Montag, 28. August 2017
Olympiade - wer bestimmt die TV-Bilder?
Allgemeines Aufatmen, als ARD und ZDF Anfang August bekannt gaben, man werde doch über die Wettkämpfe der Winter- und Sommerolympiaden 2018 - 2024 berichten. Nach längeren Verhandlungen hatte man sich auf den letzten Drücker mit den Rechteinhabern, dem US-Medienkonzern Discovery *, geeinigt. Im Juni 2015 hatte Discovery für das Tochterunternehmen Eurosport für 1,3 Milliarden Euro die europäischen TV-Rechte vom Internationalen Olympischen Kommitte (IOC) erworben. Danach waren Verhandlungen zwischen Eurosport und ARD/ZDF über Sublizenzen gescheitert, die Spiele wären also nur noch im Free-TV bei Eurosport gelaufen. Anfang August hat man sich, gerade noch rechtzeitig vor der im Februar in Süd-Korea stattfindenden Winter-Olympiade, über das Gesamtpaket geeinigt - über den Preis wurde Stillschweigen vereinbart.
Aber wer produziert eigentlich die TV-Bilder von den Wettkämpfen? Das IOC hat dazu eine eigene TV-Produktionsfirma, die Olympic Broadcasting Services (OBS) in Madrid. Sie produziert mit eigenen Teams vor Ort das sogenannte "Weltbild", das die Lizenznehmern dann übernehmen können. Wollen Rundfunkanstalten mit eigenen Teams von den Wettkampfstätten berichten, mussten sie bisher eine Lizenz bei OBS erwerben.
Was ändert sich jetzt für ARD und ZDF, da für den deutschsprachigen Raum nunmehr Discovery über die General-Lizenz verfügt? Darf man noch mit eigenen Teams von den Wettkämpfen berichten und bei wem muss das beantragt und wie hoch bezahlt werden? Fragt man bei ARD und ZDF nach, stößt man auf wenig Auskunftsbereitschaft. So teilte der ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky am 16. August schriftlich mit: "Die Freiheit der Berichterstattung hat oberste Priorität für die ARD (...) Daran ändert die Übernahme eines internationalen Signals nichts" Somit werde die ARD: "auch bei den kommenden Spielen zusätzlich mit eigenen Kamerateams vor Ort sein." Auf die Nachfrage, ob nun Discovery für den Verkauf und die Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Teams zuständig sei, teilte zwei Tage später ein ARD-Sprecher lapidar mit: "Zu vertraglichen Details erteilen wir grundsätzlich keine Auskünfte." Nach Veröffentlichung kam am 28. August doch noch eine Stellungnahme aus Mainz. Demnach gelte weiterhin: "dass das ZDF nach eigenen Prioritäten Kamerapositionen bei OBS buchen kann und wird." Aus Süd-Korea sollen eigene Teams von folgenden Wettkämpfen berichten: Biathlon, Ski-Langlauf, Nordische Kombination, Eisschnellauf, Ski alpin, Skispringen, Bob.
Bei wem aber müssen ARD und ZDF aber nun die Teams beantragen? Dazu teilte das Internationale Olympic Committee (IOC) auf Nachfrage am 18. August mit: "Discovery/Eurosport ist der Rechteinhaber und ARD/ZDF sind die Sublizenz-Nehmer. Das Weltbild wird (...) von OBS produziert. Alle zusätzlichen Leistungen werden im Sublizenzvertrag von Discovery/Eurosport (...) mit ARD/ZDF geregelt." Am 23. August bestätigte dies auch ein Sprecher von Discovery-Deutschland: "Das Weltbild wird weiterhin von OBS produziert und den Sendern direkt zur Verfügung gestellt. Als offizieller Rechteinhaber (...) ist Eurosport (...) direkter Ansprechpartner für alle Sublizenznehmer (...). Bei allen zusätzlichen Leistungen unterstützen und vermitteln wir gerne - entscheidend sind hierbei die technischen Verfügbarkeiten bei OBS."
'the same procedure as every year'?! Die Hoheit über die TV-Bilder von den Wettkämpfen hat weiterhin die IOC-Tochter- ähnlich wie bei den Fußball-Europa - und -Weltmeisterschaften die UEFA und die FIFA. Dass das Probleme für die freie Berichterstattung bedeuten kann, haben Ereignisse während der Fußball-EM in Frankreich im Juni 2016 gezeigt. Von den Angriffen russischer Hooligans auf britische Fans im Stadion bekamen die Zuschauer nur deshalb etwas zu sehen, weil zufällig ein zusätzliches ARD-Team vor Ort war. https://medienfresser.blogspot.de/2016/06/uefa-zeigt-bei-der-em-ein-potemkinsches.html und https://medienfresser.blogspot.de/2016/06/tschechien-kroatien-uefa-behutet.html
Fazit: Künftig müssen sich ARD und ZDF die Genehmigung für eigene Teams bei den Wettkämpfen wohl von Discovery/Eurosport einholen und sicherlich auch zusätzlich dafür bezahlen. Der Freiheit der Berichterstattung dient das nicht, sorgt doch die OBS schon heute für 'saubere Bilder' von den Spielen. Es dürfte den Verantwortlichen nicht gefallen haben, dass bei der Olympiade in Brasilien nicht vermieden werden konnte, dass der TV-Zuschauer die oft halbleeren Stadien sah. Mittlerweile versucht man mit einem optischen Trick davon abzulenken. So wurden mittlerweile etwa in fast allen größeren Fußballstadien Deutschlands bunte Sitzschalen eingebaut - damit fällt die gähnende Leere bei manchen Spielen nicht so schnell auf.
Nachtrag: ARD und ZDF haben beim Kauf der TV-Rechte allerdings auf ein wichtiges Privileg verzichtet. Laut "Medien Korrespondenz"**, hat Discovery/Eurosport die exklusiven Rechte für die Zusammenfassungen der Highlights für die TV-PrimeTime. Da die drei nächsten Olympiaden in Asien stattfinden (Süd-Korea, Japan, China), finden die Wettkämpfe zu bei uns nachtschlafender Zeit statt. Wer am folgenden Abend eine Zusammenfassung sehen will, muss also zur Prime-Time Eurosport einschalten, da ARD und ZDF die Highlights nicht zeigen dürfen.
Private Fußnote: Im Jahr 1964 fanden die Olympischen Sommerspiele in Japan statt, Satellitenverbindungen für die TV-Bilder gab es aber nur von Tokio bis in die USA. Von dort kam das Bildmaterial per Kurier ins kanadische Montreal, um dann per Charterflug nach Frankfurt transportiert zu werden. Mein Vater, Karl-Heinz Ressing http://1913familienalbum.blogspot.de/2014/04/erinnerung-karl-heinz-ressing.html und https://www.blogger.com/blogger.g?blogID=5128737411704878278#editor/target=post;postID=2697652905673042431;onPublishedMenu=allposts;onClosedMenu=allposts;postNum=0;src=postname, war damals Herausgeber des Hamburger Mediendienstes fff-press, der in der Heimhuder Straße seine Büros hatte - über dem Hans-Bredow-Institut. Er durfte einmal von Frankfurt nach Montreal und zurück mitfliegen. Später erzählte er, wie seltsam es gewesen sei, dass er alleine in dem riesigen Jet saß und nacheinander der Kapitän und sein Copilot das Cockpit verließen. Als er sie irritiert fragte, wer denn nun das Flugzeug steuern würde, bekam er lächelnd die Antwort: "Unser Autopilot!"
* Discovery Communications wurde in den USA 1985 gegründet, eine Ausgliederung von John Malones Liberty Media-Konzern. https://www.mediadb.eu/de/datenbanken/internationale-medienkonzerne/discovery-communications.html
Im deutschen TV-Markt ist das Unternehmen mit dem Discovery-Channel und Animal Planet im Pay-TV, sowie den frei empfangbaren Spartenkanälen DMAX und TLC vertreten. Darüber hinaus gehört Eurosport seit 2015 zum Discovery-Konzern
**(Medien-Fachdienst der katholischen Kirche, Heft 18, 8.9.17, S. 18
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