Sonntag, 16. Juli 2023

SWR Auf Schrumpfkurs

Der öffentlich-rechtliche Südwestrundfunk (SWR) steuert einen harten Sparkurs. Auf der Sitzung des Rundfunkrates am 14. Juli in Stuttgart verkündete SWR-Intendant Kai Gniffke - derzeit ARD-Vorsitzender: "Der SWR wird schrumpfen". Angesichts der Inflation und einbrechender Werbeeinnahmen führe daran kein Weg vorbei. Für die drittgrößte ARD-Anstalt - nach WDR und NDR - bedeutet dies einen jährlichen Stellenabbau von 0,5% (3244 Stellen 2020).

Nicht nur der SWR, alle ARD-Anstalten müssen sparen, deshalb hat man jetzt beschlossen, Programm zentral in sogenannten "Kompetenzzentren" zu produzieren. Einzelne ARD-Anstalten stellen dazu Beiträge zu bundesweiten Themen her, die die Dritten übernehmen können. Neben den beschlossenen Zentren für die Themen Gesundheit und Umwelt sollen weitere zu Kochen, Reisen und Künstlicher Intelligenz entstehen - kündigte Gniffke in Stuttgart an. https://medienfresser.blogspot.com/2023/07/ard-reform-vielfalt-ade.html. Der SWR-TV-Direktor Clemens Bratzler hofft damit in der Asntalt einen siebenstelligen Betrag einsparen zu können. Künftig würden zwei Drittel der Beiträge im SWR für das Gesundheitsmagazin oder die Verbrauchersendung aus dem Pool der Kompetenzzentren zugeliefert werden.

Die Einsparungen treffen im SWR derzeit vor allem den Standort Baden-Baden mit seinen rund 1500 MitarbeiterInnen. So wird die wöchentliche Talksendung "Nachtcafé" künftig in Mainz produziert und das für "Buffet" für das 'Erste' komplett eingestellt. Manche Formate würden laut Gniffke "zu aufwändig produziert" Im Visier dürfte dabei die in Baden-Baden seit 1994 für das Dritte Fernsehen produzierte Schwarzwald-Familienserie "Die Fallers" stehen. TV-Direktor Bratzler kündigte zwar an, sie sei bis 2026 gesichert, sagte aber auch, eine auf lange Laufzeit angelegte Serie habe in der heutigen Medienwelt keine Zukunft mehr. Auch die 17 SWR-Standorte - vor allem die Regionalstudios dürften unter stärkerem Sparzwang stehen. SWR-Intendant Gniffke sagte vor dem Rundfunkrat, manche seien "höchst unterschiedlich Ausgelastet". Das könnte für Unruhe vor Ort und Zukunftsängste bei den Beschäftigten sorgen.

Darauf angesprochen betonte der Intendant, der Standort Baden-Baden werde nicht aufgegeben - eine Verlagerung der Hörunkwellen SWR 3 (pop) und SWR 2 (Kultur) schließe er aus. Außerdem werde Baden-Baden durch den Ausbau digitaler Produktionen gestärkt. Immerhin will der SWR insgesamt an seinen Standorten bis 2028 etwa 250 Millionen Euro in digitale Produktion und Medienangebote investieren. Die durch die Kompetenzzentren bedingte Zentralisierung dürfte aber einige SWR-Redaktionen schrumpfen lassen. 

Intendant Gniffke hat seinerseits als ARD-Vorsitzender Großes im Sinn. Er will den österreichischen und schweizerischen Rundfunk (ORF -SRG) zum Einstieg in den ARD-ZDF-Verbund der Mediatheken bewegen. Damit will er Onlinen-Plattformen von Netflix und Co ein öffentlich-rechtliches Paroli bieten.

Der aktuelle Sparzwang beim SWR hat auch strukturelle Ursachen, bedingt durch die 1998 erfolgte Fusion von Südwestfunk (SWF) und Süddeutschem Rundfunk (SDR). Damals hatten sich nach zähem Gerangel um Standorte die Ministerpräsidenten Baden-Württembergs (Erwin Teufel - CDU) und Rheinland-Pfalz (Kurt Beck - SPD) auf den Zusammenschluß geeinigt. Vor allem die CDU im Ländle wollte damals den Standort Baden-Baden gesichert sehen, sonst hätte ein Konflikt mit den badischen Parteifreunden gedroht. Das brachte für den SWR massive zusätzliche Kosten wegen der Standorte Stuttgart, Baden-Baden und Mainz mit sich. Wegen der Zersplitterung der Leitung auf die Standorte wurde bald gewitzelt, die Direktoren würden mehr Zeit auf der Autobahn bzw im Zug verbringen, als am Arbeitsplatz....

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen