Donnerstag, 5. September 2013

Eins Plus: "Programmoffensive" soll junge Zuschauer sturmreif machen


Mit einer "Programmoffensive" will der digitale ARD-Fernsehkanal - Eins Plus, jüngere Zuschauer gewinnen. "Eins Plus - Fernsehen für Dich!" kündigt das Programmheft ab dem 16. September an.

Das Programm des Digitalkanals Eins Plus besteht derzeit vorwiegend aus Wiederholungen verschiedener ARD-Service-Sendungen und einem Angeboten an junge Zuschauer. Künftig will man mit neuen Formaten und Fiction-Konserven den Digitalkanal für die unter 30-Jährigen attraktiver machen. Sie bekommen auf Eins Plus künftig 16 Stunden Sendezeit am Tag - auch hier wird ein großer Teil der Sendezeit mit Wiederholungen bestückt.

Auf einem Pressegespräch am 2. September in Stuttgart beim Südwestrundfunk (SWR), betonte Eins Plus-Programmchef, Alexander von Harling: Sein Programm sei ein "Entwicklungslabor für junges Fernsehen". Mit neuen Formaten, Dokumentarfilmen, Serien und Spielfilmen will er in der Prime Time (20.15 Uhr) junge Zuschauer gewinnen. Die eigens für Eins Plus produzierte Programme sollen "Spaß machen und junge Lebenswelt transportieren". Damit will von Harling eine "andere Wahrnehmung von Eins Plus" erreichen.

Da hat er ein ziemliches Stück Arbeit vor sich. Bisher wird Eins Plus vom Publikum anscheinend gar nicht wahrgenommen. Zumindest gibt es bisher keine belastbaren Daten über Quoten oder Marktanteile. Dies musste von Harling auf Nachfrage einräumen und erklärte, dafür sei die Datenbasis der Zuschauermessung einfach zu klein.
In Deutschland wird die TV-Nutzung in 5000 Haushalten (10 000 Personen) über eine Settop-Box erhoben. Hier geben die Zuschauer ein, welches Programm sie gerade sehen. Damit sendet Eins Plus also anscheinend unter Ausschluss der Öffentlichkeit.


Und wie ist das mit der anvisierten Zielgruppe der jüngeren Zuschauer? Programmchef von Harling verkündete in Stuttgart stolz, in der Prime Time (20.15 bis 0.30) habe man, verglichen mit der Konkurrenz, das jüngste Publikum - Durchschnittsalter: 48 Jahre. Da wirkt es schon Tollkühn, wenn sie jetzt die unter 30-Jährigen ins Visier nehmen.

Einst startete der ARD-Digitalkanal im August 1997 unter dem Namen: EinsMuXx als zeitversetzter Wiederholungskanal für Sendungen des 'Ersten'. Federführend ist für den Kanal der Südwestrundfunk (SWR) in Baden-Baden. Im April 2005 änderte der Digitalkanal seinen Namen in Eins Plus, das Programm wurde auf die Wiederholung der verschiedenen Service- und Ratgebersendung der ARD-Programmfamilie ausgerichtet. Ab März 2009 galt dann die Devise, das Programm zum "jungen ARD Digitalkanal" auszubauen, verkündete damals *SWR-Fernsehdirektor Bernhard Nellessen. * Damit sollte ein Platz für "ungewohnliche Ansätze und unorthodoxe Formen" geschaffen werden. Andererseits wiederholte Eins Plus aber weiterhin gut abgehangene Service-, Ratgeber- und Wissensformate anderer ARD-Programme. Bereits damals zeigte sich Eins Plus Redaktionsleiter, Jürgen Ebenau, stolz auf den erreichten Altersdurchschnitt der Zuschauer: 50 Jahre. 

Damit ist Eins Plus also innerhalb von 5 Jahren der ins Visier genommenen Altersgruppe wahrlich einen gewaltigen Schritt näher gekommen. Na dann bis 2060....cool!

Und mit welchen Geschützen soll jetzt die "Programmoffensive" die jungen Zuschauer zur Kapitulation/Einschalten bringen? (...passe mich da nur der SWR-PR-Sprache an). Programmchef von Harling: "Das Leben soll aus einer jungen Perspektive betrachtet werden." So werden in "Die Backpacker - Auf Klima-Tour durch Europa" zwei Gruppen RucksackträgerInnen nach Gibraltar reisen und dabei möglichst wenig CO2 produzieren. "In Deutschland um die Welt" erkundet der, von mir wegen seiner Eloquenz und sprachlichen Eleganz bereits schon früher geschätzte Pierre M. Krause  (siehe Medienfresser 14.03.2013), die Lebenskultur von Migranten in Deutschland. Das Reportageformat "Leben!" bietet Alltagsgeschichten von 16- bis 30-Jährigen in Deutschland.
 
Gut abgehangene Fiction-Ware aus dem ARD-Fundus soll am Abend dann die Jüngeren anlocken. Jeden Donnerstags ab 22.15 läuft die Serie "Sternenfänger". Laut Wikipedia wurde sie 2002 (!) mit Nora Tschirner und Oliver Pocher von Nico Hofmann (teamWorx Ufa/Bertelsmann-Produktion) produziert. Im Ersten fielen die 26 Folgen durch, deshalb gab es keine zweite Staffel. Es geht hier um Liebe-Triebe am Bodensee. (Na da haben doch "Bonanza" und der "Forellenhof" noch Chancen für einer Wiederauferstehung)

Wie sagte in Stuttgart auf dem Pressetermin doch Thomas Jung, Programmchef des Radiopopsenders SWR 3 zur Perspektive von Eins Plus: "Unser Auftrag ist: Entwicklung, Entwicklung und Innovation!"

Na dann...


* "Leuchturm oder Resteverwertung?", Funkkorrespondenz, 06.03.2009

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