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Medienfresser

Samstag, 27. Juli 2019

"They shall not grow old" Bewegende Dokumentation über den Ersten Weltkrieg


Mitte Juli 2019 kam ein besonderer Dokumentarfilm in deutsche Kinos: "They shall not grow old". (trailer link unten) Der neuseeländische Regisseur Peter Jackson (Herr der Ringe) hat darin Dokumentarfilme aus dem ersten Weltkrieg bearbeiten und kolorieren lassen und mit Interviews britscher Veteranen vertont. Aufsehen erregte die Qualität der nachbearbeiteten Filme aus den Beständen des Imperial War Museums in London. Mittels aufwändiger Technik ist es Jackson gelungen, dass die Filmausschnitt wirken, als wären sie aktuell. Fachleute für Lippenlesen sprachen die Stimmen der Soldaten in den Filmszenen nach.

Das eigentlich faszinierende an dem Film, das dem Geschehen die Nähe verleiht, sind für mich nicht so sehr die restaurierten Bilder. Jackson nutzte alte Tonaufnahmen mit britischen Veteranen aus dem Archiv des Kriegsmuseums in London. Sie geben dem Film das authentische und die emotionale Tiefe. Wahrscheinlich stammen die Interviews aus den 1960er Jahren, damals produzierte die BBC eine 26 Folgen umfassende Dokumentarserie: "The great war" Die 1964 ausgestrahlte Serie, die auch im deutschen Fernsehen lief - kann heute noch auf youtube abgerufen werden (link unten) - hier sieht man Interviews mit britischen Kriegsteilnehmern über die ersten Kriegsmonate. Letztlich dürfte die Serie Jackson ästhetisch wie dramaturgisch inspiriert haben. 

Inhaltlich schildert er die erste Begeisterung der britischen Freiwilligen, junge Männer von 16-19  Jahren, die im August 1914 die Rekrutierungsbüros der Army überrannten. Bis 1916 gab es keine Wehrpflicht in Großbritannien. Die Interviews mit den Veteranen spiegeln auch die Abenteuerlust der jungen Männer wider. Zuvor hatte die britische Berufsarmee nur Erfahrungen in Kolonialkriegen (Burenkrieg) gegen unterlegene Gegner gesammelt. Die Zerstörungskraft moderner Maschinengewehre und der Artillerie wurde bei allen Kriegsparteien sträflich unterschätzt - was zu den brutalen Verlusten in den ersten drei Kriegsmonate auf allen Seiten führte - demgegenüber waren die Opferzahlen in den späteren Materialschlachten zwar hoch, aber auf den Zeitraum bezogen geringer.   

Jacksons Film beschäftigt sich nicht mit dem zu Kriegsbeginn auf das Festland verschiffte britischen Expeditionskorps (BEF), das Mitte August 1914 an die Front in Belgien kam. Das BEF umfasste 5 Divisionen mit Berufssoldaten (4 Infanterie, 1 Kavallerie). In den blutigen Schlachten von Mons in Belgien und Le Cateau in Nordfrankreich, wurde die Truppe im August 1914 dezimiert. https://1913familienalbum.blogspot.com/2014/08/le-cateau-1914-der-krieg-kommt-zu.html Danach beteiligte sie sich am Vorstoß zur Kanalküste, um einen deutschen Umgehungsversuch abzuwehren. Ende 1914 war die BEF ausgebrannt, man konnte die Front nur durch die schnelle Herbeiführung indischer Truppen halten. Auf der anderen Seite standen dagegen mangelhaft ausgebildete und ausgerüstete deutsche Reservedivisionen, die bei den Angriffen in Flandern - Langemarck-Mythos - von den gut ausgebildeten BEF-Soldaten zusammengeschossen wurden. Über diese Vorgeschichte berichtet Jacksons Film nicht - was seinen Wert nicht mindert.

Man merkt es "They shall not grow old" an, dass Peter Jackson ein versierter Spielfilm-Regisseur ist (Herr der Ringe). Sein Dokumentarfilm startet mit schwarz-weiß Aufnahmen im kleinen Bildformat, erst später öffnet sich das Bild auf die volle Größe und wird farbig. Zu Beginn hört man aus dem Off eine gepfiffene Melodie. Erst beim Abspann - daher lohnt es sich den Film bis zum letzten Meter zu sehen - wird daraus der gesungene Text des britischen Soldatenliedes "Mademoiselles of Armentieres". (link unten) Die Dramaturgie des Films läuft auf einen großen Angriff hin und endet mit dem Waffenstillstand
Deutsches Bajonett 1. Weltkrieg
am 11. November 1918. Im Film bekommen die kolorierten Aufnahmen von Gefallenen und Verwundeten eine brutale Wirklichkeit gegenüber den alten schwarz-weiß Aufnahmen, man erkennt Blut, Dreck und Leichenteile - aber auch gefangene Deutsche, die sich von den Briten nur durch die Uniformen unterscheiden. Ein interessanter Aspekt ist die Aussage, es habe während des Krieges deutliche Abneigungen zwischen deutschen Soldaten aus Württemberg oder Bayern gegenüber denen aus Preußen gegeben. So hätten deutsche Soldaten aus dem Südwesten ihre englischen Gegner im Schützengraben vor der Ablösung durch preußische Regimenter gewarnt. 

Deutsches Kamerateam

Bekanntlich gibt es kaum dokumentarische Filmaufnahmen von Kampfhandlungen, das ließen die sperrigen Kameras nicht zu. Die Kampfszenen in Wochenschaufilmen dieser Zeit wurden nachgestellt - das weiß auch Jackson. Daher nutzt er hier Bilder, die Kriegszeichner vom Nahkampf angefertigt haben - propagandistisch voll heroischer Posen. Tief beeindruckende sind aber die Tonaufnahmen der Veteranen. Bei der Schilderung, wie er einen schwer verletzten Kameraden erschießen musste, um ihn von seinem Leid zu erlösen, beginnt der Veteran hörbar zu weinen. Die Erinnerungen lassen die Betroffenen nicht los und ihre Dämonen verfolgen sie ein Leben lang. 

Jacksons Film dürfte auf einer großen Leinwand sicherlich beeindruckend sein, aber die DVD-Version hat Vorteile. Einerseits ist eine britische Untertitelung abrufbar, was das Verständnis des Gesprochenen erleichtert. Dazu kommt das Interview mit dem Regisseur nach der Uraufführung im Londoner Kinosaal, indem er von den Arbeiten am Film und seiner Motivation erzählt. Die BBC hat den 95minütigen Film 2018 ausgestrahlt - in Kinos lief eine 3-D-Version. In Deutschland ist der Film nur wenige Tage im Juli 2019 gelaufen - ob er in das deutsche Fernsehen kommt, ist fraglich - wäre aber wünschenswert. Auf jeden Fall ist "They shall not grow old" ein fesselnder und berührender Dokumentarfilm, der auch zeigt, weshalb der 1. Weltkrieg in Großbritannien bis heute stärker im Gedächtnis ist als der 2. Weltkrieg.Zwischen 1914-1918 starben mehr Soldaten des britischen Empires als zwischen 1939-1945.


Filmtrailer Trailer auf Youtube:
https://www.youtube.com/watch?v=YPlXlshA0Zc
Song "Mademoiselles of Armentieres: 
https://www.youtube.com/watch?v=z9mCN9eeYXM
BBC Serie "the great war" 1964:  Youtube eingeben: The great war


Buchtipps: 
Frederic Manning: 1930 in England "Her privates We", Deutsch 1966 "Soldat Nr 19022" Wunderlich-Verlag
Ben Macintyre: "Ein Dorf in der Picardie" 
Timothy Findley "Der Krieg und die Kröte" Fischer Taschenbuch 1980
Pat Barker: "Niemandsland", Hanser Verlag 1997
Sebastian Faulks: "Gesang vom großen Feuer" Schöffling Verlag 1997
Joseph Boyden: "Der lange Weg" Knaus 2005
Ronald Skirth: "Soldat wider Willen" Rowohlt 
 

Eingestellt von Philippe Ressing um 13:14 Keine Kommentare:

Sonntag, 14. Juli 2019

DAB: Landtag Niedersachsen fordert einstimmig das Aus



Am 19. Juni 2019 hat der niedersächsische Landtag in Hannover einem Antrag zugestimmt, der die Landesregierung auffordert, die Finanzierung des digitalen Radiostandards DAB+ aus der Rundfunkabgabe zu beenden. Darüber hinaus solle sich die Landesregierung (SPD-CDU) gegen die Einstellung der UKW-Verbreitung aussprechen und gemeinsam mit den anderen Bundesländern ein abgestimmtes Konzept für die "digitale Radiozukunft" erarbeiten. Interessant an diesem Beschluss ist, dass alle Fraktionen des Landtages, also nicht nur die Opposition von AfD, Grünen und FDP dafür votierten, sondern auch die Regierungsfraktionen von SPD und CDU. Auslöser des Antrages war die vom Landesrechnungshof Niedersachsen im August 2018 in einem Bericht geforderte Beendigung des DAB+ Projektes. Die oppositionelle FDP hatte daraufhin einen Antrag im Landtag eingebracht, der im Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen diskutiert und dann in geänderter Form einstimmig an den Landtag weitergeleitet worden war.

Im jetzt einstimmig verabschiedeten Antrag wird darauf hingewiesen, dass seit mehr als 20 Jahren Mittel der öffentlich-rechtlichen Rundfunkgebühren in DAB+ geflossen seien: "ohne dass sich  das digital-terrestrische Radio bislang am Markt nachhaltig etablieren konnte." Dagegen würden Hörer zunehmend digitale Programme über das mobile oder stationäre Internet nutzen. "Dennoch sind durch das Festhalten an DAB+ alle Hörfunk-Anbieter gezwungen, in eine Technologie zu investieren, die nur für den Übergang dient."

Die Debatte am 19. Juni im Landtag zeigte Einigkeit der Fraktionen darin, dass DAB+ am Markt gescheitert und darüber hinaus nicht mehr zukunftsfähig sei.  Deshalb müsse man sich "von der Förderung von DAB+ über die Rundfunkbeiträge verabschieden", sagte für die FDP Stefan Birkner.* Für seine Fraktion ist DAB+ eine "teure Übergangstechnologie (...) die nicht zielführend ist." Die FDP plädiert daher für einen Aufbau "zukunftsoffener Technologien, wie z.B dem 5G Standard." 

Der SPD-Sprecher Alexander Saipa betonte: "dass hierzulande Radio von den Menschen überwiegend über UKW gehört wird." Außerdem habe sich DAB+ als nicht mehr ganz moderne Technik" bei den Verbrauchern nicht durchsetzen können. Nur 6% der Hörer würden vorwiegend über DAB Radioprogramme empfangen, 70% dagegen über UKW-Geräte."Ich finde, diese Zahlen können wir nicht ignorieren", meinte Saipa für seine Fraktion.

Der AfD-Vertreter, Christopher Emden, nutzte die Debatte, wie bei seiner Partei üblich, zum Generalangriff auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und seine Finanzierung. "Die Diskussion zeigt, wohin Rundfunkbeiträge führen können.(...) das zeigt wieder einmal, dass die Situation bei den Rundfunkbeiträgen heutzutage marktwirtschaftlich überhaupt nicht vertretbar (...) und für niemanden aufseiten der Zuhörer mehr akzeptabel sein kann." Er wandte sich gegen den "Rundfunkbeitragswahn". (zum Verhältnis AfD und öffentlich-rechtlicher Rundfunk siehe auch: https://medienfresser.blogspot.com/2017/05/afd-kulturzerstorer.html

Christian Meyer von den Grünen wies darauf hin, dass nach der Abstellung der UKW-Verbreitung in Norwegen die Radionortzung dort eingebrochen sei. Dort überlege man jetzt, zu UKW zurückzukehren. Die Gelder für DAB+ seien in Qualitätsjournalismus, Recherche und Vielfalt "deutlich besser angelegt." 

Für die CDU machte es Clemens Lammerskitten kurz, für seine Fraktion seien: "UKW und DAB+ (...) Übergangslösungen", dagegen brächten Internet und Mobilfunk mit G5-Technik ein "zukunftsträchtiges Radio."


...und was folgt aus dem Landtagsbeschluss?

 

Seltsamerweise blieb die öffentliche Resonanz auf den eintimmigen Beschluss der Landtagsfraktionen in Niedersachsen überschaubar. "Offen gestanden verstehe ich das auch nicht so ganz", sagte am 3. Juli in Hannover der für Medienfragen zuständige Chef der Staatskanzlei, Dr. Jörg Mielke auf Nachfrage. Er räumte allerdings ein: "Die unmittelbaren Folgen sind überschaubar", da letztlich die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) den Geldbedarf der Öffentlich-Rechtlichen prüfe und nicht der Landtag. "Zum Thema DAB+ wird die niedersächsische Landesregierung im Rahmen der nächsten Sitzungen von Rundfunkkommission und Minsterpräsidentekonferenz aktiv werden" kündigte Mielke weiter an - aber: "Von Niedersachsen ausgehend, wird es kein medienpolitisches Beben geben."  Die Kritik teilt Dr. Mielke: "DAB+ ist eine überholte Technik, die sich am Markt nicht durchgesetzt hat, eine Technik von Vorgestern, die mit Geldern von heute finanziert wird. Man darf aber schlechtem Geld nicht Gutes hinterherwerfen." Eine Abschaltung der UKW-Verbreitung sei nicht bürgerfreundlich, allerdings würden die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten  selbstständig über ihre technischen Investitionen entscheiden. Man werde jetzt mit dem Norddeutschen Rundfunk über die Sachlage sprechen. Vorrangig geht es der Landesregierung dabei um die anstehende Änderung des NDR-Staatsvertrages - DAB+ sei da nur ein Thema, betonte der Chef der Staatskanzlei. 

Ob die geplante Änderung des Rundfunkfinanzierungs-Staatsvertrages bis zum Jahresende unter Dach und Fach kommt, ist man sich anscheinend in Hannover nicht sicher. So ist man wohl beim geplanten Index-Modell zur Rundfunkabgabe weit gekommen, aber immer noch stellen sich die Bundesländer mit FDP-Regierungsbeteiligung noch quer. Faktisch wird es erst im Herbst, nach den Landtagswahlen in den Ost-Bundesländern, eine Entscheidung geben. Gelingt die Reform nicht bis Jahresende, dürfte das Thema Neuorganisation der Rundfunkabgabe insgesamt vom Tisch sein - angesichts dieser Probleme ist DAB+ für die Politiker nur ein Nebenschauplatz. 

....Krokodilstränen der Privaten - was will, die ARD?


Der Verband Privtater Medien VAUNET begrüßte den Beschluss des Landtages in Hannover als "richtungsweisend", so ihr Sprecher Klaus Schunk, Chef des Privatsenders Radio Regenbogen in Mannheim. Gegenüber dem Online-Dienst Meedia meinte Schunk optimistisch, der Beschluss werde über die Landesgrenzen hinaus Wirkung zeigen. Für ihn ist klar, DAB+ hat sich trotz langjähriger Werbekampagnen nicht durchgesetzt und liegt weit hinter den Möglichkeiten digitaler Verbreitung. Gegenüber dem Online-Mediendienst DWDL sagte Schunk, Radioprogramme müssten Individuell für einzelne Nutzer adressiert werden und unmittelbare Interaktivität sowie die Einbindung von Videos ermöglichen. Es geht also um die Vermarktung der Online-Radionutzung zu Werbezwecken. Mittels 'Targeting' wird jeder Onliner mit seiner individuellen Internetnutzung ausgewertet, um ihm dann speziell zugeschnittene Werbung auf der angeklickten Internetseite einzublenden. Das kann DAB+ nicht, denn die Technik verfügt über keinen Rückkanal. Die Privatradios setzen vermehrt auf die mobile Radionutzung per Smartphone und anderer Online-Empfangsgeräte, denn die Werbeindustrie sieht dort große Chancen. 

Allerdings waren die kommerziellen Radioveranstalter nicht immer so Ablehnend gegenüber DAB+ hoffte man doch so zusätzliche Programme starten zu können. Die Begrenzung der UKW-Frequenzen setzt der Entwicklung des Kommerzfunks enge Grenzen, das versprach DAB und DAB+ zu beenden. Allerdings gefiel das nicht allen Privatfunkern, denn es drohte zunehmend Konkurrenz um den Hörer- und Werbemarkt. Mit der Entwicklung des schnellen Internets bot sich die Chance auf Online-Senderfamilien - Problem nur war der mobile Empfang. Durch den schnellen Ausbau des mobilen Internets scheinen diese Grenzen für Radio per mobilem Internet behoben. Jedoch noch im Oktober 2016 hatten die Privatfunker eine jährliche Subventionierung von 25 Mio Euro für die DAB-Verbreitung gefordert. Sie konnten und wollten die Kosten für die für auf Jahre nötige gleichzeitige Verbreitung ihrer Programme über UKW und DAB+ (multicast) nicht tragen. Daher forderte der VPRT - heute VAUNET - noch im Dezember 2016 eine DAB-Förderung in Höhe der Öffentlich-Rechtlichen Ausgaben -  500 Mio Euro für zehn Jahre. Jetzt scheint davon mehr die Rede zu sein - Online und 5 G lautet das Zauberwort. Dabei wissen die Radiomacher, der Ausbau des neuen Mobilfunknetzes wird lange dauern und vor allem Privatkunden werden 5 G wohl nur erst in Ballungsräumen nutzen können. Landesweite Radioprogramme werden auch weiterhin auf UKW und/oder DAB+ angewiesen sein. Sollten die Kommerziellen Veranstalter von den Kosten für die technische Verbreitung befreit werden - etwa durch Finanzierung aus der Rundfunkabgabe - dürfte das ihre Kritik am Digitalradiostandard wohl besänftigen.

...und nun? 


Es ist zu befürchten, dass es auf absehbare Zeit keine Einstellung des gescheiterten DAB+ geben wird. Die ARD will mit dem DAB+ Standard die Verbreitungskosten senken, das Sendernetz ist mittlerweile fast flächendeckend ausgebaut. https://medienfresser.blogspot.com/2017/03/dobrindts-digitalradio-roadmap-irgendwo.html Die ARD rechnet mit einer Kostensenkung beim Umstieg von UKW auf DAB+ von 20-40% für die technische Verbreitung. Bespiel Bayern: Die 40 UKW-Sender verbrauchen 116 Kilowatt Strom - bei 60 DAB+ Sendern wären es nur 22,4 KW. Würde man jetzt DAB+ einstellen, müsste in die UKW-Technik wieder investiert werden. Dazu kommt, dass in den Ost-Ländern die UKW-Anlagen privatisiert wurden, was vor allem dem Deutschlandradio und seinen Programmen, aber auch NDR und RBB Probleme machen dürfte. Dort werden ihre UKW-Programme über die Privatanbieter verbreitet. https://medienfresser.blogspot.com/2018/06/ab-juni-2018-ukw-freie-zone-im-osten.html 
Wahrscheinlich werden die ARD-Anstalten weiterhin auf DAB+ setzen, denn die meisten ihrer Radioprogramme sind werbefrei - Tendenz zunehmend, siehe WDR-Änderung. Die Privaten setzen zwar zunehmend auf die mobile Radionutzung per Mobilfunk, ermöglicht sie doch  zielgenaue Werbung und erreicht vor allem jüngere Hörer. Gleichzeitig bleibt für Komerzielle wie die ARD aber UKW auf absehbare Zeit unersetzbar. 

Siehe auch:
https://medienfresser.blogspot.com/2018/08/rechnungshof-dab-lieber-ein-ende-mit.html 
https://medienfresser.blogspot.com/2018/05/digitalradio-dab-mit-ruckenwind-in-den.html 
https://medienfresser.blogspot.com/2016/12/digitalradio-privatsender-wollen-500.html 
https://medienfresser.blogspot.com/2016/07/digitalradio-wird-dab-vom-internet.html 
https://medienfresser.blogspot.com/2016/03/digitalradio-muder-applaus.html 
https://medienfresser.blogspot.com/2015/11/dab-wachst-sich-tot.html 
https://medienfresser.blogspot.com/2014/03/kef-macht-druck-beim-dab-digitalradio.html 
https://medienfresser.blogspot.com/2013/09/digitalradio-dab-weitere-subventionen.html 









* Zitate der Debatt, Landtagsprotokoll 51. Plenarsitzung.
Eingestellt von Philippe Ressing um 10:54 Keine Kommentare:

Mittwoch, 10. Juli 2019

Griechenland Wahlen: Alles klar?



"Schlappe für Tsipras – Konservative gewinnen Parlamentswahl" (WELT), "Deutliche Niederlage für Tsipras" (FAZ), "Linke Abgewählt" (Focus), "Konservative Wende in Athen" (taz)



So titelten bundesdeutsche Zeitungen nach dem Wahlergebnis in Griechenland: "Die Berichterstattung in den deutschen Medien zur Wahl in Griechenland war nur peinlich", meint dazu der griechisch-schwäbische Professor Athanasios Marvakis. Der in Thessaloniki lehrende Psychologe war am 8. Juli - also einen Tag nach der Wahl - in Stuttgart und stellte auf einer Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung seine Sicht der Dinge dar. 
 
Professor Athanasios Marvakis Universität Thessaloniki (rechts)
Die Niederlage Tsirpas und Syrizas sei nicht so deutlich ausgefallen, wie es alle Medien - in Griechenland und Deutschland - prophezeit hätten. Zusammengerechnet erreichten die Nea Demokratia (ND) mit der neu im Parlament vertretenen rechtsnationalistischen Elliniki Lysi knapp 44% der Wählerstimmen, die Mitte-Links-Parteien (Syriza, Sozialdemokraten, Kommunisten und Diem 25) bekamen dagegen zusammen über 48%. Nur das spezielle Wahlsystem Griechenlands, das der Mehrheitspartei zusätzlich 50 Parlamentssitze überlässt, hat der ND zur absoluten Mehrheit verholfen - nicht die Mehrheit der Wähler. Außerdem, so Marvakis, hätten Jüngere und Arbeitslose mehrheitlich für Syriza gestimmt. Mit ihren Prognosen seien die Printmedien und der Privatfunk in Griechenland dem Wunschdenken als der Realität gefolgt. Deren Hass auf Tsipras rühre vor allem daher, dass Syriza die Besitzer der Kommerziellen Rundfunksender dazu verdonnert hatten, endlich Steuern zu zahlen. Jahrzehntelang hätten die Kommerzfunker in Griechenland ohne jegliche Lizenz gesendet, das wollte Tsipras ändern.  

Chios 2018


Erleichtert äußerte sich Marvakis, dass die Nazi Partei Chrysi Avghi (GoldeneMorgenröte) den Einzug in das Parlament - wenn auch nur knapp - verfehlt hat. Derzeit gehen die Prozesse gegen die Führung der Partei wegen diverser Verbrechen dem Ende entgegen. Da die angeklagten Parlamentarier nicht mehr über die Immunität verfügen könnten und auch die Mittel vom Parlament wegfallen, bringe die Neonazis und die ihrer Abgeordneten-Immunität verloren gegangenen Angeklagten jezt in Schwierigkeiten. Das Geld für die Prozessführung versiegt. Die Nea Demokratia habe mit ihren knapp 40% Wählerstimmen Konservative und Rechte wieder auf sich vereinen können. Das werde aber sicherlich noch interne Probleme zwischen den Flügeln mit sich bringen, meint der Professor aus Thessaloniki. Auf der anderen Seite hätten auch viele Autonome und Anarchisten Syriza gewählt - als kleineres Übel. Sie fürchten unter der neuen Regierung für die Polzie und Sicherheitskräfte einen Freibrief für Angriffe. "Das Bipolare System in Griechenland hat sich erneuert, Rechte gingen zur ND, Linke haben sich aber nicht der Pasok-Nachfolgepartei zugewandt, sondern sind bei Syriza geblieben", sagt Marvakis. Dabei sei die Pasok-Nachfolgepartei letzlich froh darüber, dass die ND keinen Koalitionspartner brauche, dass hätte für die Rest-Sozialisten sicherlich zu einer Zerreisprobe geführt. 

Was bedeutet das Ergebnis für die Linke in Griechenland? Trotz Wahlpflicht - die die Hellenen ignorieren - haben nur knapp 50% der Griechen gewählt. "Andere kandidierende linke Parteien waren absolut Chancenlos und landeten im Null-Komma-Bereich und die Kommunisten kamen auf ihr übliches Ergebnis um 5%", konstatiert Marvakis. Neu im Parlament sei die Gruppe Diem 25 mit dem ehemaligen Syriza-Finanzminister Yanis Varoufakis, um den sich Linke, Liberale, aber auch Antikommunisten geschart häten. 

Warum hat Syriza verloren? Nicht zuletzt auch weil sie keine einheitliche Partei sei und Strukturen entwickelt habe, kritisiert Marvakis. "Syriza ist entstanden als Sammelsurium aus 18 verschiedenen linken Sekten". Daher habe sie sich letztlich zumTsipras-Wahlverein entwickelt. Gleichzeitig habe die Regierung durchaus etwas für die Ärmsten getan, zwei Millionen Menschen hätten eine Gesundheitsversicherung erhalten. 

Zum Thema Flüchtlinge meinte Marvakis kritisch: "Griechenland verdient daran", mittlerweile gebe es Pushbacks an der Landgrenze zur Türkei, die von paramilitärischen Gruppen durchgeführt würden. Hier zeige sich auch in Griechenland der 'Tiefe Staat', damit bezeichnet man die Verquickung staatlicher Organe mit antidemokratischen rechten Organisationen, die geheim arbeiten. Gleichzeitig habe schon die Syriza Regierungen Flüchtlinge aus der Türkei unterschiedlich behandelt, Anhänger der Gülen-Bewegung seien deutlich besser behandelt worden, als etwa verfolgte Kurden oder Linke. (Man erinnere sich, Griechische Regierungen - Konservative wie Pasok - gewährten lange dem PKK-Chef Öcalan Asyl, bis man mit der Türkei auf Entspannungskurs ging).  

Syriza ein linker `'Mini Market'?! (Chios 2017)
Für Marvakis ist klar: In Griechenland herrschen immer noch die Familienclans - Mitsotakis (ND) oder Papandreu (Pasok). Es sei Tsipras in der kurzen Regierungszeit nur nicht gelungen, ein ähnliches System herauszubilden. Dabei habe sich Syriza zunehmend dem angenähert, im Gegensatz zu ND oder Pasok habe sie aber nicht genügend Posten zu verteilen gehabt. Hat Syriza die Protestbewebungen domestiziert? Marvakis meint nein, diese hätten sich bereits vor dem EU-Kniefall Tsipras weitgehend aufgelöst. Es habe während der Regierungszeit keinen Druck von der Staße auf Tsipras gegeben. Syriza ihrerseits sei durch die Bewegungen an die Macht gekommen, habe aber keinen Kontakt zu ihnen gewollt. Trotzdem seien Freiräume entstanden, etwa für die Flüchtlings-Initiativen: "Man überlege nur, was unter einer konservativen Regierung an den Grenzen und in den Camps passiert wäre", gab Marvakis zu bedenken. 

Griechenland sei ein sehr konservatives Land, das zeige die Macht, die die orthodoxe Kirche bis heute habe. Viele Griechen hofften auf einen starken Mann, der ihre Probleme löse. Parteiprogramme seien den Wählern egal - von ND bis Syriza. Die Selbstständigen hätten in der Schuldenkrise Syriza an die Macht gebracht, jetzt hätten diese traditionell wieder rechts gewählt. Tsipras habe den Fehler gemacht, mit einer Steuerreform die kleinen Unternehmen dazu zu zwingen, im Vorab für ein Jahr ihre Unternehmensteuern entrichten zu müssen - dass habe ihn Stimmen gekostet. 

Entgegen der Beschimpfungen der Medien, habe Tsipras beim Thema Nord-Mazedonien mehr herausgeholt, als alle Regierungen zuvor. "Der Deal ist aber ein Beispiel für griechischen Nationalismus - trotzdem ist diese Lösung besser als keine", betonte Marvakis. Griechenland geriere sich gegenüber den Nachbarländern als "lokaler Nationalist", zwinge ihnen seinen Willen auf. 

Ob es einen neuen Aufschwung der außerparlamentarischen Bewegungen unter der ND-Regierung geben wird? "Das kann niemand sagen, aber dass ohne Bewegung sich nichts positiv entwickelt ist klar!"

siehe auch: https://medienfresser.blogspot.com/2016/06/griechenland-ein-jahr-nach-dem-oxi-was.html 
und: https://medienfresser.blogspot.com/2015/03/griechenland-aufklarung-statt.html 
Radio Dreyeckland Freiburg Interview: https://rdl.de/beitrag/syriza-steht-auf-t-nernen-f-en?fbclid=IwAR2hKep1NqixIm5sD-ZApHI-IRCY18UK1d86NflAN1bTBtnJP3ETvXmPlrQ 
Linke abgewählt: In Griechenland kehrt eine alte Dynastie zurück an die Macht
Linke abgewählt: In Griechenland kehrt eine alte Dynastie zurück an die Macht
Linke abgewählt: In Griechenland kehrt eine alte Dynastie zurück an die Macht

Eingestellt von Philippe Ressing um 17:31 Keine Kommentare:
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