Politiker und Regierungen lassen sich nicht erst heute von Lobbygruppen und ihren Stiftungen beraten. So bestimmen die "Bertelsmann-Stiftung", oder die "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" sowie die regierungsnahe "Stiftung Wissenschaft und Politik" mit ihren Analysen die öffentliche Diskussion. Vorläufer dieser Lobby-Organisationen waren schon im Ersten Weltrieg aktiv, so das "Büro für Sozialpolitik" oder die "Auskunftsstelle vereinigter Verbände".
Friedrich Ebert, Bundesarchiv 146-1970-096-03 |
Karl Liebknecht, Bundesarchiv 183-H25212 |
Vorlage Hauptstaatsarchiv Stuttgart M77/1 Bü 435 |
"Die Einführung, Verbreitung und Ausfuhr ist (...) verboten, die Beschlagnahme etwa vorgefundener Exemplare und die Fahndung auf Verbreiter angeordnet worden."
Innerhalb der SPD zeigten sich zunehmend die unberbrückbaren Gegensätze, Friedrich Ebert, verlor an Einfluss. Die Spaltungstendenzen innerhalb der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften waren nicht zu übersehen. Für Regierung und Militärs wurde es immer wichtiger, über die Entwicklung aussagekräftige Informationen zu erhalten. Dabei halfen die Analysen und Berichte unabhängiger Stiftungen und Institute - die Vorläufer heutiger "think-tanks".
Organisation
Ende 1914 erkannten einige politisch Verantwortliche in Berlin, dass nur mit einer zentrale gesteuerten Öffentlichen Meinung der angestrebte 'Siegfrieden' im Land verankert werden könnte. Dieser Erkenntnis standen allerdings die Interessen der Bürokraten und ihrer Strukturen im Reich und den Ländern entgegen. Sie wollten ihre Macht und Einfluss nicht an abgeben. (2)
Erhard Deutelmoser, Bundesarchiv, 183 R04 159 |
Unter Deutelmosers Leitung wurden Pläne für eine Propagandaabteilung ausgearbeitet, die im Reich die Bevölkerung für den Sieg mobilisieren sollte. Gegründet im März 1918 nannte sie sich zuerst: "Zentralstelle für Heimataufklärung (ZfH)", später wurde sie als: "Zentralstelle für den Heimatdienst" bekannt. In der Staatsbibliothek in Berlin kann man die Geschäftsordnung" vom 18. März 1918 online aufrufen. Dort steht: "Die Zentralstelle bearbeitet nach den Weisungen des Pressechefs alle den Aufklärungsdienst in der Heimat betreffende Sachen." (4) Auch private Verbände arbeiteten zu (5), sp der "Bund Deutscher Gelehrter und Künstler", der "Studienausschuß für Auslandsorganisation" sowie die "Auskunftsstelle Vereinigter Verbände" und das "Büro für Sozialpolitik". Während die "Auskunftsstelle" unter Regierungsrat Oskar Poensgen Propaganda für die Kriegspolitik machten, produzierte das "Büro für Sozialpolitik" Analysen über SPD und Gewerkschaften.
Büro für Sozialpolitik
Im Jahr 1890 gründeten liberale Industrielle in Frankfurt a.M. das "Institut für Gemeinwohl". (6) Für sie war die 'soziale Frage' das zentrale Zukunftsproblem. Deshalb forderte man im Reich die Einführung einer einheitlichen Sozial- und Armenfürsorge. Mit ihrer Zeitschrift "Soziale Praxis" bot das Institut ein Forum für eine sozialpolitische Debatte. Dazu richtete man 1904 in Berlin das "Büro für Sozialpolitik" ein. Während des Ersten Weltkrieges belieferte es, unter Leitung des Journalisten Ernst Francke, die Regierung und das Militär mit politischen Analysen. Im Dezember 1917 gründete Francke auch den "Volksbund für Freiheit und Vaterland", der sich gegen die ultranationalistischen Forderungen der "Vaterlandspartei" stellte. Der Volksbund trat parteiübergreifend auf und versuchte national gesinnte Teile der Arbeiterbewegung einzubinden. Dabei vertrat man gemäßigtere Kriegsziele und das allgemeine Wahlrecht bei einem Sieg Deutschlands. Allerdings forderte man auch eine Erweiterung des deutschen olonialreichs in Afrika. Eine Demokratie westlichen Stils lehnten viele im Volksbund ab. Deutschland sei dafür nicht geeignet, einige Unterstützer strebten einen 'nationalen Sozialismus' an. Damit konnte man keine Mehrheiten in der Arbeiterbewegung gewinnen.
SPD - Spaltung erscheint unausweichlich
Regelmäßig erhielten die staatlichen und miliärischen Stellen in Berlin Berichte des Büros für Sozialpolitik über die Entwicklungen innerhalb der SPD und der Gewerkschaften. Abschriften erhielten die für Zensur und politische Kontrolle der Länder zuständigen Armeebehörden vom Kriegsministerium in Berlin.
Vorlage Hauptstaatsarchiv Stuttgart M77/1 Bü 435 |
Hugo Haase, Bundesarchiv, 146-1970-096-05 |
Vorlage Hauptstaatsarchiv Stuttgart M77/1 Bü 435 |
weiter."
Auch die Entwicklung innerhalb der Gewerkschaftsbewegung wurde vom Büro für Sozialpolitik aufmerksam verfolgt. So habe "der angesehendste Führer der freien Gewerkschaften (...) in kleinem Kreise" über die Linken in der SPD gesagt: "Mit Idioten könne man keine Politik machen."
Vorlage Hauptstaatsarchiv Stuttgart M77/1 Bü 435 |
Die Sozialdemokraten wurden auch gelobt - etwa wenn sie Treue zur Monarchie bekundeten: "Ungewöhnlich beachtenswert sind die Ausführungen des Stuttgarter Sozialdemokratischen Blattes zum Regierungsjubiläum König Wilhlems II" (König von Württemberg). Demnach sahen die Redakteure der SPD-Postille in Stuttgart auch keinen
Vorlage Hauptstaatsarchiv Stuttgart M77/1 Bü 435 |
Starben rechte Sozialdemokraten an der Front den 'Heldentod' vermeldete das Büro dies unter der Überschrift: "Verluste der Mehrheit". Zeichneten sich Sozialdemokraten oder Gewerkschaftern an der Front aus, so wurde dies ebenso für berichtenswert erachtet...:
Vorlage Hauptstaatsarchiv Stuttgart M77/1 Bü 435 |
(1) Jörn Leonhard, Die Büchse der Pandora, Beck 2014, S. 383
(2) Rezensionsjournal für die Geschichtswissenschaften: http://www.sehepunkte.de/2006/11/10070.html
(3) https://de.wikipedia.org/wiki/Erhard_Deutelmoser
(4) http://digital.staatsbibliothek-berlin.de/werkansicht/?PPN=PPN71981930X
(5) http://digital.staatsbibliothek-berlin.de/werkansicht/?PPN=PPN71981930X&PHYSID=PHYS_0007&USE=800
(6) https://de.wikipedia.org/wiki/Institut_f%C3%BCr_Gemeinwohl
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