Sonntag, 17. August 2014

"Downton Abbey" - "Parade´s End" - Daily Soap gegen TV-Ereignis



Kürzlich vermeldete ein Online-Mediendienst, das ZDF werde die dritte Staffel von "Downton Abbey" während der Weihnachtszeit nur am Nachmittag ausstrahlen. Die Serie über eine britische Adelsfamilie und ihre Bediensteten zu Beginn des 20. Jahrhunderts soll dann nur Sonnabends um 13.35 Uhr laufen. Der Grund für diese Entscheidung habe an der schwachen Zuschauerresonanz der ersten beiden Staffeln gelegen, die Abends ausgestrahlt wurden. 

Die erste Staffel von "Downton Abbey" wurde 2010 für den britischen Privatsender ITV produziert und man merkt das der Serie leider auch an. An der Ausstattung wurde nicht gespart und die Schauspieler mühen sich, ihren blassen Figuren eigene Persönlichkeit zu geben. Die Qualität der Drehbücher kommt jedoch über eine genormten Soap-Opera nicht hinaus. Jede der knapp einstündigen Folgen versucht mit kurzen Spannungsbögen, mehreren Erzählsträngen und genormter Charaktere die Zuschauer zu halten. Mit dieser Methode arbeiten alle TV-Serien und das hat aus "Downton Abbey" nicht das erhoffte Fernsehereignis gemacht. Die Drehbücher wirken, wie mit der 'heißen Nadel' gestrickt. Beispiel: Kaum ist die Braut des gelähmt von der Front heimgekehrten Helden an der spanischen Grippe gestorben, kann er bald wieder laufen. Eben noch vom Verlust am Boden zerstört, wendet er sich bald wieder seiner alten Liebe zu. Die britische Geschichte zwischen 1912 und 1920 liefert nur die Kulisse für das altbekannte Soap-Genre. Differenzierte Figuren und abgründige Persönlichkeiten sucht man vergebens - Gute sind Gut und alle irgendwie tolerant. Sogar Maggie Smith bleibt mit ihrer Rolle als verschrobene Anhängerin des alten Adels letzlich immer liebenswert. Vielleicht sind diese Mängel eine Grund dafür, dass die Serie bei den Zuschauern nicht so besonders ankam. 

Allerdings muss ich zugeben, mit "Downton Abbey" ist es wie mit Fast-Food, man wird zwar nicht gut ernährt - fühlt sich aber für kurze Zeit gesättigt. Die Serie ist kurzweilig, berührt aber nicht...


"Upstairs-Downstairs" - "Das Haus am Eaton Place"


Die Macher von "Downton Abbey" haben sich ziemlich schamlos bei einem berühmten Vorgänger bedient, der Mitte der 1970er Jahre von der BBC produzierten Serie "Upstairs-Downstairs" ("Das Haus am Eaton Place"). Das ZDF zeigte 52 der 68 Folgen über das Leben der Adeligen und ihrer Bediensteten im Londoner Nobelviertel zwischen 1903-1930. Die Ehefrau des Hauptdarstellers geht mit der 'Titanic' unter und die Frau seines Sohnes stirbt an der spanischen Grippe. Bei "Downton Abbey" geht der Erbe des Adelsstitels in der ersten Folge auch mit diesem Schiff unter und die Braut des Kriegshelden stirbt an der Grippe. Die BBC-Serie nahm sich viel Zeit für Milieusschilderung und die brillianten Dialoge bieten Einblicke in die Denkvorstellungen dieser Epoche. Der in Ritualen und Stilfragen erstarrte britischen Adel hatte sein Gegenstück in den durch ihre Etikette verkrampften Dienstboten im Keller. "Das Haus am Eaton-Place" war bester Unterricht in Sozialgeschichte, daran haben die Macher von "Downton Abbey" aber kein Interesse.


"Parade´s end" - "Der letzte Gentleman"

Vielleicht könnte man heute mit der langatmigen Erzählweise des "Eaton Place" keinen Zuschauer mehr hinter dem PC hervorlocken - wirkt schon manchmal etwas betulich und statisch. Die BBC präsentierte aber 2012 in Koproduktion mit dem US-Abokanal HBO (Home Box Office), wie man das Thema modern inszenieren kann. "Parade´s End" lief bei BBC One und wurde letztes Jahr auf ARTE gezeigt. Die sechsteilige Miniserie hat Tom Stoppard geschrieben, er war für das Drehbuch von "Shakespeare in love" verantwortlich. Benedict Cumberbatch gelingt die grandiose Verkörperung des zwischen Dünkel und Trauer über den Niedergang der britischen Oberschicht lavierenden Christopher Tietjens. Er lässt sich von einer Lebedame ein Kind anhängen, verstößt sich zwar nicht, straft sie aber durch seinen Dünkel des britischen Gentleman. Er nervt sie darüber hinaus unendlich mit seinen Marotten - Wer will schon mit einem Mann frühstücken, der dabei die 'Encyclopaedia Britannica' auf Fehler durchsucht? Die Serie ist bei aller Ernsthaftigkeit voll schräger Enfälle und Gags und erinnert manchmal an Monty Python.

Nicht nur die vielschichtigen Charaktere und die geschliffenen Dialoge überzeugen. Die bizarren Persönlichkeiten berühren durch ihre gleichzeitige Einsamkeit. Die anspruchsvolle Regie, sowie Kamera und Schnitt geben der sechsteiligen Mini-Serie Spannung und Eleganz. Und sogar das Happy-End gelingt Stoppard auf eine ganz besondere Art. Er lässt den Helden nicht etwa desillusioniert im Schützengraben den Tod suchen. Christopher kehrt geläutert zurück und weiß jetzt, wie anachronistisch die Rituale seiner Klasse sind. Symbolisch verbrennt er das Holz des Baums, der Jahrhunderte lang vor dem Familienbesitz stand, im Kamin seiner Londoner Wohnung. Er beginnt ein neues Leben mit seiner wahren Liebe. Und seine Ex-Frau? Beim Ausritt mit dem einstigen Vorgesetzen und Onkel ihres Mannes fragt sie: "Wenn ich mich von Christopher scheiden lasse - Heiraten sie mich?" Der alte Mann fällt fast vom Pferd...shocking! 

Leider gilt für alle drei Serien: Deutsche Produktionen dieser Qualität gab und gibt es bei uns nicht - weder bei ARD und ZDF und schon gar nicht bei den Kommerzsendern.

Einspruch! "Rote Erde" , "Die Unverbesserlichen", "Theodor Chindler"  "Tadellöser und Wolff", "Die Bertinis" und: "Heimat" - Aber leider alles so lange her...  

 

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