Dienstag, 20. April 2021

Corona Tests am Arbeitsplatz...auch im Rundfunk?


 

Jeden Tag informieren Radio und Fernsehen über die Entwicklung der Covid 19 Pandemie. In den letzten Wochen ist dabei vor allem die Ansteckungsgefahr in Werkhallen und Büros in den Focus gerückt. Seit 20. April müssen Unternehmen MitarbeiterInnen, die sich nicht im Home-Office befinden, wöchentlich einen Schnelltest anbieten. Wie werden aber die Beschäftigten der Rundfunkanstalten geschützt? Bei ARD, ZDF und Deutschlandradio arbeiten etwa 42 000 Menschen, davon 58% als Festangestellte. (1) Bei den beiden großen kommerziellen Veranstaltern, ProSiebenSat1 und RTL-Gruppe sind zusammen über 10.000 Mitarbeiter tätig. 

Tests bei größeren Produktionen frühzeitig

Eine schriftliche Anfrage bei den Landesrundfunkanstalten der ARD (incl. Deutschlandradio) und dem ZDF in Mainz ergab, dass bei größeren Produktionen (Shows-Filme-Serien) bereits seit dem letzten Jahr Tests angeboten wurden. Beim  Südwestrundfunk (SWR), hat man demnach seit Oktober 2020 "Beschäftigten im Falle einer Corona-Infektion einer zuvor im räumlichen Umfeld tätigen Kolleg*in" Tests angeboten. Seit Mitte Januar 2021 gebe es diese nunmehr regelmäßig bei allen größeren Produktionen und den Klangkörpern. Das Deutschlandradio teilte mit, seit Herbst 2020 "Tests für Beteiligte bestimmter (Außen-) Produktionen" anzubieten Auch das ZDF betonte, man habe Testmöglichkeiten bereits "seit geraumer Zeit" bei größeren Produktionen eingeführt. Die RTL-Group bietet nach eigenen Angaben "seit November letzten Jahres allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die für die Sicherstellung zentraler Tätigkeiten wie des Produktions- und Sendebetriebes vor Ort erforderlich sind und nicht im Mobile Office arbeiten könne, die Möglichkeit von kostenlosen Schnelltests." Dies gelte insbesonders bei Live-Show-Produktionen, Inhouse-Drehs sowie vor größeren Meetings. 

Massenhafte Tests erst seit Mitte April

 

Richtig in Schwung gekommen ist die Test-Praxis bei den Rundfunkanstalten erst im April, das liegt auch daran, dass erst jetzt genügend Selbstests auf dem Markt sind. Ein Grund für die forcierung von Massentests bei Unternehmen dürfte die aggressivere britische Variante des Virus sein.Von ihr sind zunehmend Jüngere - und damit Arbeitnehmer betroffen. Studien ergaben, dass vor allem in geschlossen Räumen - Werkshallen und Büros - die Ansteckungsgefahr erheblich ist. Damit wuchs in der Öffentlichkeit der Druck auf Politik und Unternehmen. Bei den ARD-Anstalten werden jetzt MitarbeiterInnen, die nicht im Homeoffice arbeiten, regelmäßige Schnelltest angeboten (Radio Bremen, Hessischer Rundfunk, Norddeutscher Rundfunk, Westdeutscher Rundfunk, Saarländischer Rundfunk, Bayerischer Rundfunk, Südwestrundfunk, Mitteldeutscher Rundfunk, Deutschlandradio). (2) Auch das ZDF sowie die ProSiebenSat1-Gruppe und die RTL-Group verfahren ähnlich.    
 

Hierarchische Instanzen

 

Zur Umsetzung des Corona-Schutzes wurden in den Rundfunkanstalten umfangreiche Strukturen geschaffen. So gibt es bei Radio Bremen einen "Pandemiestab, der das Corona-Krisenmanagement organisiert". Grundsätzlich setzt man an der Weser "auf Vertrauen und die Eigenverantwortung der Mitarbeiter*innen." Ähnlich sieht man das beim Hessischen Rundfunk, dort werden Schutzmaßnahmen "dezentral über die jeweiligen Abteilungsleitungen organisiert" - dabei helfe die "AG-Pandemie" beratend. Beim NDR werden die Mitarbeiter über ein "Corona-Newsletter" im Intranet des Senders informiert. Beim Bayerischen Rundfunk sind Mitarbeiter wie Führungskräfte aufgefordert, die Schutzmaßnahmen einzuhalten. "Durchhalten (...) Mehr ist in der Regel auch nicht erforderlich (...) die Akzeptanz der Maßnahmen ist sehr hoch", ist man sich in München sicher. 
 
Die Organisation der Schutzmaßnahmen und die Hierarchie der Kontrolle ist bei allen ARD-Anstalten ähnlich aufgebaut. Beim Deutschlandradio gibt man sich forsch: "Schutzmaßnahmen werden (...) streng und erfolgreich umgesetzt." Immerhin, seit Beginn der Pandemie an den Standorten Berlin und Köln seien keine Ansteckungen am Arbeitsplatz bekannt geworden. Das ZDF teilte zur betrieblichen Organisation der Corona-Schutzmaßnahmen nur mit, die Anstalt "richtet sich (...) nach dem Beschluss von Bund und Ländern (...) und kommt der Selbstverpflichtung der Unternehmen nach." Ählich kurz ist das Statement der ProSiebenSat1 Gruppe: Schnelltests seien "ein Baustein unserer umfangreichen, bereits bestehenden Corona-Arbeitsschutzregeln." Wie die genau aussieht, wird nicht erklärt. Bei der RTL-Group in Köln war man auskunftsfreudiger. Demnach besteht im gesamten Gebäude Maskenpflicht,  Betriebsabläufe seien räumlich geteilt worden. "So vermeiden wir unnötige Durchmischung unserer Teams und unnötige gleichzeitige Anwesenheiten."

Und die Wirklichkeit?

 

Nun gibt es bekanntlich immer einen Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Beim Thema Covid 19 scheint dies davon abhängig zu sein, wie ernsthaft die Beschäftigten selber ihren Schutz nehmen. Gerade in aktuellen und sendetechnisch wichtigen Bereichen ist die Arbeit von Zeitdruck, Hektik, räumlicher Enge geprägt. Teams wechseln oft in der täglichen Besetzung - sagen Insidern. So wuden zwar schnell Hierarchien eingerichtet, "aber die nötigen FFP-Masken haben uns dann nur schleppend erreicht", kritisiert ein technischer Mitarbeiter einer ARD-Anstalt im Osten der Republik. "Das Programm muss laufen, da wird dann von den Verantwortlichen oft ein Auge zugedrückt bei Mindestabstand und Hygiene." Der Weg von den Regelungen der Corona-Krisenstäbe bis in die Redaktionen sei eben weit. So habe es etwa einige Zeit gedauert, bis bei die Schnelltests auch angekommen seien. Kritisiert wird auch eine mangelnde Kontrolle: "man setzt halt auf die Selbstverantwortung der Mitarbeiter." Die Angst vor einem positiven Test sei logisch, eventuell müssten dann ja ganze Abteilungen geschlossen, Mitarbeiter in Quarantaine geschickt werden.
 
Bei den Gewerkschaften (Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft Verdi im DGB, Deutscher Journalisten Verband) reagiert man gelassen. So teilte Hendrik Zörner vom DJV auf Nachfrage mit, man habe bisher keine Informationen über die Testpraxis vor Ort: "Wenn es dort Unzufriedenheit der Beschäftigten gäbe, wäre das auch zu mir durchgedrungen. (...) Das ist bisher nicht der Fall, weshalb ich zunächst keinen Anlass zur Kritik habe". Bei Verdi betonte ein Sprecher, die Personalräte hätten über die Vorschriften der Berufsgenossenschaft zum Arbeits- und Gesundheitsschutz gute Möglichkeiten, die Einhaltung der Vorschriften einzufordern.
 
 

(1) 22. Bericht der Kommission für die Ermittlung des Finanzbedarfs des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks (KEF) 

(2) Nur Rundfunk Berlin Brandenburg (RBB) hat auf meine Anfrage nicht geantwortet.

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