Die zweitgrößte Stadt Griechenlands, Thessaloniki, ist einen Besuch wert: Die kilometerlange Meerespromenade mit dem Weißen Turm - dem Wahrzeichen der Stadt. Im Zentrum viele Gebäude im Art-Deco-Stil und in der hochgelegenen Altstadt mit seinen byzantinischen Mauern und dörflicher Atmosphäre.
Die Hafenstadt war seit Jahrhunderten Umschlagplatz für Waren aus dem Orient und zentraler Hafen für den Balkan. Nach dem das Osmanische Reich die Balkankriege (1912/13) verloren hatte, kam Thessaloniki zu Griechenland. Bis zu diesem Zeitpunkt wohnten Menschen verschiedener Ethnien und Religionen in der zweitgrößten Stadt des Osmanischen Reiches. Nachdem Thessaloniki ein Teil Griechenlands geworden war, verließen viele Türken und Juden die Stadt. Die Katastrophe ereilte die Stadt mit dem großen Brand im Jahr 1917 - die verwinkelte Altstadt wurde komplett zerstört. Durch den in der Folge des Ersten Weltkrieges zwischen Griechenland und der Türkei (1923) vereinbarten Bevölkerungsaustausch, kamen vertriebene Griechen aus der Schwarzmeer-Region in die Stadt. Die große jüdische Gemeinde wurde während des Zweiten Weltkrieges durch die deutschen Besatzer in die Vernichtungslager deportiert und fast völlig ausgelöscht (siehe Medienfresser 29. November 2011). Heute ist Thessaloniki ein sehr griechische Stadt, nach dem Fall des "Eisernen Vorhangs" kommen allerdings immer mehr Menschen aus den Balkanländern in die Stadt.
Ein ehemaliges Hafengelände wurde vor einigen Jahren zu einem kulturellen Zentrum der Stadt. Dazu wurden die alte Hallen zu Kino- und Veranstaltungssälen umgebaut, Räume für Kunstausstellungen geschaffen und ein Restaurant mit einer wunderbaren Terrasse eröffnet - auf der man einen Blick über die ganze Uferpromenade hat. Die alten Hafengebäude - wie oben zu sehen erstrahlen seitdem im neuen Glanz.
Das Fotomuseum
Wer einen Eindruck von der einstigen Vielfalt der Stadtbevölkerung bekommen möchte, sollte das Fotomuseum im Lagerhaus A des alten Hafengeländes besuchen.* Es befindet sich im Dachgeschoss des Gebäudes, in dem auch das das Filmmuseum beheimatet ist. Das Fotomuseum ist das einzige staatliche seiner Art in ganz Griechenland und wurde 1998 eröffnet. Sein Archiv umfasst etwa 100 000 Aufnahmen aus der Zeit zwischen 1890 und 1980.
Im Dachgeschoss stehen am Treppenhaus eine große hölzerne Kamera und Teile eines alten Fotoateliers. Die ausgestellten Aufnahmen zeigen nicht nur, wie das alte Thessaloniki vor dem Brand aussah, sie präsentieren auch die Bilder der früheren Bewohner. Vom armen Handwerker und Tagelöhner bis zu Portraits gutbürgerlicher Familien, reicht das Repertoire. Beeindruckend sind die Fotos von Menschen in den verschiedenen Trachten der unterschiedlichen ethnischen- und religiösen Gruppen. Fotos vom Einzug griechischer Soldaten dokumentieren die Machtübernahme Athens während des Balkankrieges (1912).
Im Ersten Weltkrieg war Thessaloniki wichtiger Etappenort der Alliierten im Kampf gegen die mit den Deutschen verbündeten Bulgaren. Man sieht Aufnahmen der Soldaten der verschiedenen Alliierten Armeen. Ein Foto zeigt das Metallgerippe eines abgeschossenen deutschen Zeppelins, ein weiteres eine dabei erbeutete kaiserliche Reichskriegsflagge.Viele Bilder zeigen das Elend der Kriegsflüchtlinge und der durch den Brand 1917 obdachlos gewordenen Stadtbewohner.
* tgl. geöffnet außer Montag, 11-19 Uhr, 2€ Eintritt, www.thmphoto.gr
Das Filmmuseum
Das Filmmuseum ist das einzige des Landes und wurde 1997 eröffnet, damals war Thessaloniki die Kulturhauptstadt Europas. Im Jahr 2001 wurde das Museum dann in das Lagerhaus A im alte Hafengelände verlegt. Am Eingang steht ein alter Filmprojektor. Das Museum informiert über das Filmschaffen in Griechenland seit Beginn der Kinematographie - übrigens ein altes griechisches Wort (kinema - Bewegung, graphie - Aufzeichnen). **
Der Besucher wird durch die Ausstellungsräume geführt - ähnlich, wie ein Filmstreifen durch die Rollen eines Projektors läuft. Alte Plakate, Kostüme, Kulissen sowie Fotos der berühmtesten Filmschauspieler zeigen die, bei uns doch ziemlich unbekannte, griechische Filmgeschichte. Dazu werden an vielen Stellen Ausschnitte aus Filmen gezeigt - so etwa die eines alten Stummfilms, der einst für Furore sorgte. Hier traten in einem mythischen Drama die Darsteller erstmals unbekleidet auf.
In Deutschland sind griechische Filme gößtenteils unbekannt - zumindest die 1926 geborene Irene Papas dürfte bekannt sein. Sie spielte in Filmklassikern wie "Die Odysse" und "Alexis Zorbas". Bekannt wurde sie bei uns vor allem durch ihre Rolle im Film "Z" des griechischen Regisseurs Constantin-Costa Gavras. Vorlage des 1968 gedrehten Politthrillers ist die Geschichte des Mordes an dem griechischen Politiker Grigoris Lambrakis, gespielt von Yves Montand, der 1963 in Thessaloniki ermordet wurde. Seltsamerweise ist Irene Papas aber nur auf einem Deko-Bild an einer Wand zusammen mit anderen Schauspielern zu erkennen, ein Hinweis auf "Z" fehlt gänzlich.
Natürlich werden auch die Massenproduktionen und Komödien der 50er und 60er Jahre präsentiert - irgendwie erinnern sie an "Opas Kino" der Adenauer-Ära. Eine Ecke widmet sich dem wohl bekanntesten griechischen Regisseur, Theo Angelopoulos, der vor einem Jahr bei Dreharbeiten tragisch ums Leben kam. In einer ecke läuft ein Ausschnitt aus "Die Ewigkeit und ein Tag", in dem Bruno Ganz die Hauptrolle gespielt hat. Angelopoulos wurde für diesen Film 1998 in Cannes mit der Goldene Palme ausgezeichnet.
Eine nette Spielerei ist ein kleiner Vorführsaal, in dem ein 3-D-Film gezeigt wird. In ihm schildert ein Junge - der den Film symbolisiert - wie das Medium entstand - er sozusagen in das Leben kam. Das Filmmuseum hat auch einen eigenen kleinen Kinosaal mit bequemen Sesseln.
Während die Ausstellung auch englischsprachige Informationen und Untertitel bietet, gibt es leider nur einen Flyer in englischer Sprache - vielleicht entschließt man sich ja dazu, etwas mehr für ausländische Besucher anzubieten. Immerhin gibt es in Thessaloniki jedes Jahr jeweils ein Festival für Dokumentar- und Spielfilme
** tgl. geöffnet, 10-15 Uhr, 1 € , www.cinemuseum.gr - Leider ist die Site bisher nur in Griechisch und wirkt auch etwas unfertig....
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