Dienstag, 21. März 2023

SWR Sparpläne - Anschnallen ist angesagt


Für unfreiwillige Heiterkeit sorgte am 17. März 2023 der Intendant des Südwestrundfunks (SWR), Professor Dr. Kai Gniffke, bei der Sitzung des Rundfunkrates in Stuttgart. Da er nicht selber anwesend sein konnte, er nahm in Magdeburg an einer Anhörung des Landtages Sachsen-Anhalt teil, hatte man ihn per Video-Bildschirm in den Sendesaal in Stuttgart zugeschaltet. Sein Statement zu Lage der ARD und des SWR hielt er vom Rücksitz seines Dienstwagens - vorschriftsmässig angeschnallt. Die Techniker beim SWR kamen dabei auf die Idee, ihn technisch aus dem Auto zu 'stanzen' und in ein Foto seines Büros einzufügen. So wirkte Gniffke quasi an seinem Arbeitsplatz angeschnallt...


An sonsten gab es aber in Stuttgart nicht viel zu Lachen, denn die Lage des SWR wie der ARD ist ernst. Der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk insgesamt ist in der Krise - finanziell wie politisch und in der Akzeptanz der Bevölkerung. Skandale haben das Image deutlich beschädigt - die Intendantin des Radio Berlin Brandenburg musste wegen Korruptionsverdacht gehen - beim Mitteldeutschen Rundfunk wurde gerade der Ex- Unterhaltungschef wegen Betrug und Bestechlichkeit zu Gefängnis auf Bewährung verurteilt. 

Da der SWR nach dem RBB-Skandal kurzfristig den ARD-Vorsitz übernommen hatte, hat Kai Gniffke daher auch den ARD-Vorsitz inne.  


Sparkurs beim SWR - Adieu Hannes...

 
Sparen heißt auch beim SWR die Devise, so wurden die TV-Formate im Südwestfernsehen "Ich trage einen großen Namen" und die schwäbischen Comedy-Formate: "Hannes und der Bürgermeister" und "Freunde in der Mäulesmühle" eingestellt. Auch das "SWR3-Comedy Festival" wird 2025 eingestellt - insgesamt sollen so jährlich drei Millionen Euro eingespart werde. Auf Nachfrage sagte eine SWR-Verantwortliche, die über den SWR weit hinaus beliebte Sendung über Hannes und seinen Bürgermeister - ein bisschen Don Camillo und Peppone auf Schwäbisch - würden nicht aus Kostengründen beendet. Vielmehr wollten die beiden Darsteller altersbedingt aufhören.
 
Auch in der aktuellen Berichterstattung wird auf die Kostenbremse getreten, vermehrt werden dazu 'Ein Personen Teams' (EPT) für TV-Beiträge aus dem Land eingesetzt. Rückten bisher zur Berichterstattung Drei-Personen aus:
TV-Chef Clemens Bratzler muss sparen
Kamera, Ton, JournalistIn, werden mittlerweile bereits 20% der TV-Beiträge im Aktuellen solo produziert. Die JournalistInnen nehmen mit dem Handy Bild und Ton auf und machen den Beitrag danach sendefähig. Auf Nachfrage erklärte dazu TV-Programmchef Clemens Bratzler, dies werde bei allen aktuellen Sendungen künftig zum Produktionsstandard werden. 
 

Unruhe über SWR4   

 
Für Unruhe und Diskussionen im Rundfunkrat sorgen die Mitte März bekannt gewordenen Pläne, das Musikprogamm der Schlagerwelle SWR4 künftig zentral am Standort Stuttgart zu produzieren. Bei der Fusion des Süddeutschen Rundfunks (SDR) und Südwestfunks (SWF) 1998 zum Südwestrundfunk (SWR) als Zwei-Länder-Anstalt (Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz) hatten Standortfragen und regionale Programme eine wichtige Rolle gespielt. So wurden neben zentralen Radiowellen (SWR3, SWR2, Inforadio, Das Ding) zwei weitere Programme mit landesbezogenem Schwerpunkt etabliert: SWR1 und SWR4. Dementsprechend wurden Stuttgart und Mainz, sowie Regionalstudios in den Ländern mit regionalen Programmfenstern wichtiger Bestandteil des Staatsvertrages. Dabei ging und geht es auch heute noch um Arbeitsplätze und Standortsicherung.

Während der letzten Jahre wurden Schritt für Schritt vor allem bei SWR4 die regionale Auseinanderschaltung einzelner Programm- und Musikstrecken reduziert. Künftig wird dies nur noch in der Prime-Time (6-18 Uhr) praktiziert. Dabei sollen landesspezifische und regionale Nachrichten weiterhin bei SWR4 getrennt gesendet werden. Das Musikprogramm wird aber künftig zentral in Stuttgart produziert. Das sorgt vor allem in Rheinland-Pfalz und bei seinen Gremienmitgliedern für Unruhe. Auch im Mainzer Landtag wurde das Thema diskutiert. Intendant Gniffke verdeutlichte ein Problem bei SWR4, denn drei Viertel der Hörerschaft sei über 50 Jahre alt. Klar sei aber auch, dass es nicht um die Zukunft von SWR4 an sich gehe. Auch werde der Standort Mainz des SWR nicht reduziert vielmehr habe man ihn personell sogar ausgebaut - so für das Digitalangebot. Auch der Verlust von Arbeitsplätzen bei SWR4 werde versucht dadurch auszugleichen, dass Mitarbeitern andere Positionen im SWR angeboten würden. Dem Vernehmen nach bedeutet die Änderung bei SWR4, das etwa ein Viertel seines Personals in Mainz reduziert werden soll. Der Intendant sprach von 40 der 80 Vollzeitstellen vor Ort. Er sehe sich dazu gezwungen, da der SWR jährlich etwa 100 Millionen Euro an Kaufkraftverlust verliere. Ursächlich dafür seien Inflation, Kostensteigerung und sinkende Werbeeinnhamen. Mit den Sparplänen könnten insgesamt etwa 12 Millionen Euro aufgefangen werden. Gniffke warnte aber: "Das ist also nur die Overtüre."
 

Einheitlicher TV-Mantel für die Dritten

 
Innerhalb der ARD wird bereits seit längerem darüber diskutiert, für die Dritten-Fernsehprogramme ein einheitliches Mantelprogramm einzuführen. Einst wurden ähnliche Pläne des ARD-Progammdirektors Günter Struve (1998-2008) von den Intendanten wie Ministerpräsidenten vom Tisch gefegt. Jetzt befeuern die massiven Finanzprobleme das Thema neu - vorneweg der SWR-Intendant und ARD-Vorsitzende Gniffke. 
 
Bereits auf der Sondersitzung des SWR-Rundfunkrates am 30. Januar 2023 in Stuttgart hatte er sich dafür ausgesprochen - mit Ausnahme der landesbezogenen Prime-Time (18-22 Uhr). Auf Nachfrage hatte er gesagt: "Ich erwarte Ergebniss in absehbarer Zeit und nicht erst in vielen Jahren."  Er will das Thema in der ARD vorantreiben, SWR-Programmdirektor Clemens Bratzler meinte am
Radio-Chefin Anke May muss Kosten senken

17.März, er gehe davon aus , dass Mitte des Jahres die dazu eingerichtete ARD-Arbeitsgruppe Vorschläge präsentieren werde. Ähnliche Diskussionen scheint es auch bei den ARD-Kultur-Radiowellen zu geben. So meinte die Hörfunk-Direktorin Anke May auf Nachfrage, man diskutiere auch innerhalb der ARD Mantel-Modelle, um Kosten senken zu können. Immerhin verbraucht die Kulturwelle SWR2 den größten Teil des SWR-Radioetats.
 
Für SWR-Intendant Gniffke ist die Marschrichtung der ARD  klar: Ausbau der Mediathek gemeinsam mit dem ZDF. Sein Ziel: Das Öffentlich-Rechtliche Digitalprogramm soll zu dem "relevanten Streaming-Angebot in Deutschland" werden. Immerhin habe der SWR seine digitale Reichweite nicht nur verdoppeln, sondern verdreifachen können. Dabei gehe es um Vielfalt im Angebot, im Gegensatz zu kommerziellen Wettberbern, die über Polarisierung ihre Reichweiten steigern wollten. Ziel der Öffentlich-Rechtlichen sei, journalistisch wie technisch in der deutschen Medienlandschaft führend zu werden und dies nicht internationalen Tec-Konzernen zu überlassen. "Wir wollen die mediale Lebensader Deutschlands bleiben", lautet daher sein Credo für die ARD.

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