Montag, 28. Oktober 2013

Schnelles Internet? Davon kann Otto-Normalsurfer nur träumen!


Stellen Sie Sich vor, Sie kaufen im Fachhandel eine DVD. Der Versuch sie abzuspielen scheitert: Bilder ruckeln oder der Film läuft überhaupt nicht. Sie sind sauer und beschweren sich beim Verkäufer und der antwortet nur: "Nein, Sie bekommen Ihr Geld nicht zurück. Schauen Sie doch in unsere Geschäftsbedingungen!" Und wirklich, im Kleingedruckten finden Sie den Hinweis: 'Die zum Ansehen des Films nötige Bitrate wird von der DVD nicht garantiert.'

Völliger Blödsinn denkt man - aber so arbeitet die Telekom beim Verkauf ihrer digitalen DSL-Anschlüsse. Ich wurde Kunde, um meinen langsamen Internet-Analoganschluss per DSL fit für Bewegtbilder zu machen. Die Werbung versprach mir 16 MB Übertragungsgeschwindigkeit. Nach kurzer Zeit musste ist aber feststellen, dass Filme oft nur ruckelig liefen oder die Bildqualität mangelhaft war. Eine technische Überprüfung ergab, anstatt der avisierten 16 MB bekam ich gerade einmal 2 MB im DSL. Auf meine Beschwerde bei der Telekom bekam ich die Antwort: "An ihrem Wohnort reicht die technische Kapazität für mehr nicht aus." Aber den vollen Preis musste ich schon weiter bezahlen. Bei der Telekom hieß es nur lapidar: Man gebe keine Gewährleistung für die in der Werbung versprochenen Geschwindigkeit.


Bundesnetzagentur kritisiert Netzbetreiber

Im April 2013 veröffentlichte die Bundesnetzagentur den Bericht zur: "Dienstequalität von Breitbandzugängen". (1) Darin heißt es, die Telekommunikationsunternehmen würden die erreichbare Datenübertragungsrate regelmäßig "nur annäherungsweise 'bis zu' " angeben. Folgerichtig konstatieren die Netz-Kontrolleure, es fehle "oft an einer hinreichenden Transparenz, wie viel ein Endkunde von der vermarkteten Bandbreite tatsächlich nutzen kann."

Laut Studie verfügten 2012 bei den DSL-Anschlüssen weniger als ein Fünftel der Kunden (15,7%) über die volle Übertragungsleistung. Gut die Hälfte (51,3%) wurden mit 70% der vereinbarten Geschwindigkeit und fast zwei Drittel (68,2%) sogar nur mit 50% versorgt. Der Wechsel zum TV-Kabel löst das Problem nicht unbedingt, nur gut zwei Fünftel (41,8%) der Onliner erhielten die angepriesene Download-Geschwindigkeit. Allerdings konnten zumindest über die Hälfte (51,4%) immerhin über 90% der vereinbarten Leistung verfügen. Die Internetversorgung per Mobilfunk (LTE Long Term Evolution) bot zumindest 2102 keine Alternative. Gerade einmal ein Fünftel (20,9%) der Mobilfunk-Onliner verfügten demnach über die volle Kapazität. Dagegen musste mehr als die Hälfte (55,59%) sich mit 50% der vereinbarten Geschwindigkeit zufrieden geben.

DSL beherrscht 2012 den Markt für Breitbandanschlüsse 

Laut Bundesnetzagentur wird die überwiegende Mehrheit der Breitbandanschlüsse (86,6%) über das Telefonnetz per DSL (Digital Subscriber Line) versorgt. Mit weitem Abstand folgt das TV-Kabel (13,2%), während der Mobilfunk (LTE) im Jahr 2012 gerade 1% der Breitbandanschlüsse in der Bundesrepublik ausmachte.

Nimmt man alle Verbreitungswege (DSL, Kabel, LTE) zusammen, so erreichen laut Bundesnetzagentur die "untersten Bandbreiteklassen" - also bis 2 MB Geschwindigkeit - "die besten Messergebnisse". Bei näherer Betrachtung ist das aber auch nicht gerade berauschend. Gerade einmal zwei Fünftel aller Nutzer (42,6%) der langsamsten Geschwindigkeitsklasse verfügen auch darüber. Die Mehrheit (80%) bekommen gerade einmal 50% der versprochenen 2 MB. Bei mittleren Bandbreiten (8-18 MB) erreicht nur eine Minderheit (6,9%) diese Geschwindigkeit, die Mehrheit (64,4%) muss sich mit der Hälfte zufrieden geben.

Ausbau des Kabelnetzes - wer zahlt?

Laut einem Artikel der Stuttgarter Zeitung vom 25. Oktober 2013 ergab eine Analyse der OECD - Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit, dass in Deutschland gerade einmal 0,8% der Breitbandanschlüsse über Glasfaser versorgt werden. Damit steht Deutschland auf Platz 27 und damit drittletzter Stelle der hier untersuchten Länder. Allerdings werden in Gebäuden bei uns die TV und Telefonanschlüsse in der Regel noch per Kupferleitungen versorgt. Für einen flächendeckenden Ausbau des Telefonnetzes per Glasfaser bis zum Endabnehmer werden Kosten von 70-80 Mrd € fällig, prognostiziert das Wissenschaftliche Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste (WIK) (2). Woher soll die Telekom aber die Milliarden nehmen? Sie ist für den Netzausbau im Telefonbereich verantwortlich, da ihr die dort die Netze gehören. Seit längerem sinken aber ihre Umsätze beim DSL. Außerdem wurde von den Telekom-Managern viel Geld im defizitären US-Mobilfunk verbrannt. 


Fazit: Wer sich auf die Versprechungen der bunten Werbebroschüren der Netzanbieter verlässt, sollte vor einem Vertrage das Kleingedruckte lesen. Geld für den Netzausbau fehlt und viele Unternehmen setzen auf das Geschäft mit Internet per Mobilfunk. Hier haben die Flatrates eine Downloadgrenze. Wer mehr MB braucht, muss dafür extra zahlen . Dieses System will die Telekom künftig bei ihren DSL-Festnetzkunden einführen (3).

In den 1980er Jahren diskutierte man in den USA über die Entwicklung, die die elektronischen Medien (TV und Radio) der Zukunft für die Konsumenten mit sich bringen werden. Damals diskutierte man auch bei uns über die Gefahr des "Information gap". Demnach sei die demokratische Entwichklung gefährdet, weil sich zunehmend eine Lücke zwischen gut Informierten Eliten, die dafür bezahlen können und einer Masse öffnet, die auf kommerzielle Billigmedien angewiesen sind. Im digitalen Zeitalter erhält diese Diskussion neuen Zündstoff. Die Vision des egalitären Internets für alle, scheint eine Illusion gewesen zu sein. Auf der Strecke bleiben nicht nur Ärmere, die sich teure Downloads nicht mehr leisten können, sondern vor allem die Bevölkerung in ländlichen Regionen. Dort lohnt sich für die Konzerne weder der Ausbau des digitalen Telefonnetzes, noch des TV-Kabels und des Mobilfunks. 

(1) http://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/Sachgebiete/Telekommunikation/Verbraucher/Breitband/Qualitaetsstudie/AbschlussberichtQualitaetsstudie.pdf?__blob=publicationFile&v=1 

(2) Spiegel-Online, 21. Juni 2013
(3) http://www.medienfresser.blogspot.de/2013_07_01_archive.html
http://www.medienfresser.blogspot.de/2013/04/internet-fur-alle-passee-dank-telekom.html

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