Donnerstag, 17. Dezember 2009

Filmtipp: "Soul Kitchen"





„Ich wollte mal was gnadenlos komisches machen“, sagte Regisseur Fatih Akin am 16.Dezember im Stuttgarter Delphi-Kino. Sein neuer Film "Soul Kitchen" erzählt die Geschichte eines chaotischen Restaurantbetreibers (Adam Bousdoukos) und seines kriminellen Bruders (Moritz Bleibtreu). Die beiden Hamburger Jungs mit griechischen Wurzeln versuchen ihr Lokal „Soul Kitchen“ im Stadtteil Wilhelmsburg vor der Pleite und Spekulanten zu retten. Dabei helfen ihnen ein durchgeknallter Koch (Birol Ünel) sowie eine Bedienung mit einem Alkoholproblem und künstlerischen Ambitionen (Anna Bederke).

Akin hat nicht nur eine temporeiche Komödie gedreht, der 1973 in Hamburg-Altona als Sohn türkischer Einwanderer geborenen Regisseur hat gemeinsam mit Bousdoukos auch das Drehbuch geschrieben. Damit ist Akin auch ein Heimatfilm ganz eigener Art gelungen: „Ich dokumentiere damit auch ein Stück Hamburg,“ betonte der Regisseur. Ein Teil der Hommage an seine Heimatstadt sind in Hamburg beliebte Schauspieler, die in Nebenrollen oder als Komparsen agieren, wie etwa Herma Koehn (Ohnsorg-Theater) und Gustav-Peter Wöhler. Besonders berührend wirkt der kurze - aber eindrucksvolle - Auftritt von Monica Bleibtreu. Die Schauspielerin ist im Frühjahr 2009 verstorben.

Akin opfert für keinen Gag die Persönlichkeit seiner Figuren. Diese leben im prekären Bereich unserer Gesellschaft, wo man sich tagtäglich abstrampeln und dabei auch um die Selbstachtung kämpfen muss. Da kann sich der Restaurantchef etwa keine Krankenversicherung leisten und die Bedienung wohnt illegal in der Speicherstadt. Akin und sein Co-Autor Bousdoukos erzählen auch über diese Realität und über den Stolz.

Bousdoukos als Restaurantchef zu besetzen macht Sinn, denn er kennt den Gastronomie-Betrieb. Früher arbeitete er als Kellner und ihm gehört in Ottensen - einem Altonaer Stadteil – das griechische Lokal Sotiris*. Die Idee für "Soul Kitchen" soll in diesem Lokal entstanden sein. Akin erzählte, man habe dort oft am späten Abend nach Küchenschluss bis spät in die Nacht den Punk abgehen lassen und auf den Tischen getanzt . Auch der running gag des Films, die ewigen Rückenbeschwerden des Restaurantbesitzers, haben ein reales Vorbild. „Ich kenne das genau, denn ich hatte selber zwei Bandscheibenvorfälle“, sagte Akin. Genauso wie seine Filmfigur war der Regisseur in seiner Verzweiflung zu einem türkischen "Knochenbrecher" im Stadtteil Wilhelmsburg gegangen. "Der lebt und praktiziert da heute noch", versicherte der Regisseur.

Seine Fähigkeit, über authentische und lebensnahe Figuren zu erzählen, zeigte Akin bereits in seinen anderen Spielfilmen („Gegen die Wand“ und „Auf der anderen Seite“). Das er nicht nur ein Drehbuchautor, sondern auch ein einfühlsamer Beobachter ist, zeigt sein Dokumentarfilm über die Musikszene in Istanbul:“Crossing The Bridge – The Sound of Istanbul”. Vom Türk-Punk bis zur klassischen türkischen Musik breitet er das faszinierende kulturelle Spektrum der Stadt am Bosporus aus. Musik spielt für Akin eine wichtige Rolle und damit auch bei „Soul Kitchen“. Das Repertoire des Soundtracks reicht von griechischem Rembetiko über Ska-Reggae aus Athen („Locomondo“) bis zu Rockmusik ("Er France“) und Hans Albers.

Fazit: „Soul Kitchen“ bietet gut gewürztes Unterhaltungskino, das gleichzeitig nahrhaft ist und satt macht – ach ja und ein Kochbuch dazu gibt´s auch noch.

"Soul Kitchen": Start in Deutschland am 25. Dezember

*Das „Sotiris“ (so hieß der Besitzer) öffnete Ende der 70er Jahre in Ottensen in der Eulenstrasse. Damals war es ein Treffpunkt der Alternativszene - ich habe da so manches Bifteki gekillt. Später übersiedelte das Lokal dann an den heutigen Standort in der Barnerstrasse, ganz in der Nähe des Veranstaltungszentrums „Fabrik“.)

1 Kommentar:

  1. Das alte Sotiris war nicht in der Eulenstraße sondern "Bei der Reitbahn". Neben dem Sotiris in der Barnerstraße gibt es heute noch zusätzlich das "Nostalgic Sotiris" in der Eulenstraße, das vom Vater betrieben wird.
    gez. ein alter Ottenser

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