Montag, 14. Oktober 2013

Sieben-Tage Beschränkung für ARD/ZDF-Mediatheken vor dem Aus?



Die Rundfunkreferenten der Landesregierungen diskutieren derzeit, ob die zeitliche Beschränkung des Abrufs öffentlich-rechtlicher TV-Sendungen im Internet gelockert oder ganz aufgehoben werden soll. Bisher dürfen ARD und ZDF ihre Sendungen nach der ersten Ausstrahlung nur 7 Tage lang auf ihren Online-Mediatheken per Abruf anbieten. (1) Laut Paragraph 11 d Absatz 2, des Rundfunkstaatsvertrages ist dies für Großereignisse und Spiele der Fußballbundesligen sogar nur auf 24 Stunden begrenzt.

Einst sollten mit der Regelung die Privatsender sowie kommerzielle Video-Portale vor der Konkurrenz durch ARD und ZDF geschützt werden. Die Öffentlich-Rechtlichen können neben ihren aktuellen Sendungen zusätzlich auch auf ihre umfangreichen Sendearchive zurückgreifen und sie Online anbieten. Gegen diese Konkurrenz würden die Kommerzprogramme ziemlich alt aussehen, vor allem auch wegen ihrer geringen Eigenproduktion. RTL, ProSiebenSat1 und Co kaufen ihre Fiction-Programme vorwiegend bei US-Majors. Für die Verbreitung per eigener Mediathek oder Videoplattform müssen sie aber gesondert die Rechte erwerben. Gleichzeitig sind Zuschauer bisher wenig bereit, für den Abruf eines Film der im Free-TV gelaufen ist, im Internet extra zu bezahlen. Plänen der beiden großen Privatsenderketten (RTL-ProSiebenSat1) zu einer gemeinsamen  TV-Bezahl-Plattform im Internet wurde kürzlich kartellrechtlich ein Riegel vorgeschoben. Auch ZDF und ARD scheiterten mit einem gemeinsamen Modell vor den Kartellwächtern.

Fernsehen per Internet  zunehmend beliebter

Gleichzeitig zeigen die Ergebnisse der aktuellen  Online-Studie von ARD und ZDF, dass das Interesse am zeitversetzten Online-Fensehen steigt: "Das Internet ist (...) ein Distributionskanal, der für die Verbreitung der Inhalte klassischer Medienanbieter immer wichtiger wird" (2). Im Vergleich zur letzten Onlinestudie 2012 wird konstatiert: "Deutlicher an Zuspruch gewonnen haben das lineare oder zeitversetzte Fernsehen im Netz". (3) Bemerkenswert ist vor allem: "Videoportale sowie die Mediatheken der Fernsehsender zum Live- oder Zeitversetzten Fernsehen werden von Älteren deutlich stärker genutzt als noch  2012" (4) Genau diese Zielgruppe ist für ARD und ZDF wichtig, denn ihre Programme werden gerade von Älteren bevorzugt. Gleichzeitig bietet diese Altersgruppe Wachstumspotentiale, denn während fast alle 14- bis 39-Jährigen bereits das Internet nutzen, sind es bei den über 60-Jährigen weniger als die Hälfte (42%). (5)

Etwa 32% aller Internetnutzer rufen mindestens einmal wöchentlich online Filme ab. Dabei liegen die 14-29-Jährigen (65%) deutlich vor den 30-49-Jährigen (28%), während bei den über 50-Jährigen erst rund 10% regelmäßig Videoportale nutzen. Die Online-Mediatheken der Fernsehsender besuchen 9% aller Internetnutzer wöchentlich und auch hier liegen die Jüngeren (15%) noch deutlich vor den Älteren (7%). Gerade hier bieten sich Möglichkeiten für ARD und ZDF, Zuschauer für die zeitversetzte Nutzung ihrer Programme zu gewinnen.


Scheitert Mobiles Internet-Fernsehen am schleppenden Ausbau der Infrastruktur?


Die wachsende Zahl der Smartphones und vor allem der, für mobiles Fernsehen attraktiven Tablet-PC, dürfte der Entwicklung zum zeitversetzten Fernsehen einen Schub geben. In den USA wurden zwei Jahre nach Markteinführung über 40 Millionen Tablet-PCs verkauft. Für eine solche Verbreitung hatten die Smartphones in den USA immerhin acht Jahre gebraucht. (6) In Deutschland haben mittlerweile ein knappes Fünftel der Haushalte mit Internetanschluss einen Tablet-Computer (7) Für Deutschland prognostiziert die ARD/ZDF Online-Studie daher "Die Beliebtheit mobiler Endgeräte und der Wunsch der Konsumenten nach "Überall-Internet" werden weiter ansteigen(...)." (8) Fraglich bleibt aber, ob die Infrastruktur des Mobilfunks in der Republik für das Überall-Internet zügig ausgebaut wird. Vor allem in ländlichen Gebieten stöhnen heute die Nutzer über die schlechte Versorgung und langsames Internet. Daran wird sich auch so bald wenig ändern, denn die Mobilfunk-Unternehmen bauen das schnelle Internet - mobil wie per Kabel - hauptsächlich in Ballungsgebieten aus. Seit längerem kritisiert etwa die Bundesnetzagentur (9) , dass Anbieter des digitalen Internets per Telefonkabel (DSL) ihre Kunden oft mit unzureichender Geschwindigkeit versorgen - und das gilt auch für Ballungsgebiete. Für den Ausbau des Mobilfunk-Internets bleibt fraglich, ob dafür genügend Frequenzen zur Verfügung stehen. Derzeit wird diskutiert, bisher für das digitale terrestrische Fernsehen (DVB-T) genutzte Frequenzen an den Mobilfunk abzugeben. Das stößt allerdings bisher auf den Widerstand vor allem bei ARD und ZDF.


Will der Nutzer einen Fernseher zum Surfen im Internet wirklich?

Bei des anlässlich jeder Funkausstellung erneut ausbrechenden Medien-Hypes um neue technische Möglichkeiten, wird der reale Umgang der Konsumenten mit ihren Geräten gerne ausgeblendet. Beispiel: Die "Smarten" Fernsehgeräte mit denen man auch Online surfen kann. Sie findet man aktuell in 15,7 Millionen TV-Haushalten der Republik. Allerdings nutzen davon nur etwa 6,5 Millionen Haushalte (41%) ihre smarte Glotze, um ins Internet zu gehen. Folgerichtig äußern sich die Media Perspektiven eher skeptisch: „Obwohl nahezu jedes neu verkaufte Fernsehgerät einen Internetanschluss hat, steckt die Nutzung noch in den Kinderschuhen.“ Das erinnert einen an die hochkomplexen Radio- und CD-Anlagen, die einst allen möglichen Schnickschnack anboten - wie etwa Zufallsgeneratoren für die Auswahl von Musikstücken verschiedener CDs. Da musste man für das Einschalten seines Radios oder CD-Players eine Ingenieur hinzuziehen....

(1) http://www.media-perspektiven.de/fileadmin/downloads/media_perspektiven/PDF-Dateien/2-Rundfunkstaatsvertrag.pdf
(2) Mediaperspektiven, Heft 7-8/2013, Seite 362
(3) Ebenda, S. 366
(4) Ebenda, S. 364
(5) Ebenda, S. 360
(6) Ebenda, S. 386
(7) Ebenda, S. 373
(8) Ebenda, S. 390
(9) http://www.medienfresser.blogspot.de/2013/07/medienanstalten-neutrales-internet.html

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