten auch bei den 14-49-Jährigen und den Jugendlichen (10-19), während die Öffentlich-Rechtlichen zulegen konnten.
MA - Die Stunde der PR-Poeten
Immer wenn MA-Zeit ist, schlägt die große Stunde der Pressesprecher und PR-Fachleute. Sie müssen vermeintliche Siege hochjubeln und Niederlagen verschweigen. Die Realität bleibt da manchmal auf der Strecke. So kümmert es die Radiozentrale - PR-Plattform der öffentlich-rechtlichen- wie privaten Radios - wenig, dass mittlerweile auch die Radionutzung der Einwohner mit ausländischen Wurzeln erhoben wird. In der Pressemitteilung heißt es nur: "Vier von fünf Deutschen schalten Tag für Tag das Radio ein." Deutschen (!?)
Da trötet der größte Radio-Werbevermarkter der Privaten, die Radio Marketing Service GmbH&Co KG in Hamburg, man liege "mit 7 Millionen Hörern in der Zielgruppe 14 bis 49 Jahre über 30 Prozent vor der AS&S". Unterwähnt bleibt, dass die von der RMS vermarkteten Stationen über 120 000 Hörer pro Werbestunde in einem halben Jahr verloren haben - in einem Jahr sogar 350 000 Hörer.
Aber auch die ARD-Sender gehen kreativ mit der Wahrheit um, nach dem Motto, was nicht passt, wird auch nicht gesagt. So meldete der Südwestrundfunk mit stolzgeschwellter Brust: "SWR erfolgreichster Radioanbieter im Südwesten". Dann werden akribisch die Zuwächse der Werbewellen SWR 1 und SWR 4 aufgezählt. Schweigsamer ist man bei Verlusten. So meldet die SWR-Pressestelle, dass Dudel-Flaggschiff SWR 3 erreiche Bundesweit 4,06 Millionen Hörer - den Verlust von über 100 000 Hörern (-2,5%) verschweigt man. Bei der Kulturwelle SWR 2 heißt es, sie würden bundesweit täglich 290 000 Hörer einschalten - das Minus von 6000 Hörern (-2%) verschweigt die Pressestelle.
- Halbjährlich erfragen Forschungsinstitute telefonisch die Radionutzung - diesmal waren es 68 584 Interviews. Dabei wurden die Daten für 53 Öffentlich-Rechtliche und 70 Private Programme erfasst. Befragung: 06.01-21.04.2013 und 01.09.-15.12.13. Kein Wunder also, dass die Radiosender vor allem während der Befragung massiv mit Plakatwerbung und Gewinnspielen um Höreraufmerksamkeit buhlen...
- ARD Werbung AS&S, Durchschnittsstunde 6-18 Uhr, Mo -Fr.
- Radio Marketing Service GmbH, MA Trend, Deutschsprachig 14-49 Jahre
- AS&S
- Hier lagen mir nur die Angaben der AS&S vor, dabei gilt zu bedenken, dass im Portfolio der Radiosender, die von der AS&S betreut werden, auch 8 Privatradios zählen.
- ARD Werbung, Tagesreichweite Mo-Fr.