Sonntag, 30. Juni 2013

Chios: Griechische Nazis gibt es auch auf beschaulichen Inseln


Chios, eine nette griechische Insel in der Ägäis, nur ein paar Kilometer vor der türkischen Küste bei Cesme gelegen und fünftgrößtes Eiland der Hellenen. Dort lebt man nicht nur vom Tourismus, die Tui-Bomber mit ihren All-Inclusive-Süchtigen machen einen Bogen um die Insel. Es kommen eher diejenigen, die unter Griechen Urlaub machen wollen. Eine wohlhabende Insel, wegen der vielen Seeleute und Reeder, die hier ihren Familiensitz haben. Aber auch hier ist die Welt nur auf den ersten Blick noch in Ordnung.

Bei den letzten Parlamentswahlen im Sommer 2012 bekam die Nazi-Partei "Chrysi Avgi" landesweit knapp 7% aller Stimmen, für sie votierten also fast 426 000 Griechen. Abgeordnete dieser Partei halten Hitler für einen "Visionär" und ein Mitglied  attackierte während einer Live-Sendung im Griechischen Fernsehen eine Vertreterin der Kommunisten mit Schlägen. Auf Chios schnitten die Nazis mit etwas über 5% oder knapp 1600 Wählern etwas schlechter ab, als im Durchschnitt Griechenlands. Kein Grund zur Sorge also?

Bei unserem Besuch im Juni 2013 fielen uns Nazi-Graffitis an den Mauern der Serpentinenstrecke in den Nordwesten der Insel auf. Ein Jahr zuvor hatten hier nur Spray-Parolen verfeindeter Fußballfans die Straße 'verziert'. Jetzt sahen wir immer wieder am Straßenrand an Wände gesprüht das Symbol der "Chrysi Avgi" sowie das bei Neofaschisten beliebte 'Keltenkreuz.
Keltenkreuz
Logo der Chrysi Avgi
Chrysi Avgi
Sagt das aber etwas darüber aus, wie stark die Nazi-Parolen auf Chios sind? Eines Abends sprach eine befreundete Tavernen-Wirtin über ihre Ängste vor den Anhängern der "Chrysi-Avgi". In dem bei Touristen beliebten Dorf hatten 25 Wähler für die Nazipartei gestimmt. "Ich kenne die meisten von ihnen, das waren vor allem junge Leute". Jetzt macht sie sich Sorgen um einen ihrer Mitarbeiter. Er ist - optisch leicht erkennbar - kein Grieche. "Ich achte immer darauf, dass er in der Dunkelheit nah beim hell erleuchteten Lokal bleibt."

Schritt für Schritt zerstört die wirtschaftliche Krise die demokratische Basis Griechenlands. Bereits heute meinen einige Griechen, dass es unter der Diktatur der Obristen (1967-74) den Menschen besser gegangen sei, als in der Demokratie. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen