Donnerstag, 23. Mai 2013

ARD: Gläserner-Internet-Glotzer droht - Targeting längst gang und gäbe


Da soll man noch mal sagen, die gute alte Tante ARD mit ihrem "Nachtmagazin" würde die Trends im Internet verschlafen. Zumindest nach Mitternacht ist man dort voll auf der Höhe. Am 23. Mai lief dort der Filmbericht: "Der Spion im Wohnzimmer" des Hessischen Rundfunks über zwei Darmstädter Wissenschaftler. http://www.tagesschau.de/inland/tvspion100.html Sie haben entdeckt, dass die Zuschauer privater TV-Mediatheken mit einem internetfähigen Fernseher (Smart TV), über ihre Sehgewohnheiten online ausgeforscht werden. Ziel ist, dass die Sender während der Ausstrahlung ihrer Werbeblöcke unterschiedliche TV-Spots auf die Bildschirme verschiedener Zuschauer schicken können. Eine Datenschützerin aus Schleswig-Holstein ringt da vor der Kamera um Fassung und nennt das eine "Fehlentwicklung" die "hoffentlich in einer Sackgasse" enden werde.

Gute Nacht in den Norden und nach Darmstadt - dort ticken die Uhren anscheinend deutlich langsamer, als anderswo. Schon seit geraumer Zeit nutzen im Internet Privatsender wie Werbetreibende die Möglichkeiten der Online-Überwachung. Dabei wird nicht nur gespeichert, wenn Mediatheken abgerufen werden. Auch die Nutzung der zeitgleichen Internetverbreitung des aktuellen Programms - Streaming - wird überwacht. Das Zauberwort heißt "Targeting" vom englischen Begriff "Target" für Ziel abgeleitet. Sogar bei Wikipedia gibt es längst einen Eintrag zum Thema Targeting

Ziel der TV-Werbewirtschaft ist es, das Sehverhalten und die Vorlieben der Zuschauer zu analysieren. Dann werden auf den Nutzer zugeschnittene Werbebotschaften auf dessen Bildschirm gebracht. Damit verhindert man Streuverluste, also die teure und sinnlose Buchung von TV-Werbezeiten. Ein Fittness-Spot erscheint in der Werbeunterbrechung dann nicht auf dem Bildschirm eines 70-Jährigen, sie bekommen den "Granufink"-Spot eingeblendet. Durch komplexe Großrechner ist dies innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde möglich. Das geschieht nicht nur bei der TV-Nutzung, sondern beim ganz normalen surfen im Internet.

Technisch wird der Zuschauer beim Onlinen von Cookies ausgeforscht, die heimlich auf dem Rechner installiert werden. Dieses kleinen "Spionageprogramme" lädt man sich beim automatisch Anklicken vieler Internetseiten herunter. Sie analysieren das individuelle Online-Verhalten und meldet dies dem  "Auftraggeber". Benutzt der User zum Schutz einen Cookie-Blocker, kann man viele Internetseiten nur nach dem Abschalten dieser Funktion ansteuern.

Warum der HR jetzt diesen Film produziert hat, dürfte zwei Gründe haben. Erstens bewerben die Gerätehersteller seit der letzten Funkausstellung massiv Fernsehgeräte, mit denen auch im Internet gesurft werden kann. Andererseits wollte man wohl auch ein bisschen PR für die Wissenschaftler machen, denn die wollen angeblich ein Programm gegen das TV-Targeting entwickeln.

Bisher ist die Onlinenutzung von Mediatheken der Fernsehsender noch marginal. Im Jahr 2011 wies die Online-Studie von ARD und ZDF darauf hin, dass 80-90% der Internetnutzer noch nie eine TV-Mediathek angeklickt hatten www.medienfresser.blogspot.de/2011/09/online-tv-spielt-fur-fernsehprogramme.html Kommerzielle Sender haben vor allem jüngere Onliner im Visier. Von ihnen nutzen bereits 70% das Internet, um Filme und andere Bewegtbild-Angebote anzuschauen - und das sind die heiß begehrten Konsumenten.

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