Jahrelang wurde um die Öffentlichkeit der Sitzungen der
Rundfunkgremien bei ARD und ZDF gerungen. Der Widerstand vor allem der Parteipolitiker, die sich beim Machtgekungel nicht auf die Finger sehen lassen wollten, verhinderte dies. Mittlerweile und auch bedingt durch die das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den ZDF-Gremien, ist deren Einfluss etwas zurückgegangen. Doch wer hoffte, es werde eine freie Debatte entstehen, wird bei den öffentlichen Sitzung etwa
des SWR-Rundfunkrates (Südwestrundfunk) enttäuscht. Die wichtigen Diskussionen, finden immer noch in nichtöffentlichen
Sitzungen der Ausschüsse sowie den – rundfunkrechtlich nicht legitimierten – politischen
„Freundeskreise“ statt. Beim SWR gibt es den der ‚Roten’ (SPD),
den ‚Schwarzen’ (CDU) und den der ‚Grauen’ (parteipolitisch ungebunden). Deren Treffen finden beim SWR in der Regel am Abend vor der öffentlichen Sitzung des Rundfunkrates
statt. Die Sitzung selbst dient in der Regel dann nur noch der Akklamation zuvor getroffener
Entscheidungen.
Anfang Dezember sagte mein Chefredakteur (Ich) zum Reporter
(Ich): „Wenn Du schon hingehst, dann bring was mit!“ Leichter
gesagt, als getan: Was fiel auf?
Weihnachtsbaum am Eingang |
Männer bekommen beim SWR auch einen Blumenstrauß. Gerold Hug (Kulturdirektor) und Christoph Hauser (Informationsdirektor).
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War’s das!?
„An erster Stelle steht für mich nicht die Höhe des
Rundfunkbeitrags, sondern der Anspruch auf Programm“ – so eröffnete Gottfried
Müller, Vorsitzender des Rundfunkrates die Sitzung. Kürzlich haben haben die
Ministerpräsidenten der Länder den Rundfunkbeitrag bestätigt, aber von den ARD-Anstalten Vorschläge für eine umfassende Strukturreform
bis Ende 2017 eingefordert.
Im SWR-Rundfunkrat entspann
sich eine Debatte über die bisherige Praxis der Zusammensetzung von Arbeitsgruppen. Dort sind die Vorsitzenden der
Ausschüsse des Rundfunkrates quasi 'geborene Mitglieder' und haben die Federführung inne. Dabei geht es bei der aktuell geplanten Arbeitsgruppe nicht um
die große ARD-Reform, sondern die
Organisation der künftigen Arbeit des SWR-Rundfunkrates. Einigen der neuen Mitglieder im SWR-Rundfunkrat schien aber der Automatismus der Besetzung mit den Ausschussvorsitzenden nicht zu behagen. Eigentlich nicht schlecht, wenn eingefahrene Wege in Frage gestellt werden,
aber der Teufel steckt doch im Detail. So wurde in der Diskussion auch deutlich, dass große Arbeitsgruppen in der Vergangenheit durch
heftige Fluktuation und mangelnde personelle Kontinuität gekennzeichnet waren.
Eine Ursache des auf der Sitzung bei einigen Gremienmitgliedern spürbaren Unmuts dürfte
in den am
Abend zuvor tagenden politischen 'Kungelrunden ' gelegen haben. Dort wurden anscheinend im Vorab die Mitglieder für die geplante Gremien-Arbeitsgruppe automatisch die Vorsitzenden der Ausschüsse nominiert. Da mangelte es anscheinend einigen Gremienmitgliedern an Transparenz und Partizipation. So richtig zur Sache gehen wollte dann in der öffentlichen Sitzung aber anscheinend niemand.
Die Abstimmung über die Zusammensetzung der Arbeitsgruppe ergab eine knappe Mehrheit dafür, dass alle Interessierten mitmachen könnten. Anfang Februar will man sich erstmals in Mannheim
zusammensetzen.
Nach dieser etwas zeitraubenden Debatte, kam
dann Intendant Peter Boudgoust zu seinem üblichen Statement. Er nutzte es zu einem Appell: Nie habe der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk unter einem derartigen Legitimationsdruck
gestanden wie heute und das beunruhige ihn zutiefst. Nach 70 Jahren
Öffentlich-Rechtliche Rundfunks werde diese wichtige Säule des demokratischen Staates zunehmend in Frage gestellt. Boudgoust fragte auch selbstkritisch, ob man in den Gremien der
Rundfunkanstalten noch mitbekomme, was draußen ablaufe. Früher hätten die
Privatsender hauptsächlich die Finanzausstattung der Öffentlich-Rechtlichen angegriffen
und eine Reduzierung auf eine ‚Grundversorgung’ gefordert. Heute sei die Kritik
in Teilen der Gesellschaft dagegen fundamental und pauschal. Künftig müsse der
Öffentlich Rechtliche Rundfunk seine Bedeutung für die Gesellschaft und die
Demokratie stärker herausstellen, forderte Boudgoust. Er fürchte in Europa um den Konsens der demokratischen
Errungenschaften, die aus der Erfahrung des Weltkriegs und der Diktaturen den Konsens enstanden seien. Das Rundfunk Staatsfern und der Gesellschaft
insgesamt verpflichtet seien, diese Einschätzung verschwinde im gesellschaftlichen Bewusstsein.
Chronistenpflicht:
Der neue Etat des SWR für 2017 sieht einen ausgeglichenen Aushalt vom 1,336 Mrd € vor. Zwischen 2010-2017 werden 100 Mio € eingespart - was einen Rückgang um 311 "Beschäftigungsverhältnisse" bedeutet. Horcht man in den Sender rein, stöhnen viele Mitarbeiter der Redaktionen über Arbeitsverdichtung.
Der SWR schafft zum Jahresbeginn 2017 die bisherigen Fernseh- und Hörfunkdirektionen ab: "Anstatt der bislang nach Ausspielwegen aufgestellten Direktionen entstehen ab Januar 2017 thematisch und medienübergreifend aufgestellte Programmdirektionen" heißt es dazu in einer SWR-Mitteilung. Demnach stünden künftig die Themengebiete im Vordergrund, es gehe also nicht mehr darum, ob für ein Radio- oder Fernsehprogramm gearbeitet wird. Aber die beiden Landessenderdirektionen für Baden-Württemberg (Stuttgart) und Rheinland-Pfalz (Mainz) behalten ihre Kompetenzen für ihre Landesprogramme. Dafür werden "Landes Content-Zentren" in Stuttgart und Mainz eingerichtet. Abgesehen von dem Wortungetüm, für die Journalisten bedeutet dies, künftig gleichzeitig Radio, Fernsehen und Internet zu belieferen - ob das der publizistischen Qualität dient?
Die Debatte bekam ich leider nicht mehr mit, denn ich musste zu meinem geparkten Auto - das bezahlte Ticket war abgelaufen. Mein Controller (Ich) hätte mir bei einem Strafmandat das Fell über die Ohren gezogen - na dann, Frohes Fescht.....
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