Montag, 24. Mai 2010

Radio Paradiso verliert Lizenz

Keine Frequenz mehr für ein Halleluja

Die öffentliche Überraschung und der Protest waren groß, als am 11. Mai der Medienrat der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) beschloss, die Lizenz des christlichen Senders Radio Paradiso nicht zu erneuern. Damit verliert Radio Paradiso zum 30. November 2010 seine bisher genutzten UKW-Frequenzen in Berlin, Frankfurt/Oder, Eisenhüttenstadt und Guben. „Diese Entscheidung ist mir völlig unverständlich“, reagierte Berlins Evangelischer Bischof Markus Dröge während Udo Hahn, Medienreferent der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) die Entscheidung einen medienpolitischen Fehler nannte. Mit dem Aus für Radio Paradiso seien 64 Arbeitsplätze und Investitionen der Kirchen in Millionenhöhe bedroht, warnte der EKD-Sprecher. Die EKD ist über eine Tochtergesellschaft an Radio Paradiso beteiligt, wie auch verschiedene evangelische Einrichtungen in Berlin und Brandenburg.


Dabei kam die Entscheidung der MABB gar nicht so überraschend, mehrfach war das Programm früher in Programmanalysen der Medienanstalt kritisiert worden. So wurde festgestellt, dass Radio Paradiso seinen täglichen Wortanteil zwischen 2006 und 2008 um über 60 Prozent auf 72 Minuten reduziert hatte. Aber in Kirchenkreisen vermutet man anscheinend eine grundsätzliche Ablehnung des christlichen Senders. So äußerte ein Verantwortlicher der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-Oberlausitz sein Erstaunen darüber, dass während der Anhörung zur Lizenzvergabe ein Medienrat die Frage gestellt hatte. wieso die Kirche angesichts geringer Mitgliederzahlen in Berlin und Brandenburg überhaupt ein eigenes Radioprogramm betreiben wolle.* Nach der Niederlage der Kirchen im April 2009 beim Volksentscheid für den Religionsunterricht an Berliner Schulen, sieht man in der Lizenzenzscheidung der MABB anscheinend einen neuen Affront kirchenfeindlicher Kreise. Öffentlich äußert man sich bei der Evangelischen Kirche in Berlin zurückhaltend: „Wir wollen wegen Radio Paradiso aber keinen Kulturkampf heraufbeschwören,“ versichert ein Vertreter.


Vielleicht haben die Kirchen einfach verschlafen, dass sich die Zusammensetzung des Medienrates 2009 verändert hat und dort ein neuer Wind weht. Die Vorsitzende, Jutta Limbach, soll bereits auf dem Jahresempfang der Medienanstalt davor gewarnt haben, dass die Verlängerungen von Lizenzen kein Automatismus sei. Dies war von einem Manager eines großen kommerziellen Radiosenders in Berlin zu erfahren. Nachdenklich macht, dass der Medienrat seine Zähne zeigt, wo es am ungefährlichsten war. Ob man sich gegenüber den wirtschaftlich mächtigen Veranstaltern ebenso kritisch verhalten wird, wenn dort Lizenzverlängerungen anstehen, wird sich zeigen. Der Medienstaatsvertrag Berlin/Brandenburg schreibt vor, dass die Radiolizenz einmal verlängert werden darf. Danach müssen die Frequenzen komplett neu ausgeschrieben werden. So hatten sich zehn Bewerber bei der MABB für die von Radio Paradiso genutzten UKW-Frequenzen beworben. Den Zuschlag hat der Berliner Radiounternehmer Oliver Dunk für seine Programm "Oldiestar" erhalten. Bisher ist das Programm nur in Teilen des Berliner Umlandes zu hören


Radio Paradiso, das sich auf seiner Homepage Berlins einziger „Wellnessender“ nennt, hinterlässt mit seinem Soft-Pop-Programm im Berliner Radiomarkt keine allzu große Lücke. Letzte Chance für die Veranstalter wäre eine Klage vor dem Verwaltungsgericht. Darüber will man aber erst entscheiden, wenn die Gründe für der Lizenzverweigerung durch den Medienrat Ende Juni vorliegen, ist aus Kreisen von Radio Paradiso zu erfahren.


*Laut EKD sind in der Region Berlin-Brandenburg-Oberlausitz etwa 1,2 Millionen (18%) der über 6 Millionen Einwohner in der Evangelischen Kirche. Bundesweit sind es dagegen 25 Millionen (30,2%) der über 82 Millionen Einwohner.

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